Wir sind nicht schwul (German Edition)
Oder auch nicht. Ich hatte einfach damit gerechnet, dass der Taxifahrer, der mich das letzte Stück hier her gebracht hat, schon wissen wird, wohin er mich bringen muss.
Nicht, dass ihr denkt, ich wäre mit meinem ganzen Zeug hier her gekommen. Vorher habe ich in Tokyo in einem Hotel einen Zwischenstopp eingelegt, um meine Sachen abzuladen. Im Moment habe ich nur so etwas wie einen Aktenkoffer mit Schreibutensilien und meine Geige dabei. Gitarren haben sie selbst genügend, wenn sie wollen würden, dass ich etwas vorspiele,… was ich mir allerdings nicht vorstellen kann.
Man weiß ja nie.
Kommen wir wieder auf das eigentliche, momentane Problem zurück.
Die Absperrung.
Wozu braucht man Absperrungen?
Richtig! – Um Leute, die hier nichts zu suchen haben, fern zu halten. Die Absperrung besteht nicht nur aus einem einzigen Band, das um das Gelände rund herum gewickelt wurde, sondern aus vielen Bändern, die zusammen so etwas wie eine kleine Mauer bilden. Der arme Teufel, der sich das angetan hat, tut mir echt leid.
Ganz dämlich bin ich jedoch auch nicht. Die, die hinter der Absperrung sind, müssen ja irgendwie da hinein gekommen sein, also muss es so etwas wie einen Eingang geben. Ein Blick nach links verrät mir, dass kein Eingang in Sicht ist. Ein Blick nach rechts verrät mir Selbiges. Seufzend gehe ich also einfach mal nach links. Eigentlich hätte ich genauso gut nach dem Weg fragen können, wäre ich nicht zu feig dazu. Ich stör die schwer beschäftigten Leute nur ungern beim Arbeiten.
Tatsächlich finde ich schneller als gedacht so etwas wie eine Tür. Zwischen zwei Bäumen, die es hier geschafft haben, zu überleben, wurde keine Absperrung angebracht, damit Autos und dergleichen zufahren können. Dafür stehen dort zwei schwer beschäftige junge Männer, die sich angeregt miteinander unterhalten. Mich räuspernd stelle ich mich zu ihnen. „Verzeihung?“
Sie verstummen augenblicklich und sehen mich argwöhnisch an. „Können wir Ihnen irgendwie helfen?“, fragt mich schließlich einer, um seine Pflicht zu erfüllen.
Schnell nicke ich und antworte: “Ja, ich denke schon. Ich bin auf Wunsch von Frau Oboyashi hier. Oboyashi Misaki.“ Schön zu sehen, dass beide nicken und ein erfreutes Gesicht aufsetzen. Ich hatte schon Angst, dass hier niemand weiß, dass ich erwartet werde. Die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten möchte ich mir nicht einmal vorstellen.
„Dann sind Sie also Finn-san. Alles klar, ich bringe Sie zu ihr. Immer mir nach.“ Einer der beiden winkt mich zu sich heran und führt mich über das Gelände, bis hin zum Gebäude. „Ich hatte ja mit etwas anderem gerechnet. Dass Sie so passend sind, hätte ich niemals erwartet.“ Passend wofür? Ich lächle und nicke einfach nur. Vor dem Gebäude bleiben wir stehen. Er deutet mit einer Hand hinein. „Immer weiter rein. Wie Sie sehen können, können Sie sie schwer übersehen. Oboyashi ist sicherlich hier irgendwo in der Nähe. Wir sehen uns garantiert später noch, denke ich. Bis auf Weiteres wünsche ich Ihnen noch viel Glück.“ Er klopft mir auf die Schulter und wartet nicht einmal auf eine Antwort. Breit grinsend geht er auf seinen Posten zurück. Und das alles, ohne eine einzige Verbeugung. Ob er wirklich Japaner ist?
„Hm.“ Er hat schon Recht. Ich kann die Jungs sehen.
Um sie herum sind Schienen aufgebaut, auf denen Kameras von A nach B gefahren werden können. Wie es aussieht drehen sie gerade ein Musik-Video. Eine Menge Leute arbeiten hier. Sie bedienen und steuern Lichter, Wind- und Nebelmaschinen.
Scheiße!
Scheiße, Scheiße, Scheiße bin ich aufgeregt!
„Entschuldigung? Hey! Hörst du mich nicht?“
Vom vielen Starren ist mir gar nicht aufgefallen, dass da ein Mann mit seinen Händen vor meiner Nase wedelt. Verlegen kratze ich mich mit der Hand am Hinterkopf und verneige mich hastig.
„Verzeihung, ich war wohl gerade etwas abwesend. Ich suche Oboyashi. Können Sie mir eventuell helfen?“ Nicht dass er auf die Idee kommt, mich hinaus zu werfen.
„Oboyashi? Ja. Siehst du das Stylistenteam dort? Sie ist die Frau, die den Kuchen isst. Erwartet sie dich?“
Ich nicke leicht. „Ja, und danke für die Auskunft.“ Ich verneige mich vor dem kleinen, leicht übergewichtigen Mann, weil er so wirkt, als hätte ich ihn gestresst, oder ihm unnötige Probleme bereitet, und marschiere dann geradewegs zu diesem Stylistenteam. Ich versuche mich ausschließlich auf sie zu konzentrieren. Der Sound des Schlagzeugs
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