Wirbelsturm
und Kinder kampierten, geduldig warteten, schliefen, bettelten, jammerten, schrieen oder sich stoisch ruhig hielten. Keine Flugpläne wurden eingehalten, jedes Flugzeug war zwanzigfach überbelegt, die Computer fielen aus, nur ein paar mürrische Beamte stellten handschriftlich Tickets aus.
In ihrer Verzweiflung charterten manche Gesellschaften ihre eigenen Flugzeuge, um ihre Leute auszufliegen. Die Luftwaffe der Vereinigten Staaten holte die Angehörigen der Militärs heraus, während die Botschaften das Ausmaß der Evakuierung herunterspielten, weil sie den Schah, der ihnen 20 Jahre lang ein treuer Verbündeter gewesen war, nicht in noch größere Schwierigkeiten bringen wollten. Das Chaos wurde durch Tausende von Iranern vergrößert, die fliehen wollten, solange es noch möglich war; allen voran die Skrupellosen und die Reichen. Etliche Beamte wurden dabei rasch reich. Dann aber streikten die Fluglotsen und legten den Flugbetrieb lahm. Zwei Tage lang landete und startete keine Maschine. Die Menge verlief sich zum Teil, der Rest blieb. Dann nahmen einige Lotsen die Arbeit wieder auf, und der Tanz ging von neuem los. Die Leute rasten mit Kindern und Gepäck oder auch ohne Gepäck zum Flughafen, weil ihnen ein Platz zugesichert worden war, und weil es ihn nicht gab, wieder zurück nach Teheran. Sie warteten stundenlang auf ein Taxi, da die meisten Taxifahrer streikten, und wenn sie endlich wieder im Hotel ankamen, war ihr Zimmer längst weitervergeben worden. Alle Banken waren geschlossen, und so gab es kein Geld, um die immer offenen Hände zu schmieren.
Endlich waren alle abreisewilligen Ausländer fort. Diejenigen, die geblieben waren, um den Betrieb in Gang zu halten und die gigantischen Investitionen nicht im Stich zu lassen, verhielten sich ruhig, vor allem wenn sie Amerikaner waren. Khomeini hatte erklärt: »Wenn ein Ausländer fort will, laßt ihn ziehen; der amerikanische Materialismus ist der große Satan.«
McIver preßte den Hörer fester an das Ohr, als die Lautstärke nachließ. »Ja, George, was haben Sie gesagt?«
»Wir sind sicher, daß irgendwann wieder Ordnung eintritt. Auf keinen Fall geht alles in die Binsen. Einer inoffiziellen Quelle zufolge wird bereits darüber verhandelt, daß der Schah zugunsten seines Sohnes Reza abdankt – der Kompromiß, für den die Regierung Ihrer Majestät eintritt. Der Übergang zu einer konstitutionellen Regierung wird vielleicht etwas stürmisch verlaufen, aber es besteht kein Grund zu ernstlicher Sorge. Ich muß jetzt leider Schluß machen. Benachrichtigen Sie mich, was Sie beschlossen haben, und …«
Die Verbindung war unterbrochen. McIver fluchte und erzählte den anderen, was Talbot gesagt hatte.
Genny lächelte honigsüß. »Schau mich nicht an, ich sage immer noch nein. Ich …«
»Aber Talbot hat …«
»Von mir aus können alle anderen abreisen, ich bleibe. Das Essen ist beinahe fertig.« Sie ging in die Küche zurück, schloß die Tür hinter sich und schnitt damit jede weitere Debatte ab.
»Sie reist ab, verdammt noch mal, und dabei bleibt es«, knurrte McIver.
»Sie fährt bestimmt nicht – solange du hierbleibst. Warum reist du nicht ab? Ich kann mich doch ums Geschäft kümmern.«
»Nein. Danke. Aber nein. Ich komme mir vor wie im Krieg. Wie bei der verdammten Verdunkelung. Man hat sich keine Gedanken gemacht, seine Pflicht getan und die Befehle befolgt.« Er versuchte, die Niederlassung in Bandar-Delam zu erreichen und beobachtete dabei Pettikin. »Hast du Stanson gekannt, diesen Amerikaner?«
»Nein. Du?«
»Ja. Ein stinknormaler Bursche, Gebietsmanager bei ExTex. Ich habe ihn zufällig kennengelernt. Angeblich war er bei der CIA, aber das halte ich für ein Gerücht. Doch damit hat Talbot recht: Wir haben verdammtes Glück, daß wir Briten sind. Für die Yankees steht es schlimm. Das ist nicht fair.«
»Ja, aber du deckst unsere Amerikaner ohnehin, so gut du kannst.«
»Hoffentlich reicht das.« Als der Schah das Land verlassen hatte und die Gewalttätigkeiten überall zunahmen, hatte McIver allen Amerikanern britische Ausweise ausstellen lassen. »Die müßten genügen, außer die hezbollahis ,die Polizei oder die SAVAK vergleichen sie mit ihren Fluglizenzen.« Laut iranischem Gesetz mußten alle Ausländer ein gültiges Visum, einen gültigen Personalausweis, in dem ihre Firma angegeben war, und alle Piloten dazu eine für das laufende Jahr gültige Fluglizenz besitzen. Als weitere Sicherheitsmaßnahme hatte McIver
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