Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten
dieser Paul.«
Bastian nickte und gab Freddie einen Klapps auf die Schulter. Ob er allerdings Lust hatte, sich ausgerechnet von Paul bewachen zu lassen, da hatte er so seine Zweifel. Er sah sich noch einmal um, ob ihm jemand gefolgt war. Dann ging er zur Gartenlaube.
»Komm rein«, sagte Paul und rückte einen Schemel an den Tisch. Franzi saß neben Hotte. Sie tranken Kaffee.
»Wie war es denn bei Ford? «, fragte Paul und fügte fast entschuldigend hinzu: »Hotte hat schon so einiges erzählt. Aus dem EL-DE- Haus, meine ich.«
Bastian zog die Nase hoch und beachtete Paul nicht weiter. Abwartend lehnte er im Türrahmen. Mit einer Kopfbewegung lotste er Hotte raus.
Franzi stand auf. »Bastian, lass dich mal ansehen. Geht es dir einigermaßen?« Sie versuchte, ihm eine Haarsträhne aus der Stirn zu streichen.
Bastian zog den Kopf zurück und sah Hotte an. »Komm«, sagte er und ging in den Garten. Hotte folgte ihm zum Gartentörchen. Sie behielten den Weg im Auge.
»Hast du von Zack gehört?«, fragte Bastian.
»Wir warten auf Billi. Sie wollte sich darum kümmern.« Hottes Stimme war leise.
»Und bis dahin? Kaffeekränzchen mit Paul? Mensch, Hotte. Was soll das werden?«
»Leidest du an Verfolgungswahn? Du fängst an, mir auf die Nerven zu gehen.«
»Ich frage mich nur, warum wir so tief in der Scheiße stecken. Und was das mit seinem Auftauchen zu tun hat.«
»Weil wir es vielleicht zu bunt getrieben haben. Weil Zack einfach Mist gebaut hat. Und weil wir nicht auf ihn aufgepasst haben. Das alles hat nichts mit Paul zu tun. Wir warten auf Billi und dann sehen wir weiter.« Hotte deutete zurück zur Hütte. »Und wenn sich herausstellt, dass Paul auch nur das Geringste mit der Gestapo zu tun hat, dann mach ich ihn fertig. Aber ganz ehrlich, Bastian: Ich glaube nicht, dass Paul einer von denen ist. Sieh ihn dir an und höre ihm zu. Und lass mal Franzi dabei weg. Du kannst ihm glauben. Du musst ihn ja nicht mögen.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Bastian. »Mir stecken die Tage und Nächte im EL-DE- Haus noch in den Knochen. Die Prügel und die Demütigungen und das alles. Aber damit kann ich leben. Es ist die Drohung von Ziegen, dass es jetzt erst richtig losgeht, dass er uns nicht mehr aus den Augen lässt, bis er uns hat. Damit komme ich nicht klar.«
»Wie war es bei Ford? «
»Dieser Frericks ist ein Rübenschwein. Mahlmann war in Ordnung. Er hat mir eine richtige Arbeit gegeben. Vielleicht hätte ich sogar eine Zukunft bei Ford. Ich wäre gerne Schlosser, Maschinenbauer. Den Meister machen und dann vielleicht in die Konstruktionsabteilung gehen. Stell dir das vor: Ich könnte richtig arbeiten. Was wirklich Nützliches tun.«
»Sag mal, haben sie dir was in den Tee getan? Hast du Fieber? Du willst mit diesen Drecksäcken gemeinsame Sache machen? Nur weil du so gerne Eisen krumm kloppst und Löcher bohrst?«
»Hotte, verflucht, natürlich nicht. Ich dachte nur, wie es sein könnte, wenn diese braune Scheiße nicht über uns gekommen wäre.«
»Ist sie aber. Fertig. Ende der Durchsage.«
»Was können wir schon ausrichten?«
»Das fragst ausgerechnet du? Hat Föls dir die Birne weich geklopft? Was wir ausrichten können? Blöde Frage. Nichts. Absolut nichts können wir gegen die tun. Aber wir können sie beschäftigen, wir können ihnen ihre wertvolle Zeit stehlen, ihnen ihr beschissenes Leben zur Hölle machen. Sand ins Getriebe streuen. Dann hört der Mist einen Tag eher auf und tausend Leute sterben weniger, das können wir. Du darfst dir von denen nicht erzählen lassen, wie man leben soll oder was richtig und falsch ist, besonders nicht, wenn sie bei Ford Autos montieren für Führer und Vaterland.« Hotte spuckte aus.
»Ich weiß ja, dass du recht hast, Hotte. Und dass wir genau das tun werden: sie fertigmachen. Nur manchmal ...«
»Bastian, jetzt hör mir mal gut zu. Wer soll auf dich aufpassen, wenn ich weg bin? Dich kann man ja nicht mal einen Tag aus den Augen lassen und schon redest du wirres Zeug. Du und Paul, ihr solltet euch umeinander kümmern. Ihr müsst ja nicht gleich heiraten. Du musst nur über deinen Schatten springen.«
Schweigend standen sie dicht beieinander und sahen Fatz und Ralle den Weg heraufschleichen. Die beiden hielten den Kopf gesenkt, scheinbar müde und bedrückt. Ralle trug seine Gitarre.
»Das sieht nicht gut aus«, berichtete Ralle. »Ich habe ein paar Bunker abgeklappert und ich war auch im Volksgarten. Die Nazis haben alles abgeräumt. In Sülz
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