Wirbelsturm
erkannte, daß es sich bei dem Mann um einen Mullah handelte, wurde er sofort ehrerbietig. »Ich bin – ich bin der Leiter des Stützpunkts, Exzellenz. Was ist geschehen, bitte, was kann ich für Sie tun?«
»Der Hubschrauber. Ich will im Morgengrauen mit ihm zu den Lagern fliegen.«
»Ich bedaure, Exzellenz, aber die Maschine ist zur Überholung auseinandergenommen. Die Fremden …«
Azadeh unterbrach ihn zornig und wandte sich an den Mullah: »Mit welchem Recht wagst du, mitten in der Nacht hierher zu kommen?«
»Imam Khomeini hat es befohlen.«
»Imam?« wiederholte sie empört. »Mit welchem Recht bezeichnest du Ayatollah Khomeini mit diesem Titel?«
»Er ist Imam, und er hat befohlen.«
»Wo steht im Koran oder in der Scharia geschrieben, daß ein Ayatollah sich als Imam bezeichnen und den Gläubigen Befehle erteilen kann?«
»Bist du denn keine Schiitin?« fragte der Mullah verärgert, weil er genau wußte, daß seine Gefolgsleute zuhörten.
»Ja, ich bin Schiitin, aber kein ungebildeter Dummkopf, Mullah!« Sie sprach den Titel aus, als wäre er ein Schimpfwort. »Antworte!«
»Bitte, Gnädigste«, mischte sich Dayati flehentlich ein. »Bitte, überlassen Sie das mir, bitte!«
Doch sie begann zu toben, der Mullah tobte ebenfalls, die anderen mischten sich ein. Die Stimmung wurde immer gefährlicher, bis Erikki die Axt hob und wütend etwas schrie, weil er nicht verstand, was gesprochen wurde. Plötzlich trat Stille ein, einer der Männer entsicherte seine Maschinenpistole.
»Was will der Mullah, Azadeh?« fragte Erikki.
Sie erklärte es ihm.
»Dayati, sagen Sie ihm, daß er meine 212 nicht bekommen kann und daß er jetzt von meinem Grund und Boden verschwinden soll, sonst hole ich die Polizei.«
»Bitte, Captain, bitte gestatten Sie mir, daß ich mich mit der Angelegenheit befasse«, flehte der vor Angst schwitzende Dayati, bevor Azadeh ihn unterbrechen konnte. »Bitte, Gnädigste, bitte gehen Sie jetzt.« Dann wandte er sich an die beiden Mechaniker. »Es ist schon in Ordnung, Sie können wieder schlafen gehen. Ich erledige das.«
Erst jetzt bemerkte Erikki, daß Azadeh barfuß war. Er hob sie hoch. »Dayati, bringen Sie diesem Schnüffler und seinen Freunden bei, daß ich ihnen den Kragen umdrehe, wenn sie noch einmal hier aufkreuzen, und wenn einer von ihnen meiner Frau auch nur ein Haar krümmt, verfolge ich ihn notfalls bis in die Hölle.« Er ging zornentbrannt voraus, und die beiden Mechaniker folgten ihm.
Eine Stimme, der Mann sprach russisch, ließ ihn stehenbleiben. »Könnte ich anschließend kurz mit Ihnen sprechen, Captain Yokkonen?«
Erikki drehte sich um. Azadeh, die er noch immer in den Armen hielt, erstarrte. Der Mann hielt sich im Hintergrund und war schwer auszumachen. Er unterschied sich in seinem unauffälligen Parka kaum von den anderen. »Ja«, antwortete Erikki auf Russisch, »aber bringen Sie kein Gewehr oder Messer in mein Haus mit!« Damit marschierte er ab.
Der Mullah trat mit eiskaltem Blick zu Dayati. »Was hat der fremde Teufel gesagt?«
»Er war unhöflich. Alle Fremden sind unhöflich, die Gnädig… die Frau war ebenfalls unhöflich.«
Der Mullah spuckte in den Schnee. »Der Prophet hat für solch ein Benehmen Gesetze und Strafen erlassen. Das Volk ist durch Gesetze vor ererbtem Reichtum und Landdiebstahl geschützt. Das Land gehört dem Volk. Bald werden die rechten Gesetze und Strafen gelten, und der Iran wird endlich Frieden finden.«
Er wandte sich an die anderen. »Nackt im Schnee! Verletzt alle Gesetze des Anstands und stellt sich öffentlich zur Schau, diese Hure! Was sind denn die Gorgons außer Speichellecker des verräterischen Schahs und seines Hundes Bachtiar?« Er blitzte wieder Dayati an. »Was für Lügen verbreitest du über den Hubschrauber?«
Dayati versuchte, seine Angst zu verbergen, während er erklärte, daß die Überprüfung nach 1.500 Flugstunden den ausländischen Vorschriften entspreche und außerdem vom Schah und der Regierung angeordnet worden sei. »Der ungesetzlichen Regierung«, unterbrach ihn der Mullah.
»Natürlich, natürlich ungesetzlich.« Dayati führte sie nervös in den Hangar und schaltete das Licht ein – die Basis besaß einen eigenen Generator. Die Motorteile der 212 waren ordentlich, Stück für Stück, der Reihe nach ausgelegt. »Ich habe nichts damit zu tun, Exzellenz, die Fremden tun, was sie wollen, und obwohl wir alle wissen, daß die Zellstoffabrik dem Volk gehört, hat der Schah das ganze Geld
Weitere Kostenlose Bücher