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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Flasche an.
    Sie trank dankbar, vermied es aber, ihn anzusehen. Gueng räusperte sich, und Ross erriet, was in seinem Kopf vorging. »Hättest du etwas dagegen, wenn wir die Kerze löschen, Azadeh? Wir könnten den Vorhang zurückziehen und besser hören und Ausschau halten. Ich habe eine Taschenlampe, wenn wir Licht brauchen.«
    »Ja, ja … natürlich. Ich … nur einen Augenblick noch, entschuldige …« Auf dem Sims stand ein Spiegel, den er nicht bemerkt hatte. Sie hob ihn auf, betrachtete sich und verabscheute, was sie sah: die geschwollenen Augen und die Schweißspuren. Hastig wischte sie ein paar Schmutzflecke ab, nahm den Kamm und machte sich zurecht, so gut sie konnte. Ein letzter Blick in den Spiegel, und sie blies die Kerze aus. »Entschuldige«, wiederholte sie.
    Gueng schob den Vorhang zurück und trat aus der Höhle. In der Stadt hörten sie Geschützfeuer. Unten, hinter der einzigen Rollbahn des Flughafens und rechts davon brannten einige Häuser. Nur wenige Lichter waren zu sehen. Der Palast lag immer noch dunkel und ruhig da. Gueng konnte keine Gefahr ausmachen. Er kam zurück und berichtete Ross, was er gesehen hatte. »Es ist sicherer, wenn ich draußen warte, Sahib. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    »Ja.« Ross hörte das Unbehagen in seiner Stimme, äußerte sich aber nicht dazu. Er kannte den Grund. »Bist du okay, Azadeh?« fragte er leise.
    »Ja, ich bin schon wieder in Ordnung. Im Dunkel ist es besser. Tut mir leid, ich habe ja zum Fürchten ausgesehen.«
    »Was ist eigentlich los? Wo ist dein Mann?«
    »Kurz nachdem du gestern abend gegangen warst, kam Cimtarga mit einem Wächter und teilte Erikki mit, er müsse sich sofort anziehen. Es tue ihm leid, sagte er, aber sie hätten ihre Pläne geändert und müßten sofort aufbrechen. Und ich, ich sollte zu meinem Vater kommen – sofort. Bevor ich dann sein Zimmer betrat, hörte ich, wie er befahl, euch beide gleich nach Tagesanbruch gefangenzunehmen und zu entwaffnen.« Ihre Stimme stockte. »Er wollte euch zu sich rufen, um mit euch über eure Abreise zu sprechen; in Wirklichkeit solltet ihr in der Nähe der Wirtschaftsgebäude gefesselt, in einen Lastwagen verladen und sogleich nach Norden geschickt werden.«
    »Nach Norden?«
    »Ja, nach Tiflis.« Nervös fuhr sie fort. »Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich sah keine Möglichkeit, euch zu warnen – ich werde genauso streng bewacht wie ihr. Mein Vater sagte mir, Erikki würde ein paar Tage ausbleiben, er selbst aber heute eine Geschäftsreise nach Tiflis antreten, und dorthin sollte ich … ihn begleiten. Wir würden zwei oder drei Tage wegbleiben, und dann sei auch Erikki von seiner Arbeit zurück, und wir könnten beide nach Teheran zurückkehren.« Sie konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. »Ich habe solche Angst. Ich habe solche Angst, daß Erikki etwas zugestoßen sein könnte.«
    »Erikki wird nichts passieren«, beruhigte er sie, begriff jedoch nicht, was es mit der Reise nach Tiflis auf sich haben sollte. Was hatte der Khan vor? »Vertraue Abdullah dein Leben an, und glaube die Lügen nicht, die man über ihn verbreitet«, hatte Vien ihm eingeschärft. Hier aber stand Azadeh und sagte genau das Gegenteil. Er wünschte, sie hätte ihm das alles früher erzählt, auf der anderen Seite der Mauer oder in der Hütte. Er wurde immer nervöser. Dieser Wächter! »Azadeh, der Wächter – weißt du, was mit ihm passiert ist?«
    »O ja … ich habe ihn bestochen. Er sollte sich für eine halbe Stunde entfernen … Es war die einzige Möglichkeit, euch zu warnen …«
    »Kannst du ihm vertrauen?«
    »Ja. Ali ist … seit vielen Jahren bei uns. Ich kenne ihn, seitdem ich sieben war, und ich habe ihm etwas Schmuck gegeben … genug für ihn und seine Familie … auf Jahre hinaus. Aber Erikki … ich mache mir solche Sorgen …«
    »Dazu hast du doch keinen Grund, Azadeh. Hat Erikki nicht selbst gesagt, er müsse zur türkischen Grenze hinauf?« Er wollte ihr Mut machen und sie zur Rückkehr bewegen. »Ich kann dir gar nicht genug danken, daß du uns gewarnt hast. Aber jetzt müssen wir dich zurück …«
    »Nein, nein, das kann ich nicht«, stieß sie hervor. »Verstehst du denn nicht? Vater bringt mich nach Norden … Vater haßt mich, er übergibt mich Mzytryk, das weiß ich genau …«
    »Aber was ist mit Erikki?« fragte er betroffen. »Du kannst doch nicht einfach davonlaufen.«
    »Das muß ich, Johnny. Das muß ich. Ich kann nicht warten, und ich will

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