Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
nicht!«
    Lochart war inzwischen zur Balkontür gegangen. Sie war unverriegelt. Hastig stürzte Lochart auf den Balkon hinaus, die Treppe hinunter und zum Hintereingang. Langsam, mit einem verstörten Gesichtsausdruck, kehrte er zurück. Meschang und Zarah beobachteten ihn vom Balkon aus. »Der Hintereingang ist nicht abgesperrt. Dort muß sie hinausgegangen sein.«
    »Aber wohin?« Meschang war immer noch ganz rot vor Zorn, und Zarah fuhr Jari an, die auf Händen und Füßen kauerte und vor Angst und Schmerz weinte. »Hör auf zu heulen, du Hündin, sonst laß ich dich auspeitschen. Wenn du schon nicht weißt, wo sie hin ist, was glaubst du, wo sie hingegangen sein könnte?«
    »Ich weiß es nicht, Exzellenz«, schluchzte die alte Frau.
    »Denk nach!«
    »Ich weiß es nicht! Sie war schon den ganzen Tag so komisch. Heute nachmittag hat sie mich weggeschickt und ist allein weggegangen. Um sieben haben wir uns wieder getroffen und gingen zusammen nach Hause. Aber sie hat nichts gesprochen, nichts, nichts, nichts …«
    »Warum hast du mir nichts gesagt?« schrie Meschang sie an.
    »Was hätte ich denn sagen sollen, Exzellenz? Bitte treten Sie mich nicht wieder!«
    Meschang tastete nach einem Stuhl. Der krasse Umschwung von totalem Entsetzen, als ihm der Mullah und die hezbollahis gemeldet wurden, bis zum extremen Hochgefühl über die Wiederherstellung seiner Position und die Rückgabe seines Vermögens sowie der Wut über Locharts Erscheinen in seinem Haus und Scharazads Verschwinden hatten ihn völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Sein Mund bewegte sich zwar, er brachte aber keinen Laut hervor; er sah Lochart, der Jari immer neue Fragen stellte, konnte aber nichts verstehen.
    Als er in den Speisesaal zurückgestürmt war, um die frohe Botschaft der Rehabilitierung zu verkünden, hatten die Gäste mit lauten Freudenausbrüchen reagiert. Zarah hatte vor Glück geweint und ihn umarmt. Die Damen waren ihrem Beispiel gefolgt, und die Herren hatten ihm herzlich die Hand geschüttelt. Alle bis auf Daranousch Farazan. Der war geflüchtet. Durch den Hintereingang. »Ist er fort?«
    »Fort wie ein Sack Furze!« rief jemand.
    Alle lachten – teils aus persönlicher Erleichterung, daß sie nun nicht mehr aufgrund ihres Umgangs als schuldig angesehen und unmittelbar gefährdet waren, teils wegen Meschangs völlig unerwarteter und abrupter Rückkehr zu Reichtum und Macht, die sie übermütig werden ließ.
    »Du kannst dir doch diesen Angsthasen nicht zum Schwager nehmen!« brüllte einer.
    »Bei Gott, nein!« rief er aus, während er ein Glas Champagner leerte. »Wie könntest du einem solchen Mann vertrauen?«
    »Nicht einmal im Traum! Beim Propheten, ich war schon immer der Meinung, dieser Drecksack Daranousch verlangt uns zuviel für seine Dienste ab. Der Basar sollte ihm die Konzession entziehen!«
    Wieder Beifall und allgemeine Zustimmung, und Meschang trank ein zweites Glas Champagner und berauschte sich an den faszinierenden neuen Möglichkeiten, die sich ihm jetzt boten. Die neue Konzession für die Basar-Müllabfuhr, die ihm als Geschädigtem natürlich zustand, eine neue Gesellschaft unter seiner Führung, die der Regierung Finanzhilfe gewähren und ihm selbst größere Gewinne einbringen würde, neue Verbindungen mit einflußreicheren Ministern als diesem Ali Kia – wo steckt der Hundesohn eigentlich? –, neue Geschäfte mit den Ölfeldern, ein neuer Ehemann für Scharazad – ein Kinderspiel, denn wer würde jetzt nicht zu seiner, zu der Bazaari-Familie gehören wollen? Und ich brauche auch keine wucherische Mitgift zu bezahlen! Und ich bekomme mein ganzes Eigentum wieder zurück: den Besitz am Kaspischen Meer, die Reihenhäuser in Jaleh, die Wohnungen im Villenviertel im Norden, Ländereien, Obstgärten, Felder und Dörfer, alles bekomme ich wieder. Dann der Diener, der seine Hochstimmung zerstört hatte, als er ihm zuflüsterte, daß Lochart zurückgekommen, schon im Haus, schon oben war. Er war hinaufgestürmt und mußte jetzt hilflos zusehen, wie der Mann, den er so haßte, Jari Fragen stellte, während Zarah aufmerksam zuhörte.
    »Ich bin nicht sicher, Exzellenz«, stieß Jari jetzt mit schluchzender Stimme hervor, »sie hat mir nur einmal gesagt, der junge Mann, der ihr beim ersten Protestmarsch der Frauen das Leben rettete, wäre ein Universitätsstudent.«
    »Hat sie sich jemals allein mit ihm getroffen?«
    »O nein, Exzellenz, wie ich schon sagte: Wir haben ihn auf dem Marsch kennengelernt, und er

Weitere Kostenlose Bücher