Wirbelsturm
fixierte ihn. »Ich muß über ihn entscheiden, Ahmed. Rasch.«
»Jawohl, Hoheit«, erwiderte sein Ratgeber. Die nächsten Worte wählte er mit Bedacht. »Sie haben zwei Söhne: Hakim und den Kleinen. Sollte Hakim sterben oder … das Augenlicht verlieren … oder … zum Krüppel werden, dann wird Mahmud, der Gemahl Ihrer Hoheit Najoud, Regent.«
»Dieser Dummkopf? Innerhalb eines Jahres wären unser Besitz und unsere Macht dahin.« Rote Flecken erschienen auf dem Gesicht des Khan, und es fiel ihm immer schwerer, klar zu denken. »Gib mir noch eine Tablette.« Ahmed gehorchte und gab ihm auch noch etwas Wasser zu trinken. »Sie sind in Allahs Hand und werden genesen. Sorgen Sie sich nicht.«
»Sorgen Sie sich nicht«, wiederholte der Khan spöttisch. Die Brust schmerzte ihn. »Es war Allahs Wille, daß der Mullah rechtzeitig starb … Seltsam. Pjotr Oleg hat sich an unsere Abmachung gehalten … obwohl er … der Mullah ist zu schnell gestorben.«
»Ja, Hoheit.«
Nach einer kleinen Weile ließ der Krampf nach. »Was … was rätst du mir … in bezug auf Hakim?«
Ahmed tat, als dächte er kurz nach. »Ihr Sohn Hakim ist ein guter Moslem. Man könnte ihn schulen. Er hat Ihre Interessen in Khoy gut wahrgenommen und ist nicht geflohen, wie er es vielleicht hätte tun können. Er ist kein gewalttätiger Mann – außer wenn er glaubt, seine Schwester beschützen zu müssen. Und das ist sehr wichtig, denn darin liegt der Schlüssel zu seinem Charakter.« Er trat näher an Abdullah heran und flüsterte: »Setzen Sie ihn zu Ihrem Erben ein.«
»Niemals!«
»Unter der Bedingung, daß er vor Allah schwört, über seinen jüngeren Bruder zu wachen, wie er über seine Schwester wachen würde; vorausgesetzt ferner, daß seine Schwester sogleich aus freiem Willen nach Täbris zurückkehrt. In Wahrheit haben Sie ja gar keine Beweise gegen ihn, Hoheit – nur bloßes Gerede. Betrauen Sie mich damit, die Wahrheit über ihn und sie herauszufinden – und Ihnen im geheimen zu berichten.«
Obwohl ihn die Konzentration seine letzten Kräfte kostete, hörte der Khan aufmerksam zu. »Aha! Der Bruder soll der Köder sein, um die Schwester in die Falle zu locken – so wie sie der Köder war, mit dem wir ihren Gatten in die Falle gelockt haben.«
»So wie sie beide Köder füreinander sind! Ja, Hoheit, natürlich haben Sie schon vor mir daran gedacht! Als Gegenleistung dafür, daß Sie dem Bruder Ihre Gunst schenken, soll sie vor Allah schwören, hier zu bleiben und ihm beizustehen.«
»Das wird sie tun, o ja, das macht sie!«
»Dann sind sie beide in Ihrer Reichweite, und Sie können nach Belieben mit ihnen spielen, schalten und walten – ob sie nun schuldig sind oder nicht.«
»Sie sind schuldig!«
»Wenn sie schuldig sind – und das werde ich bald herausgefunden haben, wenn Sie mich mit einer Untersuchung betrauen –, dann ist es Allahs Wille, daß sie langsam sterben, daß Sie Fazulias Gatten zu Ihrem Nachfolger einsetzen – obwohl der auch nicht viel besser ist als Mahmud. Sind sie unschuldig, soll Hakim sein Erbe behalten, vorausgesetzt, sie bleibt. Und wenn es Allahs Wille ist, daß sie Witwe wird, würde sie sich sogar dem Gatten vermählen, den Sie dazu bestimmen, Hoheit. Sogar dem Russen, sollte er aus der Falle entkommen, nicht wahr?«
Zum erstenmal an diesem Tag lächelte der Khan. Als Armstrong und Oberst Haschemi Fazir heute morgen gekommen waren, um sich Pjotr Oleg Mzytryks zu bemächtigen, waren sie angeblich um Abdullahs Gesundheit sehr besorgt gewesen, so wie auch er vorgegeben hatte, kränker zu sein, als er sich zu diesem Zeitpunkt fühlte. »Oleg Pjotr kommt heute an«, teilte er ihnen mit schwacher Stimme mit. »Ich bat ihn, hierher zu kommen – wegen meines … weil ich krank bin. Bei Sonnenuntergang sollte er an der Grenze sein. Bei Julfa. Wenn Sie sich gleich auf den Weg machen, haben Sie reichlich Zeit. Er kommt mit einem kleinen sowjetischen Kampfhubschrauber über die Grenze und landet bei einer Abzweigung der Straße Julfa–Täbris; dort erwartet ihn sein Wagen. Sie können die Abzweigung nicht verfehlen, es ist die einzige. Wie Sie ihn schnappen, ist Ihre Sache … und da ich nicht dabei sein kann, werden Sie mir ein Tonband von seiner Vernehmung überlassen, nicht wahr?«
»Jawohl, Hoheit«, erwiderte Haschemi. »Was würden Sie uns raten, wie sollen wir ihn schnappen?«
»Sie sperren die Straße auf beiden Seiten der Abzweigung mit ein paar alten, schwer beladenen
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