Wirbelsturm
haben und Iraner sein – womöglich ein Ayatollah – oder tun, was man dir befiehlt.‹ Ich gebe zu, der Bastard wollte uns nicht verhöhnen, aber sehr unglücklich über unsere mißliche Lage scheint er auch nicht gewesen zu sein.« Gavallan war der Verzweiflung nahe. So viele Fragen und Antworten, alles gefährdet hier und daheim. Noch eine Woche Zeit bis zum Tag des Jüngsten Gerichts? Gott sei Dank, daß Scot … Der arme Effer … Bedrückt blickte er durch das Fenster und sah, daß sie sich dem Frachthof näherten. »Halt einen Augenblick an, Mac! Hier können wir in Ruhe reden. Wie geht es dir denn sonst? Ich meine, gesundheitlich?«
»Gut, gut, wenn ich nur diesen Husten los wäre. Und sonst … Angst habe ich, das ist alles.« McIvers Eingeständnis wirkte wie ein Schock auf Gavallan. »Ich gerate außer Kontrolle. Einen Mann habe ich schon verloren. Die Sache mit der HBC hängt immer noch über unseren Köpfen, Erikki ist in Gefahr, wir sind alle in Gefahr, die S-G und alles, wofür wir gearbeitet haben.« Er spielte mit dem Lenkrad. »Wie geht es Gen?«
»Ja, ja, sehr gut«, antwortete Gavallan. »Ich habe einen Brief für dich, sie hat mit Hamish und Sarah gesprochen, der kleine Angus hat seinen ersten Zahn bekommen. Daheim sind alle gesund, und ich habe eine Flasche Loch Vay in meiner Aktentasche; sie hat sie mir mitgegeben. Sie wollte sich an Johnny Hogg vorbeimogeln – als blinder Passagier auf der Toilette der 125 –, obwohl ich ihr gesagt hatte, es tue mir leid, aber es gehe nicht.« Zum erstenmal sah er die Spur eines Lächelns um McIvers Lippen spielen.
»Gen kann sehr bockig sein, keine Frage. Ich bin froh, daß sie dort und nicht da ist. Danke, Andy.«
»Nichts zu danken.« Gavallan überlegte kurz. »Warum nimmt Jean-Luc die 212 und warum nicht Tom Lochart? Wäre es nicht besser, ihn draußen zu haben?«
»Natürlich, aber ohne Scharazad will er den Iran nicht verlassen … Und da gibt's auch noch ein anderes Problem.« Die Musik auf dem Tonband verstummte, und er drehte die Kassette um. »Ich kann sie nicht finden. Tom macht sich Sorgen um sie und bat mich, in dem Haus in der Nähe des Basars nach ihr zu sehen. Das tat ich, aber es kam niemand zur Tür. Tom meint, sie hätte sich an der Frauen-Demo beteiligt.«
»Auweh! Die BBC hat über Krawalle und Verhaftungen berichtet. Glaubst du, sie ist im Gefängnis?«
»Ich hoffe nicht.« Zerstreut wischte McIver die Windschutzscheibe ab. »Was willst du jetzt tun? Warten, bis der Vogel zurückkommt?«
»Nein. Fahren wir in die Stadt! Bleibt uns genug Zeit?« Gavallan warf einen Blick auf die Uhr. Es war 12 Uhr 25.
»Aber natürlich. Wenn wir jetzt losfahren, bleibt uns reichlich Zeit.«
»Fein. Ich möchte mit Azadeh und Nogger und diesem Ross sprechen. Und vor allen Dingen mit Talbot. Wir könnten bei Scharazad vorbeifahren. Vielleicht ist sie inzwischen zurückgekommen.«
»Eine gute Idee. Ich bin froh, daß du da bist, Andy. Sehr froh.« Er legte den Gang ein, die Räder schleuderten leicht.
»Ich auch, Mac. Um die Wahrheit zu sagen: Ich war noch nie so deprimiert.«
McIver hustete und räusperte sich. »Schlechte Nachrichten von daheim?«
»Ja.« Mit dem Rücken seines Handschuhs wischte Gavallan den Beschlag vom Fenster. »Für Montag ist eine Sondersitzung des Aufsichtsrates von Struan's angesetzt. Man wird mir peinliche Fragen in bezug auf den Iran stellen.«
»Wird Linbar da sein?«
»Ja. Bevor er abtritt, wird er Noble House kaputtgemacht haben. Ein Wahnsinn, nach Südamerika zu expandieren, jetzt, wo eine Öffnung Chinas unmittelbar bevorsteht.«
McIver runzelte die Stirn, enthielt sich aber eines Kommentars. Seit Jahren wußte er von der Rivalität und dem Haß zwischen den beiden Männern, den Umständen von David MacStruans Tod und der Überraschung, mit der man in Hongkong Linbars Aufstieg zur Konzernspitze aufgenommen hatte. Er hatte immer noch viele Freunde in der Kolonie, die ihm regelmäßig Zeitungsausschnitte schickten und ihn über den letzten Klatsch auf dem laufenden hielten, soweit er Noble House und dessen Konkurrenten betraf. Mit Gavallan sprach er nie darüber.
»Tut mir leid, Mac«, hatte Gavallan seinerzeit gebrummt. »Ich will über diese Dinge nicht reden, und auch nicht über Ian, Linbar oder Quillan oder sonst jemanden, der mit Struan's in Verbindung steht. Offiziell habe ich mit Noble House nichts mehr zu tun. Dabei wollen wir es belassen.«
Was nur recht und billig ist, hatte McIver
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