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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Rauch seiner Zigarette nach, der sich blau bis zur Decke des Zimmers kräuselte. Wie ein Rauchopfer sieht das aus, dachte er.
    »Ich möchte Sie für dieses ›Ja‹ küssen, Angela«, sagte er leise.
    »Tun Sie es nicht! Es würde alles verderben. Ich sage Ihnen das alles nicht, um einen Kuß zu bekommen. Was ich will, das ist, Ihnen das Leben für das Leben zu erhalten.« Sie sah ihn von der Seite an und trank einen kleinen Schluck von dem Tee. »Haben Sie denn noch nie eine Frau geliebt, um derentwillen es sich lohnte, etwas Großes aufzugeben?«
    »Nein. Ich habe mein Leben immer allein gelebt und war also auch nur mir selbst Rechenschaft schuldig.«
    »Und damit waren Sie immer zufrieden?«
    »Immer! Weil ich selbstbezogen dachte und handelte. Vielleicht hätte ich durch die Liebe einer Frau gelernt, anders zu denken.«
    Dr. Bender setzte die Tasse ab und nahm einen Keks. Das Knabbern ihrer Zähne an dem harten Gebäck klang wie ein leiser Trommelwirbel zu der Radiomusik.
    »Fällt es Ihnen nicht auf, daß wir von der Liebe sprechen können, ohne an uns selbst zu denken? Und das in einer Sommernacht um halb eins? Es ist doch, als sei der Begriff Liebe für uns etwas Wesenloses.«
    Peter Perthes nickte ihr zu. Dann schob er die Zeitungen beiseite und trank seinen Tee. »Das kommt, weil wir sie rein theoretisch behandeln! Weil Sie und ich Laien sind in diesem Spiel der Herzen! Sie können es ruhig verneinen, aber ich glaube Ihnen kein Liebeserlebnis. Nein, ich glaube es Ihnen nicht!«
    Plötzlich stand er auf, so brüsk, daß Angela erschrak, und trat vor sie hin. Seine hohe Gestalt verdeckte die Tischlampe. Der Raum schien dunkel zu sein.
    »Wollen wir tanzen?« fragte Peter.
    Sie nickte und stand auf. Als sie in seinen Armen lag, war sie klein und zerbrechlich. Zierlich wie eine Puppe, die man nach der Musik hin und her wiegt, schien sie zu schweben; sie berührte den Boden kaum. Die Augen waren geschlossen, ihre langen gebogenen Wimpern waren wie schwarze Striche auf einem weißen Blatt.
    »Eine Tasse Tee, dann ein Tanz, dann ein Kuß – und am Morgen ein nüchternes Erwachen … Ist das Programm so richtig?« fragte sie. Sie zog ihre Lippen bei diesen Worten kraus, sie sollten Spott ausdrücken – aber in Wahrheit zitterten sie.
    Er ließ sie mitten im Tanz stehen und drehte schroff das Radio ab. Die plötzliche Stille tat weh. Erschrocken sah Angela Peter Perthes an.
    »Ich soll nicht mit Ihnen tanzen –«, sagte er bitter, »Sie wollen nicht geküßt werden … Mein Gott, wie soll ich Ihnen dann sagen, daß ich Sie liebe …?«
    »Liebe?« Sie sah in groß an, dann lehnte sie wie erschöpft den Kopf an seine Schulter und legte den Arm um seinen Hals. »Wie können wir von Liebe sprechen und wissen doch beide nicht, was sie ist …«
    Da küßte er sie. Und sie nahm den Kuß entgegen wie ein Geschenk, nach dem sie sich jahrelang gesehnt hatte. In der Traurigkeit, einen Menschen zu lieben, der ihr wieder entgleiten würde, war sie dennoch glücklich …

IV
    Am übernächsten Tag, an dem Angela Bender morgens in ihrer Praxis, nachmittags in der Lindenburg zu tun hatte, besprach Dr. Perthes mit Wolf von Barthey die näheren Dinge der geplanten Expedition. Sie saßen in dem großen, mit schweren Renaissancemöbeln ausgestatteten Herrenzimmer, dem sich ein herrlicher, gläserner Wintergarten mit einem Blick auf den weiten Park anschloß. Hier saß man wie in einem riesigen Gewächshaus, der Garten schien bis an den Schreibtisch zu wachsen und zu blühen.
    Wolf von Barthey blätterte in einem Stapel Papiere. »Ich habe schon heute morgen mit meinen Direktoren gesprochen«, sagte er. »Ich bin erfreut, Herr Dr. Perthes, Ihnen mitteilen zu können, daß meine Bank Ihnen ausreichende Mittel für die Forschung zur Verfügung stellen wird. Nur –«, er blickte hoch, und plötzlich hatten seine Augen einen Ausdruck, der ahnen ließ, wie eisern dieser Bankier in geschäftlichen Verhandlungen sein konnte, wie bedacht auf seinen Vorteil, »hätten wir eine kleine Einschränkung in dem – sagen wir – Vertrag, den meine Bank und ich mit Ihnen abschließen wollen.«
    »Und das wäre?« Peter Perthes beugte sich vor. Einschränkung? dachte er. Was mag das sein? Was mochte dieser Bankdirektor ihm auferlegen? Ihm, der ja von Finanzierungsdingen keine Ahnung hatte?
    »Zunächst eine Frage, Herr Doktor: Sind Sie frei?«
    »Wie meinen Sie das, Herr von Barthey?« Er mußte sofort an Angela Bender denken, und eine

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