Wirbelsturm
Vorsitz führt oder ein anderer …«
»Aber ich weiß jetzt genau, daß das Komitee von Khomeini mit einem Höchstmaß an Macht ausgestattet wurde, und daß Bazargan eine kurzfristige Galionsfigur darstellt und nur so lange im Amt bleiben wird, bis das Komitee die neue islamische Verfassung promulgiert hat, die uns alle in die Zeit des Propheten zurückwerfen wird.«
»Verdammt!« knurrte Armstrong. »Keine gewählte Regierung?«
»Nein!« stieß Haschemi wütend hervor.
»Vielleicht wird diese Verfassung abgelehnt. Das Volk muß doch dafür stimmen, und nicht alle sind so fanatisch …«
»Mach dir doch nichts vor, Robert!« fuhr der Oberst ihn an. »Die große Mehrheit der Bevölkerung besteht aus Fundamentalisten, und Bewußtsein, das zu sein, ist auch schon alles, was diese Leute haben. Unsere Bourgeois, die Reichen und die Mittelklasse, das sind Teheraner, Bürger von Täbris, Abadan, Isfahan – alle vom Schah gefördert und nur eine Handvoll im Vergleich zu den anderen 36 Millionen Iranern, von denen die meisten weder lesen noch schreiben können. Natürlich werden sie für alles stimmen, was Khomeini gutheißt. Und wir beide wissen, wie er den Islam, den Koran und die Scharia sieht.«
»Wann … wann werden sie die neue Verfassung proklamieren?«
»Verstehst du uns Iraner immer noch nicht nach so langer Zeit? Die neue Verfassung trat in dem Augenblick in Kraft, als dieser arme Hund Bachtiar von Carter und von den Generälen fallengelassen wurde und fliehen mußte. Was Bazargan angeht, diesen frommen, rechtschaffenen, anständigen und demokratisch gesinnten, von Khomeini ernannten Ministerpräsidenten – der arme Kerl ist nur ein Gimpel und wird für alles und jedes geradestehen müssen, was zwischen jetzt und dann schiefgeht.«
»Du meinst, er wird der Sündenbock sein? Wird man ihm den Prozeß machen?«
»Prozeß? Was für einen Prozeß? Habe ich dir nicht schon mal erklärt, was das Komitee unter einem Prozeß versteht? Wenn er angeklagt wird, wird er auch erschossen. Inscha'Allah. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit hat man mir heute nachmittag mitgeteilt, daß die SAVAK heimlich umorganisiert wurde; sie wird in Zukunft SAVAMA heißen – und Abrim Pahmudi wurde zum Chef bestellt!«
»Allmächtiger Gott!« Armstrong war, als hätte er einen Schlag in die Magengrube erhalten. Abrim Pahmudi war einer der drei besten Freunde des Schahs gewesen und hatte im Iran und später in der Schweiz mit ihm zusammen studiert. Unter Schah Mohammed hatte er eine hohe Stellung bekleidet und war in der SAVAK zum Stellvertretenden Kommandeur avanciert. Wie es hieß, hielt er sich jetzt irgendwo versteckt und wartete auf eine Gelegenheit, im Namen des Schahs mit der Regierung Bazargan über die Möglichkeit zu verhandeln, eine konstitutionelle Monarchie zu errichten. Der Schah hatte sich für diesen Fall bereit erklärt, zugunsten seines Sohnes Reza abzudanken. »Du lieber Himmel! Das erklärt natürlich vieles.«
»Genau«, sagte Haschemi bitter. »Jahrelang hat dieser Bastard an fast jeder militärischen oder politischen Sitzung teilgenommen, an jeder Zusammenkunft mit Staatsoberhäuptern und gerade in den letzten Tagen an allen Besprechungen mit dem amerikanischen Botschafter und amerikanischen Generälen.« Er war so zornig, daß ihm Tränen über die Wangen liefen. »Alles ist verraten: der Schah, die Revolution, das Volk, du, ich, alle. Wie oft haben wir beide ihm in den vergangenen Jahren Bericht erstattet? Einschließlich Namenslisten, Kontonummern, Liebesverhältnissen, die nur wir entdecken und kennen konnten. Und alles schriftlich. Wir sind verraten!«
Armstrong lief es kalt über den Rücken. Natürlich wußte Pahmudi von seiner Zugehörigkeit zum Inneren Sicherheitsrat. Pahmudi mußte alles wissen, was von Belang war: von George Talbot, von Masterton, seinem Gegenspieler in der CIA, von Lawenow, seinem sowjetischen Gegenspieler, von allen militärischen Notstandsplanungen und von jenen Operationen zur Neutralisierung der streng geheimen Radarstationen der CIA.
»Verdammte Scheiße«, murmelte er und ärgerte sich, daß ihre eigenen Informationsquellen sie nicht gewarnt hatten. Dieser stets zuvorkommende, intelligente, diskrete und drei Sprachen sprechende Pahmudi! In all den Jahren hatte es nie auch nur den leisesten Verdacht gegen ihn gegeben.
Niemals. Wie hatte er das nur geschafft, zumal doch der Schah seine höchsten Beamten immer wieder überprüfen ließ? Völlig zu Recht, dachte
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