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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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Ende, dachte ich. Sie haben mir was gegeben, damit die Wahnvorstellungen kurz aufhören und ich mich verabschieden kann. Ich war bereit zu sterben. Jetzt komme ich mir vor, als wäre ich von innen heraus von einem Hai zerfleischt worden. Was ja vermutlich auch ungefähr hinkommt. Bloß dass es ein riesiger Schwarm winziger Haie war.
    »Wie lange?«, fragte ich Dad. Da kam diese andere Ärztin herein, Nell, seine Bekannte. Sie lächelte, und Dad sagte: »Über eine Woche.« Das erschien mir echt lange.
    »Ich hab noch eine ganze Woche?«, fragte ich.
    Nell sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen, obwohl sie immer noch lächelte. Dann sagte sie leise: »Sie glaubt, sie sei immer noch krank.« Woraufhin Dad meine Hand so fest drückte, dass es schon weh tat.
    »Du bist jetzt etwas länger als eine Woche im Krankenhaus«, sagte er. »Aber inzwischen geht es dir besser. Du wirst gesund werden.«
    Ich kann’s noch immer nicht ganz glauben. Vielleicht sagen sie nur, ich sei über den Berg, damit ich in den letzten Tagen, die mir noch bleiben, nicht unglücklich bin. Aber sie scheinen auch froh zu sein. Und ich huste und niese gar nicht mehr, auch wenn ich mich ansonsten total beschissen fühle. Mein Hals ist irgendwie wund. Ich frage mich, ob ich viel geschrien habe. Und es juckt mich noch ein bisschen. Dad fing an, etwas von residualen Nervenschäden zu erzählen, die etwas länger bräuchten, um wieder zu verschwinden, aber ich war zu benebelt, um seinen ganzen Ausführungen zu folgen.
    Ich weiß, dass da noch andere Leute im Zimmer liegen, denn ich höre sie rascheln und atmen, aber mein Bett steht in einer Ecke hinter einem zugezogenen Vorhang. Vermutlich habe ich etwas mehr Platz bekommen, weil ich auf dem Weg der Besserung bin und sie sichergehen wollen, dass das auch so bleibt. Oder vielleicht weil ich die Tochter von Dad bin?
    Dad gab mir mein Tagebuch. »Ich dachte, das möchtest du sicher sofort haben, wenn du aufwachst«, sagte er. »Du hast es auf dem ganzen Weg hierher nicht losgelassen, als ich dich eingeliefert habe.« Und dann sagte er, ich solle mich noch ein bisschen ausruhen. Was wahrscheinlich eine gute Idee ist, denn obwohl ich bis vor einer halben Stunde geschlafen habe, sind meine Lider so schwer, als hätte ich die ganze Nacht durchgemacht.
    Aber ich fand es wichtig, zuerst etwas aufzuschreiben. An dem Klemmbrett am Fußende des Bettes steckte ein Stift, den ich mir wegen der Infusion mit den Zehen angeln musste. Das war lustig.
    Deshalb hat es auch ein Weilchen gedauert, etwas zu Papier zu bringen. Ich weiß noch nicht einmal, welcher Tag heute ist. Niemand sonst hat mich besucht. Was hat das wohl zu bedeuten? Ich wünschte, ich könnte mich an mehr erinnern. Die letzten Eintragungen, die ich hier gemacht habe, sind ein ganz schönes Durcheinander. Und ich hab keine Ahnung, was ich so von mir gegeben habe, als ich richtig krank wurde. Vielleicht habe ich Drew ja so sehr genervt, dass er beschlossen hat, nicht mehr mit mir zu reden?
    Oh Gott. Was, wenn keiner gekommen ist, weil alle anderen, außer Dad, krank sind? Vielleicht liegt Drew ja auf der anderen Seite des Vorhangs oder Meredith oder

10. November
    Sieht aus, als hätte ich mich ein bisschen zu sehr angestrengt. Bin mitten im Satz weggenickt. Dad sagt, das Virus hätte mich echt viel Kraft gekostet.
    Heute Morgen haben sie mich von der Infusion befreit. Ohne Schlauch am Arm ist es wirklich viel leichter zu schreiben.
    Dad gab mir noch ein paar Tabletten. Ich weiß nicht, wofür, aber ich fühlte mich anschließend wieder irgendwie benebelt. Allerdings nicht so sehr, dass ich die ganzen Fragen vergessen hätte, die ich unbedingt stellen wollte, obwohl ihm das vielleicht lieber gewesen wäre.
    »Wir reden später, wenn’s dir bessergeht«, sagte er und faselte etwas von empfindlichem Gleichgewicht und zusätzlichem Stress, bis ich ihn am Handgelenk packte.
    »Dad«, sagte ich, »ich bin schon total gestresst, wenn ich mir das Schlimmstmögliche nur vorstelle. Reden hilft, verstehst du? Drüber wegzukommen.« Aber dann musste ich innehalten und schlucken, bevor ich die Frage wirklich stellen konnte. »Mom?«
    Er senkte den Blick; das genügte als Antwort. »Sie hat es nicht geschafft«, sagte er und nahm schnell wieder meine Hand, die von seinem Arm gerutscht war. Er strich mir mit dem Daumen über den Handrücken, während ich an die Decke starrte.
    Ich hab’s gewusst. Ich meine, hätte sich Moms Zustand gebessert, wäre sie hier

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