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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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armselige Handwerker unseres Berufes – ohne Mut!«
    Der Professor schwieg. Er teilte die Meinung Dr. Sachers nicht, aber er fühlte wie er, daß ihn die Erschütterung über den Inhalt dieses Briefes sichtlich ergriff. Er dachte auch an Angela Bender, die in den bayerischen Bergen ihrer schweren Stunde entgegensah und vielleicht in tiefster Seele noch insgeheim hoffte, daß Peter zu ihr und seinem Kind zurückkehrte …
    »Ich werde zu Herrn von Barthey gehen«, sagte er leise. »Schick ein Kabel nach Bogota, man soll versuchen, ein Suchflugzeug von Zapuare aus loszuschicken, falls man das noch nicht getan hat.« Er stockte. »Willst du Angela benachrichtigen?«
    Paul Sacher schüttelte schwach den Kopf. »Nein, sie darf es jetzt noch nicht erfahren. Es könnte ihr sehr schaden. Wenn alles vorbei ist … nächstes Jahr … dann will ich es ihr sagen.« Er ging vom Fenster weg und ballte die Fäuste. »Ist es nicht eine Schande, wie schnell man einen Menschen auslöschen kann?« fragte er bitter. »Da ist doch ein Fehler in der göttlichen Vorsehung, nicht?«
    Am nächsten Tag gingen viele Telegramme und Telefonate zwischen Bogota und Köln hin und her. Wolf von Barthey, den die Hiobsbotschaft beinahe aus der Fassung brachte, telegrafierte mit der halben Welt, um Kräfte, die Peter Perthes noch helfen könnten, zu mobilisieren.
    Er erreichte, daß von der kolumbianischen Regierung aus Truppen in Motorbooten die Flüsse und Seen absuchten, drei Hubschrauber flogen, dicht über den Baumwipfeln schwebend, die riesigen Urwaldgebiete nach Rauchzeichen oder Bootstrümmern ab, von Zapuare und Pajarito aus drangen Hilfsexpeditionen mit Raupenschleppern, Räumschleppern und Flammenwerferpanzern in den Urwald ein, eine breite Schneise in die grüne Hölle fressend.
    Die zurückgebliebenen Boote und die Ausrüstung in Zapuare wurden vorläufig von der Regierung beschlagnahmt, das gesamte bisher gesammelte wissenschaftliche Material von zwei Tropenärzten aus Bogota untersucht und zusammengestellt. Es ergab sich, daß Dr. Perthes einem neuen Gift auf der Spur war, das er bereits in winzigen Kristallen vorliegen hatte und das bei Ratten und Meerschweinchen, demnach auch beim Menschen, schon in den kleinsten Mengen von 0,008 g sofort tödlich wirkte.
    Nach vier Tagen gab als erste die Hubschraubergruppe die Suchaktion auf. Sie hatte das in Frage kommende Urwaldgebiet systematisch nach Planquadraten abgesucht, ohne auch nur auf die geringste Spur zu stoßen. Zum Teil waren die Urwaldflüsse so verfilzt oder so stark mit Bäumen überhangen, daß eine einwandfreie Sicht gar nicht möglich war. Auch die Motorboote der Regierungstruppen kehrten nach einer Woche mit dem Ergebnis zurück, daß es oberhalb des Cuno Ato unmöglich wurde, den Fluß zu befahren, weil Sandbänke, Stromschnellen, Untiefen und Riffe es unmöglich machten.
    Die motorisierte Kolonne wurde daraufhin zurückgerufen, es war sinnlos, einen Urwald von mehreren hundert Quadratkilometern umzupflügen, man würde Jahre dazu brauchen …
    Zum erstenmal tauchte nun der Name Dr. Perthes in der Weltpresse auf. ›Life‹ brachte einen Bildbericht, die großen Zeitungen in den Hauptstädten der Welt widmeten der Expedition auf der zweiten Seite einen Drei- oder gar Vierspalter. Erzählungen über Urwälder schlossen sich in den nächsten Tagen an, Berichte über andere Expeditionen, geschichtliche Betrachtungen, wirtschaftliche Rückblicke, Essays über das Leben großer Forscher. Man hatte für eine Woche genügend Stoff, die Zeitungsseiten interessant zu füllen. Der Urwald war für kurze Zeit ›in‹.
    Dann wurde es still um ihn. Ein anderes Ereignis füllte das Denken der Welt aus. In der UNO sagte Gromyko sein 35. Veto; ein Flugzeug stürzte über dem Atlantik ab, und die Toten konnten nicht geborgen werden …
    Dr. Peter Perthes wurde vergessen. Nach einem Monat war sein Name selbst den Redakteuren unbekannt. Die Menschen hatten andere Sorgen …
    Professor Dr. Window, Dr. Paul Sacher und Wolf von Barthey vergaßen Dr. Perthes nicht. Sie glaubten nicht an seinen Tod und hofften im stillen, daß er in einem Winkel des Urwaldes gefunden werde würde. Aber er blieb verschollen. ›Life‹ hatte eintausend Dollar demjenigen geboten, der ihn finden würde. Und auch die tausend Dollar wurden vergessen. Das Schweigen der grünen Hölle deckte sich über Dr. Perthes und seine mutige Expedition.

VIII
    Die Urwälder von Azaneni hat noch kein Weißer betreten. Die Gebiete, die

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