Wirbelsturm
Teil aus Lehmziegeln gebaut und nur selten verputzt. Die meisten besaßen gestampfte Fußböden und nur einige wenige fließendes Wasser, Elektrizität und sanitäre Anlagen.
Der Verkehr nahm schlagartig zu: Fahrräder, Motorräder, Autobusse, Lastwagen und dazu Personenautos aller Größen, Marken und Baujahre von alt bis uralt, beinahe alle verbeult und ausgebessert, manche mit verschiedenen Farben bemalt und mit kleinen Lämpchen verziert. Erikki war in den letzten Jahren oft durch diesen Ort gefahren, und er wußte, zu welchen Stauungen es hier kommen konnte. Aber es gab keine Umgehungsstraße, obwohl seit Jahren eine geplant war.
Erikki wich einem ausgebrannten Autowrack aus, dann legte er eine Beethoven-Kassette ein und drehte die Lautstärke hoch, um den Straßenlärm zu übertönen. Aber es nützte nicht viel.
»Der Verkehr ist ärger denn je. Wo steckt bloß die Polizei?« fragte Azadeh, die jetzt hellwach war. »Bist du durstig?«
»Nein, danke.« Er warf ihr einen Blick zu; im Pullover und mit dem offenen schwarzen Haar sah sie sehr attraktiv aus. »Aber ich habe Hunger nach dir.«
Wie üblich war die Straße schlecht. Stellenweise war sie aufgerissen, sei es als Abnutzungserscheinung, sei es wegen nie endender Reparaturen. Er wich einem tiefen Loch aus und fuhr dann an einem weiteren Autowrack vorbei, das man einfach zur Seite geschoben hatte. Ein verbeulter Lastwagen kam ihm entgegen, dessen Fahrer wütend hupte. Die Stoßstangen waren mit Draht befestigt, in den Fenstern fehlten die Glasscheiben, der Einfüllstutzen des Tanks war mit einem Lappen zugestopft. Auf der Ladefläche war Reisig hoch aufgestapelt, und drei Passagiere klammerten sich verzweifelt fest. Der Fahrer trug einen zerlumpten Mantel aus Schaffellen. Als Erikki an ihm vorüberfuhr, schauten ihn er und die zwei Männer, die neben ihm saßen, zu seiner Überraschung wütend an. Ein paar Meter weiter schwankte ein demolierter, überladener Autobus auf sie zu. Erikki fuhr vorsichtig dicht an den joub heran und blieb stehen. Wieder starrten ihn der Fahrer und alle Passagiere feindselig an. Einer der jungen Männer im Bus schüttelte drohend die Faust, ein anderer beschimpfte ihn.
Wir haben noch nie Schwierigkeiten gehabt, dachte Erikki beunruhigt. Überall auf den Straßen und aus den Fahrzeugen trafen ihn die gleichen boshaften Blicke. Er mußte wegen der Motorräder, Fahrräder, Lastwagen und Autobusse langsam fahren, da kam auch noch eine Schafherde aus einer Seitengasse und verstopfte die Straße. Die Autofahrer beschimpften die Hirten, die Hirten schimpften zurück, alle waren wütend und ungeduldig, und die Hupen heulten.
»Verdammter Verkehr! Blöde Schafe!« Azadeh wollte nicht warten. »Hup einmal, Erikki!«
»Hab Geduld, schlaf weiter! Ich kann nicht überholen«, schrie er, um das Durcheinander zu übertönen. »Hab Geduld!«
Für die nächsten 300 Meter brauchte er eine halbe Stunde, weil von rechts und links weitere Fahrzeuge auf die ohnehin schon überfüllte Straße drängten. Überall Straßenverkäufer, Fußgänger und Unrat. Jetzt schlich er hinter einem Bus her, der beinahe die ganze Straße blockierte und dessen Räder fast die ganze Zeit über den Rand des joub hinausragten. Bleib ruhig, befahl er sich. Du kannst nichts tun.
Aber es fiel ihm immer schwerer. Nach einer halben Stunde bogen die Schafe in eine Seitengasse ab, und der Verkehr wurde etwas flüssiger. Hinter der nächsten Ecke war dann die ganze Fahrbahn aufgegraben, und ein nicht gesicherter, einige Meter breiter und halb mit Wasser gefüllter Graben versperrte ihnen den Weg.
Es war unmöglich, vorwärts oder zurück zu fahren, deshalb mußte der Verkehr in eine enge Seitenstraße ausweichen. Der Bus vor Erikki schaffte die Kurve nicht, mußte stehenbleiben und zurücksetzen, was zu weiteren zornigen Flüchen und Ausrufen führte. Als Erikki rückwärts fuhr, um Platz zu machen, drängte sich ein kleiner blauer Wagen an ihm vorbei und zwang den entgegenkommenden Wagen zu bremsen. Dieser geriet ins Schleudern, eines der Räder glitt über den Rand des joub, und das Auto neigte sich gefährlich. Der Verkehr kam vollkommen zum Stillstand.
Wütend zog Erikki die Handbremse an, riß die Tür auf, ging zu dem verunglückten Wagen hinüber und schob ihn auf die Straße zurück. Niemand half ihm dabei, alle fluchten und schimpften nur. Dann wollte er sich dem blauen Wagen zuwenden, aber in diesem Augenblick schaffte der Bus die Kurve, der Fahrer des blauen
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