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Wir sind nur Menschen

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Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von dort gemeldet worden sei, daß die Expedition des Dr. Perthes aus Köln in das Quellgebiet des Cuno Nacuri seit vier Wochen überfällig wäre. Mit Dr. Perthes würden vermißt: Dr. Fernando Cartogeno aus Bogota, ein indianischer Dolmetscher und fünf eingeborene Lastenträger mit insgesamt drei Booten.
    Da Dr. Perthes das Bezirksamt im Falle eines Unglücks gebeten habe, dieser Adresse in Köln Nachricht zu geben, frage das Amt jetzt an, was mit den zurückgebliebenen Kisten und Geräten unternommen werden solle. Dann folgte noch eine Schilderung des Anfangs der Expedition, aus der zu entnehmen war, daß Dr. Perthes und seine Männer drei Wochen lang in San Juan geblieben waren, nachdem vorher ein Träger durch einen Giftpfeil aus dem Hinterhalt getötet worden war. Wie die Bewohner von San Juan aussagten, habe viele Wochen hindurch des Abends ein Konzert von Baumtrommeln stattgefunden, das unter den kultivierteren Indianern eine Art Panik auslöste. Es sei jedoch nicht zu erfahren gewesen, was dieses Trommeln, das weit im Umkreis aus dem Urwald zu hören war, bedeutete. Die Indios schwiegen verstockt, sie schienen Angst zu haben. Nach drei Wochen sei dann die Expedition Dr. Perthes' trotz zahlreicher Warnungen aufgebrochen und den Rio Guaviare hinabgefahren bis Sitio, wo die Boote alsdann in den Rio Inirida einbogen. Bei Cardonocoa habe man zum letztenmal gesehen, wie die drei Boote in schneller Fahrt gegen den Strom gerudert wurden, mitten im Fluß, an der Spitze Dr. Perthes in seinem weißen Tropenanzug. Von da an fehle jede Spur. Eine Suchaktion von Sitio aus den Rio Inirida hinauf sei ohne Erfolg verlaufen und abgebrochen worden.
    Dr. Paul Sacher stand von seinem Stuhl auf und lief wortlos im Zimmer hin und her. Seine Hände auf dem Rücken waren ineinander verkrampft.
    Professor Window nickte schwer und lehnte sich zurück. »Ich habe ihn oft genug gewarnt, Paul. Er wollte nicht auf uns hören. Angela Bender hat ihn angefleht, aber er setzte sich über sie und seine Liebe hinweg. Wie eine Verblendung war es doch über ihn gekommen, wie ein Rausch, ein Wahn! Jetzt ist das eingetroffen, was wir immer befürchteten: Der Urwald hat ihn behalten.«
    »Du denkst immer das Schlimmste.« Dr. Sacher wollte es noch nicht wahrhaben, was er selbst fürchtete. »Er kann einen anderen Weg genommen haben. Wenn du dir die Karte ansiehst: Es gibt vom Rio Inirida siebenundzwanzig größere Nebenflüsse und drei Seen! Es ist wie ein Netz, das den Urwald durchzieht. Vielleicht hat es sich Peter anders überlegt, er ist weitergefahren, oder er durchforscht einen anderen Seitenarm des Flusses!«
    Professor Window winkte müde ab. »Du kennst doch unseren Peter! Er hat seinen Plan, und den führt er durch mit einer Hartnäckigkeit, die an Sturheit grenzt. Wenn er angegeben hat: Cuno Nacuri, dann ist er auch dorthin gefahren. Findet man ihn dort nicht, dann ist etwas geschehen! Und das ist hier der Fall!«
    Er erhob sich gleichfalls und steckte den Brief in den Umschlag zurück. »Das einzige, was wir im Augenblick tun können, ist, mit Herrn von Barthey Verbindung aufzunehmen, denn ihm gehören schließlich die Ausrüstungsgegenstände. Dann müßten wir die kolumbianische Regierung ersuchen, die Expedition durch das Militär suchen zu lassen.«
    »Ich werde selbst hinüberfliegen«, verkündete Dr. Sacher laut.
    »Verrückt!« Professor Window winkte ab. »Was Peter nicht gelang, ist für dich undurchführbar! Man müßte Peter in einem Waldgebiet suchen, das größer ist als das gesamte Nordrhein-Westfalen! Wälder, die nie eines Menschen Fuß betreten hat!«
    Er wischte sich resignierend über die Augen. »So weh mir das tut – ich habe keine Hoffnungen mehr.«
    Paul Sacher rannte wie ein gefangenes Tier im Zimmer herum und rauchte in hastigen Zügen. »Da sitzen wir, Tausende von Kilometern weit weg, und drüben, in der Hölle der Tropen, verreckt unser bester Freund.« Er hieb auf den Tisch. »Professor, das ist doch eine glatte Schweinerei!«
    »Er hat das Schicksal herausgefordert, Paul. Er wußte, was ihn erwartete …«
    »Er wollte der Menschheit helfen, das ist alles. Er opferte sich.« Dr. Sacher lehnte sich gegen das Fenster und wurde ruhiger. »Ich schäme mich, daß ich hier im weichen Sessel sitzen kann, zweimal am Tag Visite mache mit einem Rattenschwanz von Assistenten und Schwestern, während Peter irgendwo in den Urwaldsümpfen liegt und elendiglich an Pfeilgift zugrunde geht. Er ist ein Held – wir sind

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