Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
Vom Netzwerk:
in einem Supermarkt. Er beschrieb, wie er am frühen Abend das Geschäft verließ und zwei Stunden fuhr, um sich in einem Spezialladen seinen »Mickey fix« zu verschaffen. Diese Tour machte der Familienvater dreimal die Woche und gab regelmäßig fast sein gesamtes Geld aus. Schließlich wurde sein Leben so vom Sammeldrang dominiert, dass er beschloss, erneut auf Entzug zu gehen, diesmal von seinem »Mickey fix«. Er gab seine Sammlung auf und etablierte sich stattdessen als Händler, der anderen Sammlern Mickey-Mouse-Artikel verkaufte.
    Nicht jeder mag so suchtgefährdet sein wie dieser Sammler. Doch selbst wer sich besser unter Kontrolle hat, kann zahlreiche negative Auswirkungen auf sein Leben und das seiner Familien verspüren. Da ist die finanzielle Belastung. Selbst ein gut verdienender Unternehmer wie Rolf Jacobi weiß von sammelbedingten monetären Engpässen zu berichten. Für die Akquisitionen muss Geld woanders abgezweigt werden, was oft zu Heimlichkeiten und starken Schuldgefühlen gegenüber dem Partner führt. Der Lebensstil kann erheblich leiden. »Wir haben gute Pensionen, aber in manchen Dingen bewegt sich unser Lebensstandard auf dem Niveau eines Busschaffners«, so der 2006 verstorbene ehemalige Präsident der Hamburger Hochschule für bildende Künste Carl Vogel, der zusammen mit seiner Frau eine museumsreife Kollektion von Grafiken, Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Skulpturen zusammentrug.
    Es gibt auch viele zwischenmenschliche Konflikte. Die zahllosen Stunden, die ein Sammler mit seinen Briefmarken, Oldtimern oder Puppen verbringt, gehen von der Familienzeit ab. Partner und Kinder können das Gefühl haben, sie müssen mit den Objekten um die Liebe des Sammlers konkurrieren. Die Probleme kommen häufig dann ans Licht, weiß Russell Belk, wenn der Sammler versucht, einen Erben für seine Schätze zu finden: »In den Familien, die ich befragt habe, war es selten, dass ein Kind oder der Ehegatte bereit war, die Kollektion zu übernehmen. Das Letzte, was sie wollten, war die Sorge für die Rivalen übernehmen zu müssen.« Den Sammlern blieb oft nichts anderes übrig, als eine Generation zu überspringen, und zu versuchen, die Enkel für die Sammlung zu begeistern.
    Gut und schön, mag mancher Nicht-Sammler jetzt sagen, doch was hat das mit mir zu tun? Es stimmt: Sammler sind ganz besondere Besitzer, besonders leidenschaftlich, besonders kompetitiv, besonders auf ihre Schätze konzentriert. Auf der anderen Seite: Wenn ein afrikanischer Nomade, der seine Habseligkeiten auf einem Kamelrücken unterbringen kann, in eine typische westliche Wohnung käme, müsste er dann nicht glauben, er hätte es mit einem passionierten Sammler zu tun? Die Schränke voll mit Kleidern, Hunderte von Büchern, Fotos und DVD s, jedes Zimmer angefüllt mit Möbeln, selbst in Garage und Keller stapelt sich Zeug. Sind nicht die meisten von uns ständig auf der Suche nach unnützen, zumindest nicht unbedingt notwendigen Sachen, von denen man sich ein gutes Gefühl, soziale Anerkennung oder sonstige Vorteile erhofft? Und wer hat nicht schon mal unvernünftig viel Geld für etwas ausgegeben, das er unbedingt haben musste, mehr, als er sich leisten konnte?
    So betrachtet, sind die Unterschiede zwischen Sammlern und Nicht-Sammlern vielleicht doch nicht so groß. Beide sind im Umgang mit ihren Besitztümern mit einer diffizilen Gratwanderung konfrontiert. Eine Sammlung muss eine gewisse Zahl an Objekten umfassen, um eine Sammlung zu sein; der Sammler muss ein gewisses Maß an Engagement und Begeisterung zeigen, damit man ihn als Sammler bezeichnen kann. Doch wird ein gewisses Limit überschritten, wird aus dem Hobby eine Sucht. Die Frage ist: Was ist das richtige Maß, beim Sammeln und, viel wichtiger, beim Besitzen überhaupt?

KAPITEL 8
    Können Besitztümer (un)glücklich machen?
    B islang war viel davon die Rede, wie Gegenstände den Selbstausdruck, die soziale Verbundenheit oder die Erinnerungen von Menschen befördern können. Mit anderen Worten: Es ging um die positiven Funktionen, die Gegenstände übernehmen. Das Beispiel Sammeln aber hat gezeigt, dass Haben und Habenwollen das Leben von Menschen auch erheblich belasten können. In diesem Kapitel soll es noch intensiver um die Schattenseiten der menschlichen Beziehung zu Dingen gehen.
    Karl Rabeder hat einiges zu den Risiken und Nebenwirkungen von Besitz zu sagen. Der Österreicher war einmal ein wohlhabender Mann. Er hatte alles, was man sich wünschen kann, eine

Weitere Kostenlose Bücher