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Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Titel: Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krause Landt Axel W Bauer
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Möglichkeit der Sühne; er war, bei aller Furchtbarkeit, die menschlichste Einrichtung. Der Schuldige war nicht allein, und nur Wenige werden nicht gebetet haben, wenn die Armesünderglocke anschlug; nur Wenige werden ihr Gewissen nicht gefragt und es nicht gefühlt haben, daß der zum Richtplatz Schreitende einen Anteil an aller Menschenschuld trug. Vielleicht kann im verborgenen Gericht schon eine Art von Ermächtigung zum Selbstgerichte erblickt werden: Wer im Geheimen gerichtet wird, ist ohne fühlbaren Beistand, außerhalb des Zusammenhanges, auf den gerade der zum Tode Verurteilte einen Anspruch hat. Soll ihn der Tod doch wieder in den Zusammenhang versetzen, über den er hinwegging. Als Selbstmörder aber stellt er sich selber zum letzten Mal heraus. Der entsetzliche Schatten der Gnadelosigkeit liegt auf dem Toten in seiner Zelle.
    Shakespeare hat einmal, im »König Lear«, die Heilung vom Selbstmord gestaltet. Gloster, der von der Tochter seines Königs und ihrem Gatten geblendet und aus seinem Schloß vertrieben wurde, will sich das Leben nehmen und sucht den Weg nach Dover, um sich von der hohen Klippe ins Meer zu werfen. Unerkannt unter der Maske eines Narren führt ihn sein Sohn Edgar, den der Vater für einen Verräter gehalten und widerrechtlich verstoßen hat; Edgar schildert dem Blinden die Todestiefe, in die er sich stürzen will:
    Edgar:
Kommt, Herr, hier ist der Ort; steht still! wie grau’nvoll
und schwindelnd ist’s, so tief hinab zu schau’n! –
Die Kräh’n und Dohlen, die die Mitt’ umflattern,
Sehn kaum wie Käfer aus – halbwegs hinab
Hängt einer, Fenchel sammelnd, – schrecklich Handwerk!
Mich dünkt, er scheint nicht größer, als sein Kopf.
Die Fischer, die am Strande geh’n entlang,
Sind Mäusen gleich; das hohe Schiff am Anker
Verjüngt zu seinem Boot; das Boot zum Tönnchen
Beinah zu klein dem Blick; die dumpfe Brandung,
Die murmelnd auf zahllosen Kieseln tobt,
Schallt nicht bis hier. – Ich will nicht mehr hinabsehn,
Daß nicht mein Hirn sich dreht, mein wirrer Blick
Mich taumelnd stürzt hinab.
    Gloster:
Stell’ mich, wo du stehst.
    Edgar:
Gebt mir die Hand: Ihr seid nur einen Fuß
Vom letzten Rand. Für alles unterm Mond
Tät ich hier keinen Sprung.
    Gloster:
Laß mich nun los.
Hier, Freund, ist noch ein Beutel, drin ein Kleinod,
Kostbar genug dem Armen. Feen und Götter
Gesegnen dir’s! Geh nun zurück, mein Freund:
Nimm Abschied; laß mich hören, daß du gehst.
    Edgar:
Lebt wohl denn, guter Herr.
    Gloster:
Von ganzem Herzen.
    Edgar:
So spiel’ ich nur mit dem Verzweifelnden,
Um ihn zu heilen.
    Gloster:
O ihr mächt’gen Götter!
Der Welt entsag’ ich, und vor eurem Blick
Schüttl’ ich geduldig ab mein großes Leid.
Könnt’ ich es länger tragen ohne Hader
Mit eurem unabwendbar ew’gen Rat,
So möchte wohl mein müder Lebensdocht
Von selbst verglimmen. Wenn mein Edgar lebt –
O segnet ihn! – Nun, Freund, gehab dich wohl!
    Edgar:
Bin fort schon; lebt denn wohl!
(Gloster springt und fällt zur Erde.)
Und weiß ich, ob nicht Phantasie den Schatz
Des Lebens rauben kann, wenn Leben selbst
Dem Raub sich preisgibt? Wär er, wo er dachte,
Jetzt dächt’ er nicht mehr. – Lebend oder tot? –
He, guter Freund! – Herr, hört ihr? – Sprecht! –
So könnt’ er wirklich sterben. – Nein, er lebt.
Wer seid ihr, Herr? –
    König Lear IV, 6
    Der Sohn spiegelt dem Blinden vor, daß ihn ein furchtbares Unwesen zur Klippe geführt und er sich wirklich herabgestürzt habe; doch himmlische Mächte, die »zu ihrem Ruhme vollbringen, was Menschen unmöglich ist«, hätten ihn getragen. Glaubt es der Gerettete? Er vertraut der Himmelsmacht wieder und ergibt sich, nicht anders wie ein antiker Held:
    Ja, das erkenn’ ich jetzt. Ich will hinfort Mein Elend tragen, bis es ruft von selbst: Genug, genug, und stirb!
    König Lear IV, 6
    Der Selbstmord mußte getan sein; zu tief hatte sich der Gram in die Seele des Unglücklichen gefressen. Nun aber wird er frei und stark genug, den ihm bestimmten Tod zu erwarten. Die Szene ist wie ein Symbol: Ist nicht ein jeder Verzweifelte blind wie Gloster, der nicht weiß, daß sein Sohn neben ihm steht, der sein Trost sein wird? Ist nicht in der äußersten Verlassenheit eine Hilfe möglich, die Rettung ganz nahe? Gewiß, der Geblendete wird sein Augenlicht nicht mehr erlangen, das Entsetzliche, das er erduldete, nicht verschmerzen; er wird auch künftig nicht bewahrt bleiben vom Grauen der Welt. Aber er hat wieder

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