Wir toeten nicht jeden
Martin gemacht hast. Eigentlich kam sie mir ganz intelligent vor …«
»Wenn du willst, verlege ich mein Zelt an einen anderen Platz. Yolanda könnte das sicher arrangieren …«
»Damit sie mitkriegt, dass es mich stört? Und denkt, ich wäre eifersüchtig?«
»Bist du das nicht auch ein bisschen?«
»Nicht die Bohne!« Sie schüttelt so heftig den Kopf, dass ich schon fürchte, sie verrenkt sich dabei den Hals. »Es ist bloß so, dass du seit gestern … vor allem auf der Party … und vorhin, als du aus dem Zelt gekrochen bist, irgendwie … irgendwie …«
» … anders bin?«
»Nein. Nicht anders, sondern derselbe, derselbe wie früher, meine ich, nur ist das schon so lange her, dass ich manchmal glaube, ich habe es nur geträumt. Und das hat mich ein bisschen wütend gemacht, weil … weil …«
Die Richtung, die unser Gespräch nimmt, behagt mir ganz und gar nicht. Schnell stehe ich auf und erkläre, dass ich die Rezeptionistin für den Rest des Monats um eine andere Parzelle für unsere Zelte bitten werde – und zucke kurz zusammen, als mir klar wird, dass ich beschlossen habe, einen ganzen Monat zu bleiben, ohne zu überlegen, ob das auch vernünftig ist. Als meine Ex kurz abgelenkt ist, schnappe ich mir Yolandas schwarz-roten Tanga, der ihr Zelt krönt wie eine Standarte. Oder es markiert wie das Schwarze einer Zielscheibe …
Leticia rettet mich vor meinen eigenen Gedanken, denn auf einmal ist sie wieder so souverän wie sonst.
»Lass mal, ihr braucht nicht umzuziehen. Nur fackle nicht den Camping mit deiner lodernden Leidenschaft ab und schraubt euren Lärmpegel runter. Außerdem kann ich euch so die Kinder vom Leib halten. Sie können einen nämlich ganz schön mit Beschlag belegen.«
»Und was wird aus deiner Romanze mit dem Richter?«
Sie seufzt. Große Männer haben große Aufgaben. Ständig.
»Kein Problem. Außerdem kann sich Gaspar nicht länger als drei Tage am Stück abseilen. Der Arme muss heute nach Madrid zurück und kommt erst am Mittwoch wieder. Es wird mir guttun, die Kinder um mich zu haben, sie lenken einen ab …«
»Und sie beanspruchen deine ganze Aufmerksamkeit, Leticia. Tut mir leid, dass ich sie dir nicht öfter abgenommen habe …«
»Das hätte ich gar nicht zugelassen, Juanito. Ich war so sauer auf dich und hätte sie dir keine Minute länger überlassen, als dir gesetzlich zusteht.«
»Wieso sauer?«
Noch ein Seufzer, aber nicht vor Ungeduld.
»Sogar wenn du wieder so bist wie früher, verstehst du nichts von Frauen, Juanito. Aber das geht wohl allen Männern so.« Ihr Kinn deutet in die Richtung, in die der Richter davongegangen ist. »Ich war sauer, weil du mich nicht abgehalten hast von etwas, das ich eigentlich gar nicht wollte.«
»Aber du hast mich doch verlassen!«
»Und du hast es mit dieser Gleichgültigkeit akzeptiert, die ich so an dir gehasst habe! Ich hab dir doch bloß gesagt, dass Schluss ist, damit du mich nicht gehen lässt! Damit der Juan von früher endlich wieder zum Vorschein kommt, der Mann, in den ich mich verliebt hatte und der so herrlich grinsen konnte wie …«
» … ein Piratenkapitän beim Entern.«
Sie muss lächeln, doch es ist ein trauriges Lächeln. Vielleicht sind bei ihr die Erinnerungen und die Wunden auch noch zu frisch.
Wenn ich ihr nur helfen könnte.
Aber das kann ich nicht.
12
Ich gebe es zu: Ich lasse mir schon den ganzen Vormittag absurde Gründe einfallen, damit ich um Yolanda herumscharwenzeln kann. Jeder Vorwand ist mir recht, sei es, dass ich mich auf einmal brennend für die Aktivitäten der Kinder interessiere, sei es, dass ich unbedingt wissen muss, ob sie wegen ihres Zuspätkommens bei der Arbeit Probleme bekommen hat. Als ich sie in einer Pause zwischen zwei Spielen danach frage, muss sie lachen.
»Probleme nicht, Juan, aber spöttische Bemerkungen hab ich mir schon anhören müssen. Und zwar jede Menge. Offenbar haben wir gestern für ein wenig Aufsehen gesorgt.«
»Hm, ja, beim Tanzen …«
»Beim Tanzen? Nein, Juan, eher danach: Das weiß nämlich der ganze Campingplatz! Nach der Party kamen ein paar Nachtschwärmer auf die Idee, zur Bucht zu schlendern, um sich dort den Sonnenaufgang anzusehen. Erinnerst du dich noch daran, dass wir am Strand getanzt haben?«
»Getanzt?«
»Ja, einen Walzer oder so was, haben sie mir erzählt. Aber nur kurz, weil wir dann mit einem ganz anderen Tanz angefangen hätten …«
Ihr verschmitztes Grinsen rettet mich vor jeder
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