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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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rammte den Kopf des Jüngeren gegen den des Corporals und betäubte damit beide. Die Drehflügel über ihm waren zum Stillstand gekommen. Er sah sich um. Nichts und niemand bewegte sich. Rasch verstaute er ihre Waffen hinter dem Pilotensitz. Er benötigte nur Sekunden, um die zwei Männer zur Kabine zu tragen und sie hineinzulegen, ihnen den Mund aufzudrücken und die Schlafmittel hineinzustopfen, die er aus Azadehs Kommode gestohlen hatte, und sie zu knebeln. Noch einen Augenblick, um zu Atem zu kommen. Dann stieg er nach vorn und überzeugte sich noch einmal, daß alles für einen sofortigen Abflug bereit war. Seine Kehle war trocken. Schweiß brannte ihm in großen Tropfen auf der Stirn. Er sah zum Palast hinüber. Jetzt trug er seinen Arm nicht mehr in der Schlinge.
    In den nördlichen Slums. Die klapprige, mit einem Planverdeck ausgestattete Ambulanz rumpelte durch die mit Schlaglöchern übersäte Straße. Hinten saßen zwei Sanitäter neben drei Tragen. Auf einer lag, brüllend vor Schmerzen und unaufhörlich blutend, Haschemi Fazir; in seinen Lenden klaffte ein riesiges Loch.
    »Gebt ihm doch um Himmels willen Morphium!« stieß Armstrong hervor, während er gegen seinen eigenen Schmerz ankämpfte. Halb gegen die schwankende Bordwand gelehnt, kauerte er zusammengesackt auf seiner Trage und hielt sich ein Stück chirurgischen Verbandstoffes fest gegen das Einschußloch in der Brust, ohne auf das Blut zu achten, das aus der Wunde im Rücken quoll und den primitiven Zellstoffbausch durchtränkte, den einer der Sanitäter durch den Riß in seinem Trenchcoat gestopft hatte. »Beeilt euch! Gebt ihm Morphium!« wiederholte er und beschimpfte sie auf Persisch und Englisch abwechselnd. Er verabscheute sie wegen ihrer Dummheit und Gefühllosigkeit.
    »Was kann ich tun, Exzellenz?« kam es aus dem Dunkel. »Wir haben kein Morphium. Es ist Allahs Wille.« Der Mann knipste eine Taschenlampe an und richtete sie auf Haschemi und dann auf die dritte Trage. Der Junge, der darauf lag, war schon tot. Armstrong sah, daß sie sich nicht einmal die Mühe gemacht hatten, ihm die Augen zu schließen. Wieder ein gurgelnder Schrei Haschemis. »Mach das Licht aus, Ischmael«, sagte der andere Sanitäter. »Willst du, daß sie auf uns schießen?«
    Träge gehorchte Ischmael. Er zündete sich eine Zigarette an, hustete, räusperte sich geräuschvoll und schob kurz die Plane zur Seite, um sich zu orientieren. »Nur noch ein paar Minuten.« Er beugte sich nieder und schüttelte Haschemi aus dem Frieden der Bewußtlosigkeit in die Hölle des Erwachens. »Nur noch ein paar Minuten, Exzellenz Oberst. Sterben Sie noch nicht! Sie werden gleich richtig versorgt werden.« Sie alle taumelten, als ein Rad in ein Schlagloch geriet. Wilde Schmerzen durchfuhren Armstrong.
    Als er fühlte, daß die Ambulanz stehenblieb, hätte er vor Erleichterung fast geweint. Andere Männer rissen das Segeltuch am Heck der Ambulanz zur Seite und kletterten hinein. Grobe Hände faßten ihn an den Beinen, drückten ihn auf die Trage und banden ihn mit den Riemen fest. Durch den Nebel höllischer Schmerzen sah er, wie Haschemis Bahre in die Nacht hinausgetragen wurde. Auch er wurde hochgehoben, aber dann überwältigten ihn die Schmerzen, und er fiel in Ohnmacht.
    Die Krankenträger stiegen über den joub, durchschritten das Tor, eilten den schmierigen Gang entlang und die Treppe in einen großen Keller hinunter, der mit Öllampen beleuchtet war. »Legt ihn dort hin«, befahl Mzytryk und zeigte auf den zweiten Tisch. Auf dem ersten lag schon Haschemi, auch er an seine Trage gebunden. Ohne Hast besah er sich Armstrongs und dann Haschemis Verwundungen; beide Männer waren noch bewußtlos.
    »Gut«, sagte er. »Warte oben auf mich, Ischmael.«
    Ischmael streifte die schmutzige Armbinde mit dem roten Kreuz ab und warf sie in eine Ecke. »In dem Haus haben viele von unseren Leuten ihr Leben gelassen. Ich glaube nicht, daß auch nur einer entkommen konnte.«
    »Dann hast du ja gut daran getan, nicht an der Konferenz teilzunehmen.« Ischmael stapfte nach oben, wo seine Freunde sich lärmend zu ihrem Erfolg beglückwünschten – waren ihnen doch der Anführer ihrer Feinde und sein Lakai, der Fremde, in die Hände gefallen. Sie alle waren harte islamisch-marxistische Kämpfer. Sanitäter gab es keinen unter ihnen.
    Mzytryk wartete, bis er allein war, nahm dann ein kleines Taschenmesser heraus und stieß es Haschemi tief in seine Wunde. Der brüllende Aufschrei befriedigte ihn.

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