Wirbelsturm
Feind, vor allem aber Khomeini, der Sakrilege begeht, wenn er zuläßt, daß man seine Fotografie verehrt, daß seine Anhänger ihn Imam nennen, und weil er Mullahs zwischen uns und Allah stellt – all dies gegen die Lehre des Propheten. »Beeil dich«, schnauzte er, »ich verliere allmählich die Geduld!«
»Ich will diesen Mann haben«, sagte Hussain und streckte die Hand vor.
Zataki sah sich um. Der Mullah deutete auf Starke. »Den Piloten? Warum? Wozu?« fragte er verdutzt.
»Um ihn zu verhören. Ich will ihn verhören.«
»Worüber?«
»Ich will ihn zur Flucht der Offiziere aus Isfahan vernehmen.«
»Was sollte er davon wissen? Als das geschah, war er bei mir, in Bandar-e Delam, Hunderte Meilen von Isfahan entfernt, und hat mitgeholfen, die Revolution gegen die Feinde Allahs zu verteidigen!« Giftig fügte er hinzu: »Überall findet man die Feinde Allahs. Überall. Überall gibt es Sakrilege, überall werden Idole angebetet – ist es nicht so?«
»Ja, ja. Feinde gibt es jede Menge, und Sakrileg ist Sakrileg. Aber er ist ein Hubschrauberpilot, und ein Ungläubiger war der Pilot des Fluchthubschraubers. Er könnte etwas davon wissen. Ich möchte ihn verhören.«
»Nicht, solange ich da bin.«
»Warum? Warum nicht? Warum …«
»Nicht solange ich da bin! Bei Allah, nicht solange ich da bin! Morgen oder übermorgen, wenn es Allah gefällt, aber nicht jetzt.«
In Hussains Gesicht las Zataki, daß der Mullah aufgegeben hatte und keine Gefahr mehr darstellte. »Du wirst in deine Moschee zurück wollen. Es ist schon fast Zeit zum Gebet.« Er kehrte ihm den Rücken zu und ging zum Jeep zurück; er wußte, daß seine Leute ihn decken würden, winkte Zataki und Ayre heran und setzte sich neben den Fahrer. Die Maschinenpistole hielt er im Anschlag, aber nicht so demonstrativ wie zuvor. Einer nach dem anderen kehrten seine Männer zu den Wagen zurück. Sie fuhren los.
Hussain war aschfahl. Seine hezbollahis warteten. Die Leiche zu ihren Füßen war ihnen erschreckend bewußt. Einer zündete sich eine Zigarette an. »Warum hast du sie gehen lassen, Vater?« piepste der Kleine.
»Das habe ich nicht, mein Sohn. Wir haben jetzt wichtigere Dinge zu tun; dann werden wir wiederkommen.«
31
Zagros 3: 12 Uhr 05. Scot Gavallan starrte in den Lauf eines Sten-Maschinengewehrs. Nach dem ersten Flug des Tages zum Bohrturm Rosa, wo er eine Ladung Stahlrohre und Zement abgeliefert hatte, war er soeben mit der 212 gelandet. Kaum hatte er die Motoren abgestellt, waren bewaffnete hezbollahis aus dem Hangar gestürmt und standen nun drohend um die Maschine herum.
Angst befiel ihn, ohne daß er es wollte. Er blickte in die feindseligen schwarzen Augen. »Was wollt ihr?« krächzte er und dann in gebrochenem Persisch: » Cheh karbareh ?«
Eine Flut zorniger unverständlicher Worte waren die Erwiderung des Mannes mit dem Gewehr.
Gavallan nahm seine Kopfhörer ab. »Man zaban-e schoma ra khoob nami danam agha !« schrie er. »Ich verstehe eure Sprache nicht«, und verbiß sich den Ausdruck ›Scheißsprache‹, den er schon auf der Zunge hatte. Noch mehr zornige Worte folgten, und dann sah er Nasiri, den Leiter der Basis der IranOil, der mit zerzaustem Haar und Verletzungen im Gesicht von Revolutionswächtern aus seinem Büro gezerrt und zu der 212 gebracht wurde. Gavallan beugte sich ein wenig aus dem Fenster. »Was zum Teufel ist da los?«
»Sie … sie wollen Sie aus dem Heli raus haben, Captain«, rief Nasiri zurück. »Sie … Bitte, beeilen Sie sich!«
Die Rotorblätter wurden rasch langsamer. Gavallan schnallte sich los und stieg aus. Sofort wurde er zur Seite gedrängt, erregt schreiende Männer drückten die Tür zum Cockpit weiter auf und guckten hinein, während andere den Einstieg aufzogen und an Bord kletterten. »Was ist denn mit Ihnen passiert, Agha?« fragte Gavallan Nasiri.
»Das neue Komitee hat einen Fehler gemacht«, antwortete Nasiri, bemüht, seine Würde zu wahren. »Sie dachten, ich wäre ein Anhänger des Schahs gewesen und nicht ein Mann der Revolution und des Imam.«
»Wer sind diese Leute? Die kommen doch nicht aus Yazdik.«
Aber noch bevor Nasiri antworten konnte, drängte sich der hezbollahi mit dem Sten-Maschinengewehr durch den Haufen hindurch. »In Büro! Jetzt!« radebrechte er auf Englisch, streckte den Arm aus und packte Scot am Ärmel seiner Fliegerjacke, um ihn zur Eile anzutreiben. Automatisch riß Gavallan seinen Arm zur Seite. Ein Gewehrlauf bohrte sich in seinen Rücken.
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