Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
Jablonski machte nicht den Eindruck, als wolle er über den Zwischenfall sprechen. Er zog Schweißnähte. In der Mittagspause sagte er: »Du musst aufpassen, Bastian. Vielleicht ist es besser, du reißt ein paar Samstagsdienste ab. Wenn dir Frericks dumm kommt, gib mir Bescheid.«
    »Warum tust du das, Jupp? Der kann dir jede Menge Ärger machen.«
    Jupp schnippte seine Zigarette in eine Ecke. Sie verzischte in einer Wasserlache. »Weil wir am Arsch sind, Bastian. So richtig am Arsch.« Er beugte sich vor. »Ich hab es von Mahlmann. Musste gestern bei ihm antanzen. Das Maultier wird nicht mehr produziert. Die Kiste bringt es nicht. Sie ist völlig untermotorisiert. Zu lahmarschig. Die Russen schießen sie unseren Jungs reihenweise unterm Hintern weg.«
    Er verschränkte die Hände im Nacken, schaute zum Hallendach und gähnte. »Wir sind so gut wie raus, Junge. Ich komme in den Osteinsatz. Das haben die sich fein überlegt. Ersatzteile in Kisten packen. Für die Front. Mit den Fremdarbeitern zwölf Stunden schuften. Mindestens. Die reinste Strafarbeit. Na. Und weil das nicht wirklich kriegswichtig ist, nicht so kriegswichtig wie meine Schweißnähte, bekomme ich anschließend meine Einberufung und fahre den gepackten Kisten hinterher.«
    Bastian stöhnte auf.
    »Lass gut sein, Bastian. Die werden mich jetzt kennenlernen.«
    Am nächsten Morgen stand Bastian vor Mahlmanns Schreibtisch. Frericks grinste. Mahlmann räusperte sich. Bastian stand stramm.
    »Wir haben dich gewarnt«, begann Mahlmann. »Du bist aufsässig und untergräbst die Autorität deiner Vorgesetzten. Wir werden dich für eine Weile von der Straße holen und dir Manieren beibringen. Vier Wochen Wehrertüchtigungslager in der schönen Eifel. Burg Vogelsang. Romantisches Örtchen. Fahr nach Hause und pack deine Sachen. Morgen früh kommst du her und schon geht es los. Denke nicht daran, abzuhauen. Wir kriegen dich. Heil Hitler.«
    Wir kriegen dich. Der Satz wollte nicht mehr aus seinem Kopf. Jetzt war ihm auch Mahlmann auf den Fersen.

    DEN
    GANZEN
    TAG hatten Paul und Hennes im Wald verbracht und Bindegrün besorgt. Lagusch nannte das »günstig einkaufen«. Franzi arbeitete noch im Laden und band Adventskränze. Wenn sie damit fertig war, wollte sie zu ihm kommen.
    Hennes stand in der Box und schnaubte. Die Waldluft hatte ihm gutgetan. Er kam langsam zu Kräften. Paul hatte ihn mit dem Schwamm abgewaschen. Warmes Wasser bereitete er in einem großen Kessel auf der Feuerstelle im alten Schweinestall. Hennes grunzte zufrieden und steckte, frisch gestriegelt und mit einer wärmenden Decke über dem Rücken, seinen Kopf in die Extraportion Hafer. Zum Nachtisch gab es einen verschrumpelten Apfel und einen Klaps. Paul ging in die Gärtnerei, sich aufwärmen, wollte bei Werner ein Bier schnorren und auf Franzi warten. Ein perfektes Programm.
    Werner und Lagusch hockten am Bindetisch. Paul setzte sich dazu. Lisa spielte Himmel und Hölle . Ein kompliziertes Hüpfspiel, dessen Regeln sich ihm nur langsam erschlossen.
    »Armes Mädchen«, grunzte Lagusch und starrte in sein Bier.
    Werner drehte ruckartig den Kopf. »Wie meinst du das?«
    »Bist du jetzt komplett blind? Sieh sie dir doch an. Die mit ihrem krüppeligen Fuß. Und dann diese Hopserei. Das muss doch nicht sein.«
    »Aber sie hat doch Spaß, Lagusch. Oder kapierst du nicht, was es bedeutet, wenn Menschen lachen.«
    »Ist sie denn ein richtiger Mensch? In einem Heim wäre sie besser aufgehoben.«
    »Himmel, Lagusch. Manchmal weiß ich wirklich nicht, warum ich mit dir meine Zeit verplempere. Ein Heim? Besser aufgehoben? Soll ich dir mal was erzählen?«
    »Aber nur, wenn du nicht wieder unseren Führer durch den Kakao ziehst.«
    Paul zog sich einen Stuhl heran und Werner schob ihm ein Bier über den Tisch.
    Dann begann er: » Dein Führer, Lagusch, es ist dein Führer. Ich bin mit dem fertig.«
    »Mensch, Werner, irgendwann ...«
    »Holen sie mich? Oder was meinst du? Dann nehme ich dich mit. Das ist ein Versprechen. Was hat uns der Krieg schon gebracht? Sieh mich an. – Und dir? Ein reges Geschäftsleben. Und zur Strafe musst du hier sitzen und mit mir Bier trinken.«
    »Wir müssen alle sehen, wie wir klarkommen.« Lagusch nahm einen Schluck. »Also, was ist? Du wolltest mir eine Geschichte erzählen.«
    Werner begann. »1941, Lagusch. Ich hatte diesen Einsatz bei der Wehrmacht in Holland, Belgien und Frankreich, während du hier Blumen pflücktest.« Er lachte heiser. »Ich kam aus dem Lazarett.

Weitere Kostenlose Bücher