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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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du Ziegen gesehen?«
    »Er sitzt allein in seinem Auto.«
    »Bleib hier oben auf dem Bahnsteig, Fatz. Lass dich nicht verjagen. Hörst du? Oben ist so ein nervöser Eisenbahner und ein bewaffneter Posten lungert da auch rum. Kriegst du das hin?«
    Fatz nickte.
    »Du musst ihnen irgendwie klarmachen, dass sie nicht alleine sind, dass wir da sind und dass sie flitzen müssen. Dass das ihre letzte Chance ist.« Paul stolperte fast über die Worte.
    Fatz griff in seine Tasche. Eine Mundharmonika kam zum Vorschein. »Ich spiele ihnen etwas. Das werden sie kapieren.«
    »Großartig.«
    »Was hast du vor, Paul?«
    »Ziegen. Ich greif mir Ziegen. Auf den passt heute keiner auf. Ich weiß noch nicht, was ich tue. Aber falls es knallt, dann lauf. Versprichst du mir das? Gib mir deine Hand drauf. Falls es knallt.«
    Fatz legte mit einem Zittern seine Hand in Pauls Hand, stieg langsam die Treppe hinauf, während Paul zum Ausgang ging.
    Da saß er. Eugen Ziegen am Steuer des Opel.

    PAUL
    RUTSCHTE
    AUF die gepolsterte Rückbank des schwarzen Opel.
    Eugen Ziegen saß im Mantel hinter dem Lenkrad der Limousine und blickte ihn über seine rechte Schulter an. »Ach, Peter. Du bist es. Was verschafft mir das Vergnügen?«
    Er schien eingenickt gewesen zu sein. Die Unterarme lagen auf dem polierten Armaturenbrett. Vogelaugenahorn. Ein teures Holz. Mutters Sekretär hatte das gleiche Furnier. Früher einmal war das ihr ganzer Stolz gewesen. Wieso kam er jetzt darauf? Warum kam er jetzt auf Dinge, die in der Erinnerung keinen Pfenning wert waren? Weil er nicht wusste, was er sonst denken sollte? Weil er nicht wusste, was er hier tat? Doch, er wusste es.
    Paul warf einen raschen Blick durch das Rückfenster. Knapp hinter ihnen stand ein Lastwagen. So dicht, dass Paul nicht erkennen konnte, ob ein Fahrer im Wagen war. Der Lkw blockierte den Aufgang zu den Gleisen. Perfekt, dachte Paul, das ist absolut perfekt. Nur, wie es jetzt weitergehen sollte, das wusste er nicht.
    Ziegen spitzte die Lippen und zeigte ein spöttisches Lächeln. »Ehrenfeld«, sagte er und es klang nachdenklich. »Ein guter Ort, um mit Verrätern kurzen Prozess zu machen.« Er wies mit dem Kopf in die Richtung des Galgens. Die Stricke baumelten im Wind.
    Es begann zu dämmern. Die Augen auf Paul gerichtet, wartete Ziegen ab.
    Zeit. Paul musste irgendwie Zeit gewinnen. Jetzt war er nun mal hier mit Ziegen in einem Auto und einer Pistole im Gürtel. Aber es war noch zu früh. Er musste Ziegen hinhalten.
    »Also, Peter. Was ist denn los? Du könntest ruhig mal den Mund aufmachen.« Eugen Ziegen tat so, als sei er die Geduld selbst. Sogar die Finger hielt er still.
    Er war Paul im Moment überlegen und ließ es ihn spüren.
    Mist – der Dicke saß einfach da und grinste selbstgefällig. Und er hatte ja recht, er war ihm überlegen. Von Ziegens Standpunkt aus betrachtet ganz sicher.
    Paul fühlte keinen Hass.
    Er würde dem Dicken die Luger an den Kopf halten. Und dann würde er ihm sagen, er solle die Edelweißpiraten freilassen. Dann würde man weitersehen. Jetzt kam es nur darauf an, Zeit zu schinden, bis der Lkw mit den Gefangenen endlich vorfuhr.
    »Du bist doch nicht gekommen, um die Aussicht zu genießen? Oder?«
    Ein rauchender Wachmann schlenderte über das Pflaster. Er hatte einen Karabiner geschultert. Eine Hand fingerte am Gewehrkolben. In der anderen hielt er die Zigarette. Sonst war niemand zu sehen. Aber da war ganz sicher ein Fahrer im Lkw hinter ihnen.
    »Ein letzter Blick auf Bastian Frei? Das endgültige Ende einer Freundschaft? Er muss gleich kommen. Alle kommen gleich. Ottos Leute und ein paar, die wir gleich mit loswerden. Dann ist das alles auf einmal erledigt.«
    Ziegen sah nach vorne durch die Windschutzscheibe. Es dämmerte und die Scheibe beschlug. Ziegen wischte mit dem Mantelärmel über das Glas. »Ich konnte diesen Frei von Anfang an nicht leiden, diesen selbstgerechten Lümmel.« Ziegen räusperte sich. »Aber nicht dass du denkst, dass ich persönlich etwas gegen ihn habe. Nein, nein. Der hat so einiges auf dem Kerbholz. Und wir konnten ihm alles beweisen. Am Ende hauen sie sich doch immer selbst in die Pfanne. Und dann winseln sie um ihr beschissenes Rotzlöffelleben. Es ist schon traurig.«
    Paul drückte sich in die Ecke und legte den Arm auf die Rückenlehne. Es sah aus, als wollte er es sich gemütlich machen. Er hatte nach dem Türgriff getastet. Wenn es darauf ankam, war er in null Komma nichts draußen. Ziegen trug ein

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