Wir sind nicht schwul (German Edition)
Arbeite weiterhin hart, Finn, ja? Wir wollen schon bald mehr von dir und Gadeshi hören.“ Kurenais Worte hätte auch mir fast die Tränen raus gedrückt. Ein paar Grüße und Huptöne meines Taxis später sitze ich im Auto, auf den Weg nach Tokyo.
Das Taxi bringt mich nur bis zum Bahnhof von Yokohama. Von dort aus fahre ich weiter mit dem Shinkansen nach Tokyo, nachdem ich mich auf dem großen Bahnhof, der für mich alles andere als übersichtlich ist, zurechtgefunden habe. Es wird wohl recht spät sein, wenn ich in Tokyo ankomme, trotzdem noch früh genug, um auf keinen Fall zu spät zu meinem Meeting zu kommen, sofern ich bald in Tokyo ein Taxi finde. Oder sollte ich dort lieber die U-Bahn nehmen? So sehr ich auch versuche, mich mit solchen Gedanken abzulenken, spätestens im Zug werden meine Augen wässrig. Was, wenn ich so schnell nicht mehr die Gelegenheit habe, meine Jungs zu sehen? Und was, wenn Gadeshi mich abweist? – Dann würde ich auf der Straße stehen, nicht wissend, wohin mit mir.
Vor allem aber, mache ich mir Gedanken um Mikage. Er sah so schrecklich aus, als er uns im Restaurant besucht hatte und seither hat er sich nicht wieder bei mir gemeldet.
Obwohl, ich mich ja auch nicht bei ihm.
Wenn das mit Gadeshi geregelt ist, werde ich mich bei ihm melden. Zumindest werde ich es versuchen, um mich klar auszudrücken. Wahrscheinlich geht er eh nicht ran.
Übrigens hat mir Puka noch die Nummern von allen anderen, die bei unserem gemeinsamen Konzert beteiligt waren, gegeben. Zusammen mit der Auskunft, dass auch sie meine Nummer hätten.
Typisch Puka.
Zusammengefasst ist es schön, zu wissen, dass auch er nur ein ganz normaler Junge ist. So kindlich und niedlich er auch aussehen mag. Aussehen ist eben doch nicht alles und sagt auch nicht unbedingt etwas über den Charakter aus.
Ganz im Gegenteil. Zumindest bei Puka.
Er erzählte mir, dass er sich nur so kleidet, um die Fans zufrieden zu stellen. Würde er sich dunkler anziehen, die Haare anders stylen, sich anders schminken, so geben, wie er sich innerlich wirklich fühlt, würde er wahrscheinlich Fans verlieren und das kann sich GierO im Moment noch nicht leisten. Nicht im Moment.
Puka, so hat er mir erzählt, sagt der Gothic-Stil viel mehr zu, was ich mir überhaupt gar nicht vorstellen kann.
In zwei Wochen kann man unmöglich herausfinden, wie sein Gegenüber wirklich ist. Dafür braucht es schon viel länger.
Dafür braucht es ein Leben lang.
Ich wünschte, ich hätte die Zeit, meine vier Jungs ein Leben lang um mich zu scharen, um noch mehr Eigenheiten von ihnen kennen zu lernen, um noch mehr die Bestätigung zu bekommen, dass auch sie genau wie alle anderen sind. Jungs, die einfach nur ihren Traum leben.
Es macht mich stolz, dass ich mit ihnen zusammenleben durfte, dass ich von ihnen lernen- und Erfahrungen mit ihnen sammeln und teilen konnte.
Diese Zeit werde ich auf gar keinen Fall vergessen!
Sie hat mich sehr geprägt.
Doch mehr wird mich das prägen, was mir erst noch bevor steht.
Wenn ich heute schon gewusste hätte, welche Freude, welches Leid, die harte Arbeit, die vielen Tränen, der Kummer, der Schmerz und auch die schönen, hinreißenden, bewegenden Stunden … wenn ich heute schon gewusst hätte, was mich erwarten wird, wäre ich … ja, ich denke, ich hätte GierO niemals verlassen, in der Hoffnung, dass das alles nicht passieren wird, was mir noch bevor steht.
Ich hätte GierO nicht verlassen dürfen und wenn, dann hätte ich mich Mikage anschließen müssen.
Meine Entscheidung wird mich noch vieles kosten.
Manchmal hasse ich das Leben.
Mein Leben ganz besonders.
Zweiter Teil
In der Mitte schlummert die Zwietracht
Neuer Vorgesetzter
Gadeshi
U nd da stehe ich nun.
Nicht etwa vor einem prunkvollen Gebäude, einem schönen Garten oder einem tollen, pompösen Gelände, wie ich es mir erwartet hatte, sondern vor einer Absperrung. Und ich kann euch sagen, das rot-weiße Absperband ist noch bei weitem das Schönste an dem Ganzen hier.
Ich bezweifle, dass das hier ihr tatsächliches Studio ist.
Die … nun, nennen wir es liebevoll eine alte, zerfallene Lagerhalle dahinter hat sicher schon einmal bessere Zeiten gesehen. Würden hier nicht kreuz und quer Personen über das Gelände laufen, Kameras und Lichter stehen, sonstige Utensilien quer verstreut liegen, würde ich nicht einmal im Traum daran denken, diesen Ort zu betreten.
Dennoch bin ich ohne Zweifel dort gelandet, wo ich landen sollte. Irgendwo in Tokyo.
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