Wir sind nicht schwul (German Edition)

letzten paar Tage vor dem eigentlichen Auftritt haben sie das Recht dazu, von acht bis elf Uhr zu Proben. Es schadet also nicht, vorher schon gut ausgemacht zu haben, was sie aufführen wollen und vor allem, wie. Ich erfahre, dass Mikage nicht an diesem Event beteiligt ist.
    Gott scheint mich gesegnet zu haben.
    Mikage hat ein Konzert, ganz für sich alleine, in irgendeinem anderen, wichtigen Gebäude.

    Im Inneren des Gebäudes sind die Säulen, die mich vor wenigen Tagen vom Flughafen abgeholt haben, mit den Aufbauarbeiten beschäftigt. Außerdem stellen sie bereits das Licht und den Sound ein. Sehr engagiert. Als wir eintreffen ist der Löwenanteil schon aufgebaut. Man begrüßt sich schnell. Das Team ist noch nicht einmal fertig, da nimmt die Band schon ihren Platz auf der Bühne ein. Ich hingegen lehne mich an die Absperrung, die praktischerweise aus einem Eisengerüst besteht, und linse zu ihnen hoch.
    Selbstverständlich trete ich nicht mit ihnen auf!
    Sie haben mit mir noch so gut wie gar nicht geprobt, weshalb das nur in die Hose gehen würde. Hier sieht alles noch sehr chaotisch aus. Bis zum Konzert ist garantiert alles da, wo es hingehört. Es sei denn, es gehört so, wie es jetzt aussieht. Überall Kabel und Instrumente, sowie Lichtspots, die scheinbar sinnlos platziert wurden. In Nischen auf der Bühne sind Nebelmaschinen versteckt. Ich frage mich, welche Bands die Nebelmaschinen in Anspruch nehmen werden.
    Wenn ich über meine Schulter schiele, sehe ich den Zuschauerraum.
    Riesig! Und man kann ganz eindeutige Absperrungen erkennen, die die Zuschauer in Gruppen und Klassen einteilt. Hier hat jeder seinen fixen Stehplatz, was Chaos vorbeugen soll. Ein Zuschauer kann der Bühne somit unmöglich näher kommen, als gewollt. Wenn ich daran denke, dass in Österreich meistens jeder dort steht, wo er einen Platz findet, dann ist das hier ja die reinste Über-Ordnung!
    Meine Jungs haben fünfundvierzig Minuten auf der Bühne, genauso wie die anderen drei Bands, die noch an diesem Abend spielen werden. Drei Stunden Musik für die Zuschauer ist schon gewaltig. Wenn man bedenkt, wer hier seinen Auftritt hat und wie lange das Spektakel dauern wird, kann man sich gut ausrechnen, was eine Eintrittskarte kostet. Obendrein, weil das hier eine Sondervorstellung ist, die nur einmal aufgeführt wird.
    Es spielen nur Bands, die sich bereits einen kleinen Namen gemacht haben, also etwa fünfundachtzig Euro pro Person.
    VIP-Tickets gibt es selbstverständlich nicht. Das Konzert ist trotzdem restlos ausverkauft.
    Keine der Bands, die bei diesem Event auftreten werden, geben normalerweise ein so langes Konzert, wenn es nicht etwas Spezielles zu feiern gibt.
    Da sie allerdings unbedingt Crash Head dabei haben wollten, wurde der Plan leicht abgeändert.

Eine Schuld zu begleichen

    C rash Head, um das kurz zu erklären, ist eine Metal/Gothic Band, deren Sänger gerne zu Perversitäten auf der Bühne neigt. – Um es milde auszudrücken.
    Es ist eine vollkommen verrückte Band, die in Österreich mit Recht zu den Skandalgruppen gezählt hätte. Sie stylen sich wie Zombies, Vampire und andere Geschöpfe der Nacht und machen keinen Hehl daraus, dass sie sich genauso frei und unbekümmert fühlen, wie ihre Musik, die absolut krass ist! Sehr skandalöse, erotische, oder an Gewalt anbändelnde Texte, kombiniert mit einem absolut überwältigenden Bühnenbild, das sie dieses Mal auf der kleinen Bühne nicht haben werden, stellen sie ein bewegendes Gesamtbild dar.
    Bewegend. – Dieses Wort kann man nur mit einem Husten zusammen aussprechen. Sie stellen schlichtweg alles dar, was man von Vampiren und Geschöpfen der Nacht erwartet.
    Gothic pur.
    Abgesehen davon, dass das die Lieblingsband von Hazel ist und der Gitarrist derjenige, von dem sie ein Autogramm haben möchte, habe ich sie noch nie ungeschminkt gesehen. Keinen blassen Dunst, ob sie hinreißend sind oder nicht. Bei ihren Auftritten sehen sie eher furchteinflößend, als schnuckelig aus.
    Eigentlich wollten die drei kleinen Bands Gadeshi einladen, aber die haben abgesagt, weil sie erst kürzlich, und das sehr schnell, zu ihrem Ruhm gekommen sind und jetzt nur noch von einem Konzert und Presseterminen zum nächsten rennen. Auch sie spielen Rock, Metal, Black Metal, noch mehr Metal, den ich nicht benennen kann, Gothic und manchmal sogar etwas Hip-Hop – von meinem Blickfeld aus gesehen, das, was am wenigsten zu ihnen passt, aber ihre Metal-Songs liebe ich! Ihr Auftreten ist nicht