Wirbelsturm
dieser Stationen berichteten über einen Volksaufstand gegen ›Bachtiars illegale, vom vertriebenen Schah eingesetzte Regierung und seine amerikanischen Drahtzieher unter der Führung des Kriegshetzers und Lügners Carter‹.
Bachtiar habe versucht, sich bei der Bevölkerung beliebt zu machen, indem er militärische Verträge kündigte, die der abgedankte Schah dem Land aufgezwungen hatte: 8 Milliarden Dollar von den USA, britische Centurion-Panzer im Wert von 2,3 Milliarden, dazu zwei französische Atomreaktoren und einen aus Deutschland, die 2,7 Milliarden wert waren. Diese Nachricht habe die westlichen Regierungen in Panik gestürzt und werde zweifellos an den kapitalistischen Börsen zu einem wohlverdienten Kurssturz führen …
»Entschuldige die Frage, Vater«, mischte sich Azadeh ein, »aber wird der Westen jetzt zusammenbrechen?«
»Diesmal noch nicht«, sagte der Khan, und sein Gesichtsausdruck wurde kälter. »Erst wenn die Sowjets beschließen, die 80 Milliarden Dollar nicht zurückzuzahlen, die sie den Banken im Westen und auch ein paar Banken im Vorderen Orient schulden.« Dazu grinste er und spielte mit der Perlenkette, die er um den Hals trug. »Natürlich sind die hiesigen Geldverleiher viel klüger, zumindest aber nicht so gierig. Sie verleihen wohlüberlegt, verlangen Bürgschaften, glauben niemandem und schon gar nicht an den Mythos von der christlichen Nächstenliebe.« Es war allgemein bekannt, daß den Gorgons ungeheure Ländereien in Aserbeidschan, ein ergiebiges Erdölgebiet, ein großer Anteil an Iran Timber, Ufergrundstücke am Kaspischen Meer, ein großer Teil des Basars von Täbris und die meisten Handelsbanken in dieser Stadt gehörten.
Erikki erinnerte sich daran, was ihm über Abdullah zugetragen worden war, als er den Khan um die Zustimmung zur Heirat mit Azadeh gebeten hatte, über seinen Geiz und seine Skrupellosigkeit in geschäftlichen Angelegenheiten. »Wenn man schnell ins Paradies oder in die Hölle gelangen will«, hieß es, »muß man nur Abdullah dem Grausamen einen Rial schulden, ihn nicht bezahlen, weil man zu arm dazu ist, und in Aserbeidschan bleiben.«
»Darf ich dich etwas fragen, Vater: Die Stornierung von so vielen Verträgen wird doch ein Chaos heraufbeschwören, nicht wahr?«
»Nein, du darfst nicht fragen. Heute hast du schon genügend Fragen gestellt. Eine Frau soll den Mund halten und zuhören. Jetzt kannst du gehen.«
Sie entschuldigte sich sofort und verließ gehorsam das Zimmer.
Erikki stand ebenfalls auf, um zu gehen, aber der Khan hielt ihn zurück. »Ich habe dich noch nicht entlassen. Setz dich! Warum hast du vor einem Russen Angst?«
»Nicht vor ihm – nur vor dem System. Er muß beim KGB sein.«
»Warum hast du ihn dann nicht einfach getötet?«
»Es hätte uns geschadet, statt uns zu helfen: der Basis, Iran Timber, Azadeh, vielleicht sogar dir. Andere haben ihn zu mir geschickt. Er kennt uns – er kennt dich.« Erikki beobachtete den Alten genau.
»Ich kenne viele von ihnen. Die Sowjets haben genau wie die Zaren immer schon Aserbeidschan besitzen wollen, waren aber trotzdem stets gute Handelspartner unseres Landes, und sie haben uns gegen die stinkenden Briten geholfen. Ich ziehe sie den Briten vor, ich verstehe sie besser.« Sein Lächeln wurde noch dünner. »Es wäre leicht, diesen Rákóczy aus dem Verkehr zu ziehen.«
»Gut, dann tue es bitte!« Erikki lachte laut. »Und die anderen auch. Damit würdest du wirklich Allahs Werk tun.«
»Der Meinung bin ich nicht«, widersprach der Khan mißmutig. »Damit würde ich nicht Allahs Werk, sondern das Werk des Satans verrichten. Ohne die Russen würden die Amerikaner und ihre britischen Kettenhunde allmählich uns und die ganze Welt beherrschen. Den Iran würden sie bestimmt schlucken – unter Schah Mohammed ist es ihnen beinahe gelungen. Ganz gleich, welche Schwächen Sowjetrußland hat, es sorgt dafür, daß sich die widerliche Politik der Amerikaner, ihre widerliche Arroganz, ihr widerliches Benehmen, ihre widerlichen Jeans, ihre widerliche Musik, ihre widerliche Nahrung und ihre widerliche Demokratie, ihre widerliche Haltung zu Frauen sowie Gesetz und Ordnung, ihre widerliche Pornographie, ihre naive Einstellung zur Diplomatie und ihre erbitterte Feindschaft dem Islam gegenüber in Grenzen halten.«
Erikki wollte auf keinen Fall eine Auseinandersetzung heraufbeschwören. Dennoch packte ihn die Wut. »Wir hatten uns darauf geeinigt …«
»Aber es ist wahr«, schrie ihn der
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