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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fahrenden Wagen. Die hohen Bäume, Ulmen, Eichen und Buchen, warfen lange Schatten über das Wasser, in dem sich der Mondschein wie Silber spiegelte.
    Peter Perthes hielt an, stieg aus dem Wagen und reichte Angela stumm die Hand.
    »Ich muß heute noch einmal ein wenig romantisch werden«, meinte er dann, und es kam einer Entschuldigung gleich. »Es ist zuviel, was auf mich einstürmt und worüber ich mir jetzt klarwerden muß. Das Geld, das völlig neue Leben, das dann für mich beginnen würde … Pläne und Forschungen … Träume, die endlich Wirklichkeit werden können, der Sieg über die Gifte, von dem ich jahrelang träumte … alles, alles ist vorläufig noch wie ein Druck auf meinem Herzen.«
    Er ergriff ihre Hand und zog sie zu einem der Tische, kippte ihn in die richtige Lage und zog zwei Stühle heran. »Setzen wir uns«, sagte er. »Ich bin so froh, daß Sie gerade jetzt bei mir sind. Das klingt vielleicht dumm, kindisch, pathetisch, so ganz nach Schmalzroman – aber das Leben ist manchmal so, wie man es nicht sehen möchte.« Er ließ ihre Hand los und setzte sich. »Da hat man sein Leben lang geschuftet für ein Ziel – und plötzlich ist es durch einen dummen Zufall erfüllbar! Man hat doch eigentlich in dem Bewußtsein geschuftet, das Ziel nie zu erreichen, weil es zu hoch war. Aber gerade weil es so unerreichbar schien, hatte man einen Ansporn. Jetzt, wo es greifbar nahe gerückt ist, habe ich ein wenig Angst davor.«
    »Angst vor dem eignen Mut?« Angela Bender schüttelte den Kopf. »Sie sollten besser Angst um Ihr Leben haben!«
    »Das Leben eines Menschen kann nur einem Zweck dienen!« Peter Perthes holte sein Zigarettenetui hervor und bot Angela an. Als die Zigaretten brannten, sprach er weiter. »Wir alle haben doch von Gott mit unserer Geburt eine Aufgabe gestellt bekommen. Der eine eine kleine, der andere eine größere. Wir kennen sie nicht, diese Aufgabe, nur, wenn wir am Ende des Lebens auf unsere vergangenen Jahre zurückblicken, können wir den Weg ahnen. Den Weg, der trotz aller Windungen und Kurven doch zu einem Ziel führte, das wir vorher nie erkannten.« Er blickte Angela groß an. »Sie haben Angst vor dem Tod …«
    »Ja!« Sie schüttelte ihre Locken. »Ich begegne ihm täglich in der Klinik in vielerlei Gestalt. Es ist grauenhaft!«
    »Aber unaufhaltsam! Unser Leben währt nur eine Sekunde im Vergleich zur Ewigkeit nach dem Tod. Und wir haben deshalb die Verpflichtung, diese Sekunde zu nutzen, sie aufzuteilen in die kleinen täglichen Pflichten, aus denen wir allmählich das Mosaik zimmern, nach dem uns Gott einst bewerten wird.« Er blickte auf seine Armbanduhr und zeigte sie dann seiner Begleiterin. »Sehen Sie, wie der Sekundenzeiger springt? Er springt der Ewigkeit entgegen! Sehen Sie auch, wie der Minutenzeiger schleicht? So schleicht die Zeit dahin, ohne daß wir es merken, und wenn wir sie verfolgen wollen, sind wir alt und verbraucht.«
    Peter Perthes stand auf und trat an das Eisengitter, mit dem das Ufer des Weihers umrandet war. »Ein Frosch in diesem Teich«, fuhr er versonnen fort, »weiß nicht, daß es außerhalb seines Lebensbereiches, dieses Wassers, eine Stadt Köln gibt. Und Amerika und Indien kennt er gar nicht. Sind wir nicht auch Frösche? Wissen wir, was außerhalb unserer Denksphäre liegt? Sehen Sie, liebe Kollegin, so ist es in meinen Augen des Menschen sittliche Verpflichtung, sein Leben einzuzahlen auf der großen Bank der Schicksale. Wenn man so weit gekommen ist, hat man auch keine Angst vor dem Tod mehr …«
    Angela Bender trat neben ihn und griff nach seinem Jackenärmel. »Kommen Sie«, sagte sie leise, »bringen Sie mich bitte nach Hause. Ich friere …«
    Er führte sie zum Wagen zurück, zog seine Smokingjacke aus und hängte sie ihr um und fuhr langsam aus dem dunklen Stadtwald hinaus auf die helle Straße. Sie fuhren über den erleuchteten Asphalt und hielten – er immer noch hemdsärmelig – vor dem Haus mit dem blanken Emailleschild.
    »Da sind wir«, sagte er.
    Angela Bender erschrak. Sie war mit ihren Gedanken weit weg gewesen, irgendwo im südamerikanischen Urwald, wo ein bärtiger Mann mit Fieberaugen durch einen Sumpf watete und unter einem Baum niedersank, um zu sterben. Seine Stimme riß sie aus diesem Bild zurück in die Wirklichkeit dieser Sommernacht, und sie sah den Mann neben sich sitzen, blond, lächelnd, voller Leben.
    Sie stieg aus, trat auf den Gehsteig und hielt die Tür in der Hand. »Kommen Sie noch zu mir

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