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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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gewesen, in der kleinen Herberge mit ihr zu Abend zu essen. Kaum waren sie eingetreten, hatte sich das kleine Lokal schlagartig geleert. »Natürlich müssen Sie etwas essen, um bei Kräften zu bleiben. Bitte, nehmen Sie Platz! Was Sie speisen, werde ich auch für Ihren Mann bestellen und es ihm schicken lassen. Ist Ihnen das recht?«
    »Ja, bitte«, erwiderte sie auf türkisch und setzte sich. Sie verstand die versteckte Drohung, und es machte sie wütend. »Ich kann dafür bezahlen.«
    Die Andeutung eines Lächelns spielte um seine vollen Lippen. »Wie Sie wünschen.«
    »Danke, Major Effendi. Bitte, wann können mein Mann und ich von hier fort?«
    »Darüber werden wir morgen sprechen, nicht heute abend.« Er deutete auf den Polizeibeamten, der an der Tür Wache stand. »Jetzt werden wir uns englisch unterhalten«, sagte er und hielt ihr sein silbernes Zigarettenetui hin.
    »Danke, ich rauche nicht. Wann kann ich meinen Schmuck wieder zurück haben, Major Effendi?«
    Während er sie musterte, wählte er eine Zigarette aus und begann mit einem Ende auf das Etui zu klopfen. »Sobald er sicher ist. Mein Name ist Abdul Ikail. Ich bin in Van stationiert und für den ganzen Grenzbezirk verantwortlich.« Er benützte sein Feuerzeug und stieß dann den ersten Rauch aus. »Waren Sie schon einmal in Van?«
    »Nein, noch nie.«
    »Es ist ein verschlafenes kleines Städtchen. Zumindest war es das, obwohl es an der Grenze immer Ärger gibt, vor Ihrer Revolution.« Wieder ein tiefer Zug. »Unerwünschte Elemente auf beiden Seiten, welche die Grenze überqueren und flüchten wollen. Schmuggler, Drogen- und Waffenhändler, Diebe, alles mögliche Gesindel.« Er ließ die Wörter ganz beiläufig fallen. Böse Ahnungen erfüllten Azadeh. Sie begann, mit dem Riemen ihrer Umhängetasche zu spielen.
    »Kennen Sie Istanbul?« fragte er.
    »Ja. Als kleines Mädchen war ich einmal für ein paar Tage dort. Mein Vater nahm mich mit, weil er dort geschäftlich zu tun hatte. Anschließend wurde ich in ein Flugzeug gesetzt, das mich in die Schweiz brachte, wo ich zur Schule gehen sollte.«
    »Ich war noch nie in der Schweiz. Ich verbrachte einmal einen kurzen Urlaub in Rom und besuchte einen Polizeikurs in Bonn und einen anderen in London.« In Gedanken versunken rauchte er weiter, drückte aber dann seine Zigarette aus und winkte den Wirt heran, der wartend neben der Tür gestanden hatte. Das Essen war einfach, aber gut. Es wurde mit nervöser Unterwürfigkeit serviert, die Azadehs Unbehagen noch steigerte.
    »Sie brauchen keine Angst zu haben, Lady Azadeh! Sie sind nicht in Gefahr«, hatte er gesagt, als sei er in der Lage, ihre Gedanken zu lesen. »Ganz im Gegenteil. Ich freue mich, Gelegenheit zu haben, mich mit Ihnen unterhalten zu können. Nur selten kommt eine Dame Ihres … Ihres Standes hier durch.« Geduldig und höflich hatte er sie während des Essens nach Aserbeidschan und Hakim Khan ausgefragt, sich aber geweigert, von Erikki zu sprechen oder ihr zu sagen, was geschehen würde. »Was geschehen wird, wird geschehen. Bitte erzählen Sie mir Ihre Story noch einmal.«
    »Ich habe sie Ihnen doch schon erzählt, Major Effendi! Es ist die Wahrheit, keine Story.«
    »Natürlich«, sagte er und aß hungrig. »Bitte, erzählen Sie sie mir trotzdem noch einmal.«
    Sie hatte seinem Wunsch entsprochen, in seinen Augen gelesen und das Verlangen gesehen, obwohl sein Verhalten immer höflich und korrekt blieb. »Es ist die Wahrheit«, hatte sie wiederholt. »Wir haben nichts verbrochen. Mein Mann hat sich und mich nur verteidigt – bei Allah.«
    »Bedauerlicherweise kann Allah nicht für Sie Zeugnis ablegen. In Ihrem Fall akzeptiere ich natürlich, was Sie sagen. Zum Glück sind wir hier mehr von dieser Welt und keine Fundamentalisten. Hier besteht eine deutliche Trennung zwischen dem Staat und dem Islam. Keine Führer von eigenen Gnaden stellen sich zwischen uns und Allah. Fanatiker sind wir nur, wenn es darum geht, unser Leben so zu führen, wie es uns gefällt. Wir lassen uns nicht von anderen Leuten Gesetze und Überzeugungen aufzwingen.« Er unterbrach sich und lauschte angestrengt nach draußen. Schon auf dem Weg hierher hatten sie heftiges Geschützfeuer aus der Ferne gehört. »Vermutlich Kurden in den Bergen, die ihre Häuser verteidigen«, sagte er und kräuselte spöttisch die Lippen. »Wie ich höre, setzte Khomeini die Armee und seine hezbollahis gegen sie ein.«
    »Das ist einer seiner Fehler«, sagte sie. »Das meint auch mein

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