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Wir zwei sind Du und Ich

Wir zwei sind Du und Ich

Titel: Wir zwei sind Du und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Raufelder
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was er getan hat. Er hat mich verraten, belogen und mir alles genommen, was mir wichtig war. Verstehst du das?“
    „Schon.“
    Für einen Moment laufen sie still nebeneinander her. Durch die kahlen Bäume können sie die Siegessäule sehen.
    „Jetzt machen wir uns erst einmal eine ganz schöne Zeit und genießen die Ferien!“, bestimmt Ri. Es soll fröhlich klingen, aber Ben kann das Traurige in ihrer Stimme genau heraushören.
    Als sie am Potsdamer Platz zwischen all den Hochhäusern ankommen und darauf warten, dass die Ampel grün wird, um die Straße zu überqueren, schreit Ri plötzlich auf: „Beeeelinda!“ Inmitten der umhereilenden Menschen, die in letzter Minute noch Weihnachtsgeschenke besorgen, hat sie ihre Schulfreundin entdeckt.

Mit Belinda am Potsdamer Platz
    Mit ihren schweren Armeestiefeln und den dünnen Beinen, die in wollenen Strumpfhosen stecken, kommt Belinda fröhlich auf Ben und Ri zugerannt. Die Mädchen umarmen sich.
    „Belinda, das ist Ben!“
    Lächelnd reicht Ben Belinda die Hand, die diese kräftig schüttelt.
    „Du bist also der berühmte Ben.“
    Ben nickt, während Belinda ihn von Kopf bis Fuß mustert. „Nicht schlecht“, sagt sie anerkennend und zwinkert Ri verschwörerisch dabei zu, sodass Ri rot wird.
    Ben muss lachen. „Bist du immer so direkt?“
    „Logo!“
    Belinda grinst, wobei ein dicker rosa Kaugummi zwischen ihren Zähnen Ri und Ben entgegenleuchtet.
    „Bist du auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken?“, fragt Ri, um erst gar keine peinliche Stille aufkommen zu lassen.
    „Iwo, ich bin doch nicht bekloppt! Schau dir nur die Irren an, wie sie von Geschäft zu Geschäft hetzen. Da wird mir schon vom Zuschauen ganz schwindelig.“
    Die beiden lachen. Ri hatte ganz vergessen, wie beruhigend und befreiend Belindas fröhliche Art ist.
    „Außerdem fällt Weihnachten bei uns dieses Jahr aus“, plappert Belinda weiter, ohne sich von Ris und Bens Gekicher aus der Ruhe bringen zu lassen. „Meine Mutter fährt mit ‘ner Freundin bis Neujahr in die Berge. Sie brauche mal Ruhe von mir.“
    „Und dein Vater?“, fragt Ben.
    „Das wüsste ich auch mal gerne“.
    Genervt bläst Belinda ihre Ponyfransen aus der Stirn.
    Ben schaut hilfesuchend zu Ri.
    „Belinda hat keine Ahnung, wer ihr Vater ist. Ihre Mutter ist der Meinung, dass die Bedeutung von Vätern völlig überschätzt wird. Daher will sie es ihr nicht sagen.“
    Ben schüttelt den Kopf.
    „Ich wünschte, das könnte ich über meinen Vater auch sagen“, sagt Ri seufzend. Die Gedanken an ihre Eltern hatte sie die ganze Zeit verdrängt.
    „Gibt es was Neues von deinem Alten?“, fragt Belinda.
    „Das ist eine lange Geschichte“, seufzt Ri.
    „Hey, dann kannste ja mit uns feiern“, fällt Ben plötzlich ein.
    Ri schaut ihn verdutzt an. Natürlich würde sie sich freuen, mit Belinda zu feiern, aber sie hatte sich auch auf eine schöne Zeit ganz allein mit Ben gefreut. Sie hasst sich für diesen egoistischen Gedanken und trotzdem ist er da.
    „Echt?“
    „Klar!“, sagen Ri und Ben wie aus einem Mund. Auch wenn es Ri nicht so ganz leicht über die Lippen kommt.
    „Das wird bestimmt lustig, ganz ohne nervende Eltern! Wir feiern einfach Anti-Weihnachten.“
    „Genau!“
    Belinda hüpft aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. „Aber wenn wir jetzt nicht gleich ins Warme gehen, friere ich hier noch fest.“
    Hastig überqueren die drei die große Straße am Potsdamer Platz. Ein eisiger Wind schlägt ihnen aus dem U-Bahnschacht entgegen. Sie graben sich in ihre Mäntel ein und verschwinden tuschelnd und Pläne schmiedend in der Tiefe.

Der Deal
    Am Weihnachtsmorgen ziehen Ben, Belinda und Ri durch den Kiez am Hermannplatz. Die Straßen und grauen Gehsteige sind ungewohnt leer. Keine parkenden Autos. Nur wenige, eilig vorbeilaufende Menschen kreuzen ihre Wege, weil die Zugezogenen über die Feiertage zu ihren Verwandten nach Hause fahren. Studenten wie Micha und solche, die einmal zum Studieren nach Berlin kamen und nie wieder zurück wollten. Die bunten Ecken und Plätze hier, die verschiedenen Stadtteile, die Berliner Luft – all das hat eine anziehende und verlockende Wirkung auf die Menschen. Wenn man dem Charme dieser Stadt und ihrer Menschen einmal erlegen ist, ist man hoffnungslos verloren, denkt Ri. Dann gibt es kein Zurück. Vielleicht weil es hier für jeden einen Platz gibt. Wenn Ri manchmal mit ihren Eltern über die Stadtgrenze hinaus gefahren ist, weil sie in den Urlaub fuhren, oder Verwandte in

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