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Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Salem
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Camilleri hat recht: Sie ist eine Mischung aus Klimt und Modigliani. Jetzt nimmt sie mich an der Hand und zieht mich von Grüppchen zu Grüppchen, stellt mir ein paar Leute vor, erzählt Anekdoten und gibt Freizeittipps. Sie hat ein beneidenswert kontaktfreudiges Wesen, so wie meine Ex, aber Yolanda nutzt es nicht, um zu bestimmen, was zu tun ist, sondern um dafür zu sorgen, dass die anderen sich wohl fühlen. Und so ist es unvermeidlich, dass wir bei unserer Runde auch irgendwann auf Sofía und Tony treffen. Yolanda ist überrascht, dass wir uns schon lange kennen, worauf mein Freund ihr erklärt, ich sei der beste Piratenkapitän, der jemals die neun Meere bereist hat .
    »Sieben, du Dummkopf, es sind sieben Meere!«, berichtigt ihn Sofía sofort.
    »Das weiß ich auch, Süße. Aber wir wollten mindestens noch zwei weitere entdecken, stimmt‘s, Juan?«
    Er nimmt mich mit plötzlich verzagter Miene beiseite, während Yolanda sich wohl oder übel für ein paar Minuten Sofía widmet.
    »Ich will dir nicht den Abend verderben, Juan, ich sehe ja, du hast was vor. Aber morgen, wenn du wieder fit bist, würde ich gern mal mit dir reden. Ich brauche deinen Rat.«
    Ich schlage ihm ein Treffen im Restaurant oder in seinem Wohnwagen vor, aber ihm ist es lieber in der Bucht. Während wir zu den Frauen zurückkehren, gibt er sich wieder optimistisch und neckt mich ein bisschen wegen Yolanda. Er weiß, dass sie hier arbeitet, und findet, dass ich einen ganz schönen Zahn draufhabe: Ein Tag hätte mir genügt, um mir das hübscheste Mädchen weit und breit zu angeln.
    »So wie früher, Juan. Dir ist schon damals alles in den Schoß gefallen.«
    Ich entdecke so etwas wie Neid in seiner Stimme. Beinahe hätte ich ihm erzählt, was ich vorhin in der Hütte gesehen habe, verkneife es mir dann aber. Im Grunde weiß ich nämlich nichts über den erwachsenen Tony. Womöglich liebt er diesen Eiszapfen tatsächlich, und ich tue ihm wieder weh. Vielleicht haben sie aber auch einen Deal, der ihr die Freiheit lässt, sich so viele Liebhaber zu nehmen, wie sie will, solange sie nur diskret ist.
    Yolanda rettet mich gekonnt davor, mit den beiden den Rest des Abends verbringen zu müssen.
    »Ich habe schon warmherzigere Kühlschränke kennengelernt«, murmelt sie grinsend in Richtung Sofía, kaum sind wir in Sicherheit.
    Plötzlich tauchen wie aus dem Nichts die Kinder auf und hängen sich an Yolanda. Leti begutachtet anerkennend ihr Kleid und Antoñito will sie gleich nach draußen ziehen, damit sie am Pool seine Fortschritte im Springen vom Einmeterbrett bewundert. Ich fürchte schon, den Rest des Abends als Babysitter zu verbringen, da naht Hilfe von völlig unerwarteter Seite.
    »Lasst Papa in Ruhe«, mischt sich Leticia ein. »Das Kinderfest ist draußen, und dort gibt’s genug Animateure, die sich um euch kümmern.«
    Bei mir hätte es viermal so lange gedauert, bis sie mir gehorcht hätten. Leti packt ihren Bruder und zwinkert mir im Gehen noch mal zu, während ihre Mutter die Gelegenheit nutzt, sich vorzustellen. Na großartig: Ich entkomme den Kindern, und muss dafür mit meiner Ex und ihrem neuen Freund Smalltalk machen.
    Beltrán entpuppt sich allerdings als amüsanter, angenehmer Gesellschafter, der sich nicht in den Vordergrund drängen muss. Als die Musik lauter wird, zieht Yolanda mich jedoch augenblicklich auf die Tanzfläche, sodass ich nicht einmal dazu komme, ihr zu sagen, dass ich nicht tanzen kann. Zumal das auch gar nicht stimmt. Ja, auch Tanzunterricht habe ich bekommen, denn man weiß nie, ob man sich nicht irgendwann einmal als Tanzlehrer ausgeben muss, oder als Diplomat oder Manager, der gern einen draufmacht.
    Der Discjockey wechselt zu Salsa, und ich gebe mich ganz ihrem Rhythmus hin. Eigentlich höre ich spätestens bei so was auf zu tanzen, aber jetzt, jetzt schiebe ich alle Bedenken beiseite und sage mir, ich habe Lust zu tanzen, und basta!
    Yolandas Bewegungen sind äußerst sinnlich, und darum geht mir erst nach einer Weile auf, dass sie nur auf meine reagiert, dass trotz ihres tänzerischen Talents ich derjenige bin, der den Rhythmus vorgibt und sie führt. Zu spät merke ich auch, dass alle anderen aufgehört haben zu tanzen und einen Kreis um uns bilden. Jetzt bin ich die perfekte Zielscheibe, aber ich kann nichts dagegen tun, und so tanze ich weiter, ja ich erfinde sogar Tanzschritte, was ein paarmal schiefgeht, aber nicht weiter auffällt. Wie lange tanzen wir schon ohne Pause? Für mich ist es eine

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