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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Jumbo-Jet 747 der Air France tauchte aus dem rosa Dunst auf. 20 Minuten lang kreiste die Maschine und wartete auf die Landeerlaubnis. McIver hörte über das Funkgerät der 212 den Tower ab. »Immer noch Sicherheitsprobleme«, berichtete er den beiden. »Aha – sie haben die Erlaubnis bekommen.«
    »Jetzt geht's los«, murmelte Pettikin.
    Sie sahen zu, wie das Flugzeug zur Landung ansetzte, doch im letzten Augenblick startete der Pilot durch. »Was zum Teufel treibt er?« fragte Genny.
    »Der Pilot sagt, daß er sich die Lage genauer ansehen wolle«, berichtete McIver nach einiger Zeit. »Ich täte es an seiner Stelle auch – um sicherzugehen. Ich hoffe nur, daß die Luftwaffe keinen Blödsinn macht.«
    »Schau!« unterbrach ihn Genny.
    Der Jet setzte jetzt auf. Sofort brauste ihm ein Mercedes entgegen, und als die Nachricht von der Landung zu den Menschen im Abfertigungsgebäude, von dort zu den Barrikaden und von dort auf die Straßen drang, geriet die Menge vor Freude außer sich. Das Gebrüll begann: »Allah-u Akbar. Agha uhmad« – Allah ist groß … der Meister ist zurückgekehrt.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Gangway herangeschoben wurde, die Tür aufging und der alte Mann mit dem strengen Gesicht, dem schwarzen Turban und dem dichten Bart die Treppe herunterkam. Er schritt durch die hastig zusammengetrommelte, aus einigen Mullahs und der iranischen Air-France-Crew bestehende Ehrengarde und wurde von seinen engsten Beratern und den nervösen Flughafenbeamten umringt und rasch in dem Wagen untergebracht, der zum Abfertigungsgebäude fuhr. Hier löste er einen Tumult aus, weil die jubelnden, schreienden, ekstatischen Menschen einander wegdrängten, um in seine Nähe zu gelangen und ihn zu berühren, die Reporter aus der ganzen Welt um die besten Plätze kämpften, Blitzlichter aufflammten, TV-Kameras surrten und alle brüllten. Die hezbollahis und die Polizei versuchten, ihn vor dem Gedränge zu schützen. Genny konnte ihn einen Augenblick lang sehen, ein steinernes Antlitz in dem Wirbel, dann wurde er von der Menge verschlungen. Während dies alles nochmals vor ihrem inneren Auge vorbeizog, trank Genny ihren Wodka-Martini, dabei ließ sie das Radio nicht aus den Augen, als wolle sie erzwingen, daß der Ton wieder einsetzte und die Erinnerung an diesen Tag und Khomeinis Rede auf dem Behescht-Zahra-Friedhof auslöschte; er hatte diesen Ort gewählt, weil so viele Opfer des Blutigen Freitags – er bezeichnete sie als Märtyrer – dort begraben waren.
    Sie wollte auch die TV-Bilder auslöschen, die sie später gesehen hatten: das tobende Meer von Menschen, in das die dahinkriechende Wagenkolonne eingeschlossen war – alle Sicherheitsmaßnahmen waren vergessen – Zehntausende von Männern, Frauen, jungen Leuten, die schrieen, sich durchkämpften, sich vordrängten, um näher an ihn heranzukommen, die auf den Chevy-Lieferwagen kletterten, in dem er saß, und versuchten, ihn zu erreichen, zu berühren. Der Ayatollah saß anscheinend gelassen auf dem Vordersitz und hob nur gelegentlich abwehrend die Hände. Die Menschen kletterten auf die Motorhaube und das Dach, weinten und schrieen, riefen ihm etwas zu, stießen die anderen weg; es war dem Fahrer unmöglich, etwas zu sehen, manchmal bremste er scharf, um die Leute abzuschütteln, manchmal gab er einfach blindlings Gas. Genny wollte vor allem die Erinnerung an einen Jungen in einem braunen Anzug verdrängen, der auf die Motorhaube geklettert war, keinen Halt fand, langsam hinunterfiel und unter die Räder rollte.
    Dutzenden war es wie dem Jungen ergangen. Schließlich hatten sich die hezbollahis einen Weg zu dem Lieferwagen gebahnt und den Hubschrauber herbeibefohlen. Sie erinnerte sich daran, wie der Helikopter rücksichtslos auf die Menge herabstieß, die vor den Flugblättern flüchtete. Überall lagen Leichen, überall lagen Verletzte; scheinbar ungerührt ging der Ayatollah inmitten seines Rudels moslemischer Leibwächter zum Hubschrauber und ließ sich mit unbeweglichem, kaltem Gesicht hineinhelfen. Dann stieg das Flugzeug zum Himmel empor und ließ das endlose » Allah-uuuuu Akbar. Agha uhmad …« hinter sich.
    »Ich brauche noch einen Drink.« Sie stand auf, um ihr Frösteln zu verbergen. »Soll ich dir auch einen mixen, Duncan?«
    »Danke, Gen.«
    Sie ging in die Küche, um Eis zu holen. »Charlie?«
    »Danke, Genny, ich bediene mich selbst.«
    Sie blieb stehen, als der Ton wieder einsetzte. »… China berichtet, daß es an der Grenze

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