Wirbelsturm
geschnappt?« fragte Lochart.
»Routine.« McIver seufzte. »Ich weiß, es ist eine riskante Angelegenheit, aber es könnte klappen. Möglicherweise erinnern sie sich nur an den ›Amerikaner von der CIA‹, und weiter an nichts. Laß dir für alle Fälle einen Schnurrbart wachsen oder einen Bart!«
Lochart schüttelte den Kopf. »Das bringt nichts. Mein Name steht auf der ursprünglichen Starterlaubnis. Meiner und deiner, das ist der Haken.«
»Als du von Doschan Tappeh gestartet bist, wer hat dich verabschiedet?«
Lochart überlegte kurz. »Niemand. Ich glaube, es war Nogger, der am Tag zuvor das Auftanken überwacht hatte. Er …«
»Das stimmt. Ich erinnere mich jetzt. Er hat noch gemeckert und gesagt, ich gäbe ihm zuviel Arbeit, wo doch seine Paula in der Stadt sei. War irgendwelches iranisches Personal dabei? Wachtposten? Hast du jemandem ein Trinkgeld gegeben?«
»Nein, es war niemand dabei.« Lochart steckte den Kopf aus dem Fenster. Seine Erregung nahm zu, und er deutete hinaus: »Da ist die Abzweigung!« McIver bog in eine enge Straße ein, die nur zwei Fahrspuren hatte. Hohe Mauern auf beiden Seiten, Schneehaufen, Türen und Tore. McIver, der noch nie hier gewesen war, wunderte sich, daß ein so reicher Mann wie Bakravan in einer offensichtlich so armen Gegend wohnte. So reich, dachte er, und jetzt ist er tot wegen ›Verbrechen gegen den Staat‹. Was ist eigentlich ein Verbrechen gegen den Staat? Es schauderte ihn.
»Das ist das Tor, da links!«
Sie blieben stehen. Ein unauffälliger Torbogen war in die hohe, modrige Mauer eingelassen, die Tür mit Eisen beschlagen, das Eisen rostig.
»Komm mit rein, Mac!«
»Ich warte hier eine kleine Weile. Wenn alles in Ordnung ist, fahre ich zurück. Ich bin geschlaucht.« Es gibt nur eine Lösung, dachte McIver, streckte den Arm aus und hielt Lochart am Arm fest. »Wir haben die Bewilligung, drei 212 auszufliegen. Du nimmst eine. Morgen. Zum Teufel mit Zagros, Jean-Luc schafft das leicht. Ich weiß natürlich nicht, ob sie Scharazad gehen lassen werden, aber du mußt hier raus, und so schnell du kannst. Es gibt keine andere Möglichkeit. Scharazad setzen wir in den nächsten Pendler.«
»Und was ist mir dir, Mac?«
»Mit mir? Was soll schon sein? Du mußt raus – und wenn sie sie gehen lassen, nimm Scharazad mit! Alles klar?«
Lochart sah ihn an. »Laß mich darüber nachdenken, Mac. Und vielen Dank! Ich komme gleich nach Tagesanbruch – laß Jean-Luc nicht eher abfliegen. Wir können uns dann entscheiden. Okay?«
»Ja.« McIver sah vom Auto aus zu, wie sein Freund den altmodischen Klopfer betätigte. Die zwei Männer warteten. Lochart war ganz übel vor Sorge. Er bereitete sich auf die trauernde Familie vor, auf die Tränen und die Fragen. Er würde höflich sein müssen, obwohl er nichts anderes im Sinn hatte, als mit Scharazad in ihre eigenen vier Wände zu fliehen, sie in die Arme zu nehmen und festzuhalten und alle Alpträume zu vergessen. Er stand vor der Tür und wartete, klopfte noch einmal, diesmal lauter. Und wartete wieder. McIver schaltete den Motor ab, um Benzin zu sparen, aber die Stille machte das Warten noch schlimmer. Schneeflocken blieben auf der Windschutzscheibe haften.
Da näherten sich gedämpfte Schritte, und das vergitterte Guckloch öffnete sich einen Spalt. Die Augen, die Lochart anblickten, waren kalt und hart, und er konnte den kleinen Teil des Gesichtes, den er sah, nicht erkennen.
»Ich bin es, Exzellenz Lochart«, begann er auf Persisch. »Meine Gemahlin Scharazad ist hier.«
»Bitte warten Sie, Agha!«
Wieder mußte er warten. Er bewegte sich ungeduldig, um sich gegen die Kälte zu wehren. Er hätte die Tür einschlagen wollen und wußte, daß er das nicht konnte. Endlich wieder Schritte. Wieder öffnete sich das Guckloch. Ein anderes Gesicht, andere Augen. »Wie heißen Sie, Agha?«
Lochart hätte den Mann anbrüllen mögen, aber er beherrschte sich. »Mein Name ist Exzellenz Captain Tom Lochart, ich bin der Gemahl von Scharazad. Öffnen Sie die Tür! Es ist kalt. Ich bin müde und da, um nach meiner Frau zu sehen.«
Schweigend schloß sich das Guckloch. Nach einem Augenblick quälenden Wartens hörte er zu seiner Erleichterung, wie die Riegel zurückgeschoben wurden. Die Tür öffnete sich. Der Diener hielt eine Öllampe hoch. Hinter ihm sah Lochart den von einer hohen Mauer umgebenen Hof mit einem prächtigen Springbrunnen in der Mitte. Die Bäume und Pflanzen waren gegen die Kälte geschützt. Am anderen
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