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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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unterbrach Hotte Bastians Gedanken. »Diese Dreckskerle. Irgendwann zahle ich denen das heim ...«

    EINE
    EINSAME
    KIRCHENGLOCKE schlug monoton die Zeit. Paul lauschte in die Dunkelheit. Wie Totengeläut, dachte er. Jasminduft mischte sich mit würzigem Tabakgeruch. Die letzte Zigarette für heute. Es war 23:00 Uhr. Und gerade, als er dachte, dass heute wohl niemand mehr kommen würde, hörte er schnelle Schritte auf dem Gartenweg. Er presste sich dicht an die raue Bretterwand.
    »Franzi, was machst du hier? Warum bist du allein? Wo sind die anderen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie mit erstickter Stimme und Paul glaubte, ein leises, unterdrücktes Schluchzen zu hören. »Hotte ist den zweiten Abend nicht nach Hause gekommen. Mutter ist halb wahnsinnig. Sie hat Angst. Das ist nicht seine Art. Er meldet sich sonst immer, wenn es ihm gut geht.«
    Franzi setzte sich neben Paul. Er drückte ihre Hand und hielt sie ganz fest.
    »Billi hat Zacks Mutter im Hausflur getroffen. Zack ist auch verschwunden. Seit gestern. Von Bastian weiß ich nichts. Ich hatte gehofft, sie wären alle hier.«
    »Waren die drei zusammen unterwegs? Weißt du, was sie vorhatten?«
    »Ich habe keine Ahnung. Aber am Takubunker waren sie gestern und heute nicht. Billi, Freddie, Ralle und ich sind nur knapp einer HJ -Streife entkommen. Es gibt Gerüchte, dass die Gestapo auf der Jagd nach Edelweißpiraten die Stadt auf den Kopf stellt.«
    »Und du glaubst ...« Paul sprach es nicht aus.
    »Ja, das glaube ich jetzt«, bestätigte Franzi. Im fahlen Licht des Mondes erschien sie Paul so zerbrechlich in ihrer Sorge um Hotte und die Freunde. Er nahm sie in den Arm und hielt sie fest. Ganz fest. Paul spürte, wie die Anspannung ihren Körper verließ, sie sich an ihn schmiegte und seine Nähe suchte. Sie küssten sich.
    »Es wird alles gut«, flüsterte er sehr viel später. »Du wirst sehen, es wird alles gut ...«

    DUNKEL
    UND
    STILLE schwirrten durch die Zelle. Bastian schwor sich, von jetzt an eisern zu schweigen. Er presste seine Hände gegeneinander. Er hatte Angst vor den Schlägen, vor allem vor der Hundepeitsche. Die konnte auch die Zähesten zum Reden bringen.
    Die Stille wurde breit und drückend und die Angst vor der Nacht legte sich schwer darüber. Es war nicht nur die Platznot in der Zelle, in der keiner die Beine ausstrecken konnte. Viel schlimmer war die Furcht, geholt zu werden. Verhöre in der Nacht waren oft die schlimmsten.
    Lärm ertönte vor der Zellentür, Stiefelgetrampel und laute Rufe.
    »Du Mistkröte«, hörten sie die Stimme von Föls, »wo willst du denn hin? Am Gitter ist der Weg für dich zu Ende.«
    »Lasst mich hier raus«, rief eine Kinderstimme voller Panik, »lasst mich hier raus. Ich hab doch nichts gemacht!«
    »Du nicht, aber dein Vater.« Föls lachte.
    Bastian zuckte zusammen, er dachte an Elli. Wenn sie das wäre ...!
    »Du meine Güte«, flüsterte jemand, »das ist ja ein Kind. Jetzt lochen die schon Kinder ein.« Dann sprang er auf, schlug gegen die Zellentür und schrie: »He, Föls, du Sau. Wirst wohl mit uns nicht fertig, dass du dich an Kindern vergreifen musst!«
    »Mensch, hör auf mit dem Mist.« Hotte versuchte, ihn von der Tür wegzuziehen. »Der schlägt dich tot.«
    »Und wenn schon«, zischte der Häftling Hotte an. »Da draußen, das ist ein Kind. Ein Kind, hörst du? Hast du Kinder? Nein? Aber ich. Die führen Krieg gegen Kinder.« Dann trommelte er wieder mit den Fäusten gegen die Zellentür und schrie: »Föls! Dich sollten sie an die Front schicken in die vorderste Linie. Dann möchte ich sehen, wie du dir in die Hosen scheißt ...!«
    Langsam schoben sich die Riegel der Zellentür zur Seite, und das trübe Licht des Flurs fiel auf den Gefangenen, der, immer noch mit erhobenen Fäusten, nun vor Föls und zwei weiteren SD-Männern stand.
    Bastian wartete darauf, dass Föls mit seiner Hundepeitsche losschlug. Doch er gab seinen Begleitern nur ein kurzes Zeichen und sagte: »Bringt ihn in Zelle 7. Mal sehen, wer sich zuerst in die Hosen scheißt.«
    Die Zellentür schloss sich krachend und die Dunkelheit kehrte zurück.
    »Was ist in Zelle 7?«, fragte Bastian. Er bekam keine Antwort.
    »Haltet jetzt endlich alle das Maul. Ich will schlafen«, murrte jemand.
    »Wer kann denn schlafen in einer solchen Nacht?«
    »Nach drei schlaflosen Nächten schaffst du das auch.«
    Bastian sah nur noch dunkle Muster, die sich unter seinen flatternden Lidern bildeten. Bis schließlich auch er

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