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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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hat uns, damit wir uns erholen, auf einen Kaffee eingeladen«, antwortete Jari. Sie hatte schreckliche Angst, bei ihrer Lüge ertappt zu werden, fürchtete aber noch mehr, zu erzählen, was wirklich geschehen war. Allah schütze uns, betete sie. Wo war das Prinzeßchen bloß hingegangen?
    »Wie hieß der Mann, Jari?«
    »Ich weiß es nicht, Exzellenz … Ischmael vielleicht oder Ibrahim, ich weiß es nicht, aber wie ich schon sagte, er war nicht wichtig.«
    Lochart wußte nicht mehr weiter. Keine Spur. Nichts. Wo konnte sie hingegangen sein? Zu einer Freundin? Zur Universität? Hatte es am Markt nicht Gerüchte gegeben, daß die Studenten heute abend neuerlich demonstrieren, Linke gegen hezbollahis kämpfen würden? »Du mußt doch eine Ahnung haben, Jari, eine Ahnung, wie du uns helfen kannst!« fragte Zarah.
    »Laß sie auspeitschen, dann wird ihr schon etwas einfallen!« krächzte Meschang, der sich allmählich wieder erholte.
    »Ich weiß nichts, ich weiß nichts!« jammerte Jari.
    »Sei still, Jari!« Leichenblaß und zu allem entschlossen, stellte sich Lochart vor Meschang hin. »Ich weiß nicht, wo sie hin ist, aber ich weiß, warum sie fort ist; du hast sie zur Scheidung gezwungen, und ich schwöre bei Gott, wenn sie zu Schaden kommt, wirst du dafür bezahlen!«
    »Du hast sie verlassen!« sagte Meschang anklagend. »Ohne einen Rial zurückzulassen, und du bist geschieden und du …«
    »Vergiß nicht, du wirst dafür bezahlen. Und wenn du mich daran hinderst, dieses Haus zu betreten, wenn ich zurückkomme oder sie zurückkommt, wirst du auch dafür die Verantwortung tragen!« Er ging wieder auf die Balkontür zu.
    »Was willst du tun?« fragte Zarah.
    »Ich weiß es nicht. Ich … zur Universität. Vielleicht nimmt sie an der Demo teil, obwohl ich mir nicht vorstellen kann.« Er brachte es nicht über sich auszusprechen, was er wirklich fürchtete: daß der überstarke Aufruhr in ihrem Inneren ihren Geist verwirrt hatte und sie sich das Leben nehmen wollte. Nein, kein Selbstmord, wie oft hatte sie in der Vergangenheit zu ihm gesagt: »Mach dir keine Sorgen um mich, Tommy, ich bin eine Rechtgläubige. Ich werde mich immer bemühen, Allahs Werk zu tun, und wenn ich mit dem Namen Allahs auf den Lippen sterbe, komme ich ins Paradies.«
    Und unser Kind? Eine Mutter, eine Frau wie Scharazad würde das, konnte das doch nicht tun, oder? Es war sehr still im Raum. Eine Ewigkeit lang stand er da. Dann, ganz plötzlich, gab er seinem Leben eine andere Wendung. Mit sonderbar klarer Stimme verkündete er: »Legt Zeugnis für mich ab! Ich erkläre, daß es keinen anderen Gott gibt als Allah und daß Mohammed sein Prophet ist … Ich erkläre, daß es keinen anderen Gott gibt als Allah und daß Mohammed sein Prophet ist …« Und ein drittes und letztes Mal. Nun war es getan. Er hatte seinen Frieden gefunden. Er sah, wie sie ihn anstarrten.
    Meschang brach das Schweigen. Sein Zorn war verflogen. »Allah-u Akbar! Willkommen. Aber es genügt nicht, die Schahada zu sprechen, nicht nur!«
    »Ich weiß. Aber es ist der Anfang.«
    Vor ihren Augen verschwand er in der Nacht. Sie hatten miterlebt, wie eine Seele gerettet, ein Ungläubiger ganz unerwartet in einen Gläubigen verwandelt worden war. Sie alle empfanden Freude – in unterschiedlichem Ausmaß. Allah ist groß!
    »Meschang«, murmelte Zarah, »ändert das nicht alles?«
    »Ja und nein, aber jetzt wird er ins Paradies eingehen. Wie es Allah gefällt.« Er fühlte sich plötzlich sehr müde. »Komm, Zarah, wir dürfen unsere Gäste nicht vergessen!«
    »Und Scharazad?«
    »Wie es Allah gefällt.«
    Vor der Universität: 21 Uhr 48. Scharazad bog in die Hauptstraße ein, wo sich die hezbollahis und ihre Anhänger sammelten. Tausende. Hauptsächlich Männer. Alle bewaffnet. Mullahs befehligten sie, ermahnten sie, Disziplin zu halten, nicht auf die Linken zu schießen, solange diese nicht auf sie schossen, und zu versuchen, sie von ihrem Irrwahn abzubringen. »Vergeßt nicht, es sind Iraner, keine fremden Teufel. Allah ist groß … Allah ist groß …«
    »Willkommen, Kind«, wurde sie von einem alten Mullah freundlich begrüßt. »Friede sei mit dir.«
    »Und mit dir. Marschieren wir gegen die Gottlosen?«
    »Ja, ja, in einer kleinen Weile. Wir haben reichlich Zeit.«
    »Ich habe eine Pistole«, sagte sie stolz und zeigte sie ihm. »Allah ist groß.«
    »Allah ist groß. Aber es wäre besser, wenn das Töten ein Ende nehmen würde. Die Irregeführten sollten die

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