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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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weiß noch nicht, wie Kasigi es geschafft hat, aber der Kerl hat es zustande gebracht.« Er legte seinen Arm um sie und lehnte gegen das Geländer. »Jetzt sind wir in Sicherheit, jetzt können wir Pläne machen. Kasigi, dieser Hundesohn, hat es geschafft. Allah-u Akbar!« fügte er triumphierend, ohne nachzudenken, hinzu.
    Die Sonne berührte gerade den Horizont. In der Stadt rief ein Muezzin zum Gebet, er rief mit lockender, unvergleichlicher Stimme. Ihr Klang drang Starke unwiderstehlich ins Gehör und füllte sein ganzes Wesen aus, so daß er alles vergaß. Erleichterung und Freude mischten sich mit den Worten und dem Rufen und dem Unendlichen – und er löste sich von Manuela. Hilflos und allein wartete sie. In der untergehenden Sonne wartete sie, ängstigte sich um ihn und trauerte um ihn, und sie fühlte, daß ihre gemeinsame Zukunft auf dem Spiel stand.
    Die Rufe des Muezzins verstummten, und jetzt war es sehr still. Starkes Augen sahen die Altstadt in ihrer ehrwürdigen Pracht und dahinter die unendliche Wüste. Ein Jet hob ab, und Seevögel schnatterten. Dann hörte man das Tuckern eines Helikopters, und Starke faßte einen Entschluß. »Du«, sagte er auf persisch zu Manuela, »du, ich liebe dich.«
    »Du, ich werde dich ewig lieben«, murmelte sie, den Tränen nahe. Dann hörte sie ihn seufzen, und sie wußte, daß sie wieder beisammen waren.
    »Es ist Zeit, heimzukehren, Liebling.« Er nahm sie in die Arme.
    »Daheim ist, wo du bist«, entgegnete sie und hatte keine Angst mehr.
    Hotel Oasis: 23 Uhr 52. Das Telefon weckte Gavallan aus tiefem Schlaf. Er tastete nach dem Hörer und knipste das Nachttischlämpchen an. »Hallo?«
    »Hallo, Andrew, hier spricht Roger Newbury. Entschuldigen Sie, daß ich so spät anrufe, aber …«
    »Oh, das ist schon in Ordnung. Wie ist es denn gelaufen?« Newbury hatte versprochen, ihn anzurufen und zu berichten. »Was ist mit morgen?«
    »Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, daß Exzellenz Abadani eine Einladung des Scheichs zur Falkenjagd rund um die Oase Al Sal angenommen hat. Es ist also anzunehmen, daß er den ganzen Tag abwesend sein wird. Ich persönlich traue ihm nicht, und ich kann Ihnen nur raten, Ihre Flugzeuge und Ihr Personal so schnell und so diskret wie möglich zu evakuieren. Okay?«
    »Ja, vielen Dank!« Gavallan lehnte sich zurück. Er fühlte sich als ein neuer Mensch, das Bett war mit einemmal verführerisch. »Bis morgen abend sind alle fort. Scragger und ich fliegen als letzte mit Kasigi nach Bahrain.«
    »Gut. Wie es Ihnen gelungen ist, Abadani herumzukriegen, weiß ich nicht, und ich will es auch nicht wissen. Aber wir ziehen alle den Hut vor Ihnen. Zu den guten Nachrichten habe ich leider auch eine schlechte: Wir haben soeben ein Telex von Henley in Täbris bekommen.«
    Der Schlaf war vergessen. »Verdruß?«
    »Ich fürchte ja. Es klingt bizarr, aber so steht es hier.« Gavallan hörte das Rascheln von Papier, und dann: »Henley schreibt: ›Wie wir erfahren, wurde gestern oder in der vergangenen Nacht ein Mordanschlag auf Hakim Khan verübt, und angeblich soll Captain Yokkonen in die Sache verwickelt sein. Mit seinem Hubschrauber floh er in der vergangenen Nacht zur türkischen Grenze und nahm seine Frau Azadeh gegen deren Willen mit. Im Namen von Hakim Khan wurde ein Haftbefehl wegen Mordversuch und Entführung erlassen. In Täbris kämpfen gegenwärtig drei rivalisierende Gruppen erbittert um die Macht, was eine genaue Berichterstattung sehr erschwert. Wir informieren Sie, sobald wir mehr wissen.‹ Das ist alles. Erstaunlich, nicht wahr?« Stille. »Andrew? Sind Sie noch da?«
    »Ja … Ja … Ich versuche nur, einen klaren Kopf zu behalten. Was glauben Sie? Kann das stimmen?«
    »Ich fürchte, ja. Vielleicht erfahren wir morgen mehr. Ich würde Ihnen raten, sich mit der Finnischen Botschaft in London in Verbindung zu setzen. Die Nummer ist 01-7 66 88 88. Tut mir alles schrecklich leid.«
    Gavallan dankte ihm und legte wie betäubt auf.

Sonntag
    4. März 1979

72
    Im türkischen Dorf: 10 Uhr 20. Azadeh schreckte auf. Einen Augenblick lang wußte sie nicht, wo sie sich befand, doch dann zeichneten sich die Konturen des Raumes deutlich ab – eng, trist, zwei Fenster, eine harte Strohmatratze, Laken und Decke sauber, aber rauh –, und sie erinnerte sich, daß sie sich im einzigen Gasthof des Ortes befand und daß der Major und der Polizist sie trotz ihres Protestes hierhergebracht hatten. Der Major war nicht davon abzubringen

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