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Wir sind nur Menschen

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Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verhandlungen geführt, saßen Professor Window und Chefarzt Dr. Sacher bei Dr. Perthes und stellten gemeinsam eine wissenschaftliche Ausrüstung für die Expedition zusammen.
    In Hamburg, im Tropeninstitut, wo man sich noch sehr gut an Dr. Perthes erinnerte, wurden die feinen Apparate bestellt, ein Ausrüstungshaus stellte eine Liste der notwendigen Geräte auf und lieferte alles, vom einfachen Klappzelt bis zum schlangenbißsicheren Schnürschuh. Von den Arzneifabriken wurden Proben aller bisher in den Handel gebrachten oder noch in der Fertigung befindlichen Medikamente gegen alle tropischen Gifte angefordert; und so wuchs von Tag zu Tag, ohne Wissen Dr. Benders, der Plan der Expedition mehr in die Wirklichkeit hinein.
    Eines Tages forderte man das Gutachten eines Forschers an, der vor drei Wochen nach Bogota, der Hauptstadt Kolumbiens, zurückgekehrt war. Er hatte in den Gebieten an der brasilianisch-venezuelischen Grenze Jagd auf botanische Seltenheiten gemacht. Seine Auskunft, in einer dicken Luftpostsendung enthalten, war niederschmetternd.
    In den Gebieten der Orinokoquellen, des Rio Negro, in den unerforschten Urwäldern von Tariano, Tucano, Yapua, Macu, in der Mesa de Yambi und in dem Gebiet von Desana sollten Stämme leben, die, trotz der riesigen Entfernung, miteinander in Verbindung standen und unter Führung der Taràpas, eines völlig wilden, im Urzustand der Menschheit lebenden Indianerstammes und Kopfjägervolkes, ein strenges Regiment aufgezogen hatten. Sie würden jeden Versuch von Weißen, diese Urwälder zu durchdringen, unmöglich machen, und ihren gefährlichen Giftpfeilen hätten selbst die Abenteurer, die als Orchideenjäger oder Schatzsucher alles auf eine Karte zu setzen gewöhnt waren, auf die Dauer nicht widerstehen können.
    Der Häuptling der Taràpas, ein gewisser Sapolàna, ein riesenhafter Mensch, den bisher noch kein Weißer zu Gesicht bekommen hatte, dessen Macht aber in den Dörfern und Siedlungen rund um dieses Gebiet gefürchtet wurde, hatte einen furchtbaren Haß auf alle Fremden. Dieses Haßgefühl entstamme, so erzählte man sich, der Zeit da es einem spanischen Abenteurer gelungen war, bis zu seiner mitten im unzugänglichsten Urwald gelegenen Siedlung vorzudringen. Dort habe, durch Handel mit bunten Glasperlen, dieser Spanier erhebliche Unruhe unter das Volk Sapolànas gebracht.
    Damals seien Kriegstruppen der Taràpas sogar bis nach Caparro am Rio Ipanunari vorgedrungen, bis zu einer Siedlung, deren Bewohner friedlich Ebenholz und Orchideensamen sammelten und an die nächste Stadt weitergaben. Die Toten, die man fand, seien alle durch Giftpfeile getötet worden – sie lagen in einer seltsam verkrampften Haltung auf dem Boden, mit roten Augäpfeln und gelbem Schaum vor dem Mund. Eine Sektion im Regierungskrankenhaus ergab die Vergiftung durch ein vollkommen unbekanntes Gift, das neben Starrkrampf und Lähmung der Brustmuskeln auch eine geradezu unheimliche Strukturveränderung des Blutes herbeiführte.
    »Toll!« sagte Professor Window und schob den Bericht weg. »Und in diese ungemütliche Gegend willst du ziehen?« Er sah Dr. Perthes zweifelnd an. »Laß die Finger davon, mein Knabe! Verzichte auf den Mammon und bleib bei uns. Hier kannst du sieden und kochen, spalten und abzapfen, laborieren nach Herzenslust – und kein Taràpas brennt dir einen Pfeil auf den Pelz! Die Menschheit dankt es dir doch nicht, wenn du irgendwo am Rio Chamusiqueni unter einer Orchidee liegst oder als Schrumpfkopf am Gürtel des netten Häuptlings Sapolàna eine zweifelhafte Unsterblichkeit erhältst!«
    »Aber einer muß es doch wagen!« rief Dr. Perthes, und in seiner Stimme war eine Entschlossenheit, die man mit Worten nicht mehr entkräften konnte. »Einer muß doch den Mut haben, diese Gifte zu entdecken und ihnen entgegenzuwirken!«
    »Aber dieser eine mußt nicht gerade du sein!« Auch Dr. Paul Sacher schüttelte den Kopf. »Siehst du denn nicht, Peter, daß diese Fahrt zu den Taràpas dein sicherer Tod ist? Oder glaubst du, dieser kolumbianische Forscher übertreibt in seinem Bericht! Er war dort, er hat die Erfahrung – alles, was dir noch fehlt! Ich würde bestimmt nicht fahren.«
    »Du nicht, das glaube ich!« Peter Perthes ging erregt im Zimmer des Klinikchefs auf und ab. »Ihr seid Ärzte, gute Ärzte sogar, bestimmt. Aber ihr wagt nichts! Ihr habt eure Schulmedizin, eure klinische Erfahrung, und wenn ihr dreihundertsiebzigmal den Bauch aufgeschnitten habt, dann klappt es auch

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