Wirbelsturm
bleiben würde und daß ich nichts anderes gelernt habe, so daß ich jetzt nicht damit aufhören kann. Hör auf zu meckern, sonst … Wenn du eine Änderung herbeiführen willst, dann tu es …«
Verdammt, mir reicht's. Sie behauptet, daß sie den Iran und alles hier haßt, und dabei weiß sie überhaupt nichts vom Iran, ist nie aus Teheran hinausgekommen, will das Essen nicht einmal kosten, kommt immer nur mit ein paar englischen Weibern zusammen, immer den gleichen …
»Exzellenz, Sie sehen überhaupt nicht glücklich aus«, sagte da eine weibliche Stimme leise hinter ihm.
Er drehte sich um, und sein Leben veränderte sich.
»Was haben Sie bloß?« fragte sie, und ihr ovales Gesicht wurde ernst.
»Es tut mir leid«, stieß er heraus, weil sie ihn einen Augenblick lang verwirrt hatte, weil sein Herz wie verrückt pochte und sein Hals wie zugeschnürt war. »Ich habe geglaubt, daß Sie eine Fata Morgana sind, ein Märchenwesen aus ›Tausendundeiner Nacht‹, ein Zauber.« Er verstummte, weil er sich wie ein Dummkopf vorkam. »Entschuldigen Sie! Ich war schrecklich weit weg. Ich heiße Lochart, Tom Lochart.«
»Ja, ich weiß«, antwortete sie lachend. Ihre rehbraunen Augen blitzten, ihre Lippen glänzten, ihre Zähne schimmerten blendend weiß, ihr Haar war lang, dunkel und gewellt, und ihre Haut hatte die Farbe der iranischen Erde: olivenbraun. Sie trug ein Kleid aus weißer Seide, duftete nach einem teuren Parfüm und reichte ihm knapp bis zum Kinn. »Sie sind der schlimme Ausbildungs-Captain, der meinen armen Vetter Karim mindestens dreimal täglich fertigmacht.«
»Was?« Es fiel Lochart schwer, sich zu konzentrieren. »Wen?«
»Dort.« Sie zeigte auf die andere Seite des Raums. Der junge Mann, der sie anlächelte, trug Zivil, und Lochart hatte ihn nicht als einen seiner Schüler erkannt. Karim sah sehr attraktiv aus, hatte dunkles, gelocktes Haar, dunkle Augen und eine gute Figur. »Mein Lieblingsvetter, Captain Karim Peschadi von der kaiserlich iranischen Luftwaffe.« Sie blickte Lochart wieder an, ihre Wimpern waren lang und schwarz. Und wieder setzte sein Herzschlag kurz aus.
Reiß dich um Himmels willen zusammen! Was ist denn mit dir los? »Ich, na ja, ich mache sie eigentlich nie fertig, nur wenn es absolut notwendig ist – wenn ich ihnen damit das Leben rette.« Er versuchte, sich an Captain Peschadis Leistungen zu erinnern, aber sie fielen ihm nicht ein, und in seiner Verzweiflung wechselte er zu Persisch: »Aber Gnädigste, wenn Sie mir die besondere Ehre erweisen wollen, wenn Sie sich mit mir unterhalten wollen und mir die Gunst gewähren, mir Ihren Namen zu nennen, verspreche ich …« Er suchte das passende Wort, fand es nicht und ersetzte es: »… werde ich auf ewig Ihr Sklave sein und werde natürlich Seine Exzellenz Ihren Vetter mit der besten Beurteilung durchkommen lassen.«
Sie klatschte entzückt in die Hände. »Oh, Exzellenz«, antwortete sie auf Persisch, »mein Vetter hat mir nicht verraten, daß Sie unsere Sprache beherrschen. Wie schön klingen die Worte, wenn Sie sie aussprechen!« Lochart lauschte atemlos ihrem übertriebenen Kompliment, das aber im Persischen ganz normal wirkte, und antwortete auf die gleiche Art und segnete dabei Scragger, der ihm vor Jahren, als er zu Sheik Aviation kam, erklärt hatte: »Wenn du bei uns fliegen willst, Kumpel, dann lerne lieber Persisch, denn ich habe es nicht vor.« Jetzt erkannte er zum erstenmal, daß es eine Sprache der Liebe, eine Sprache der Andeutungen war.
»Ich heiße Scharazad Paknouri, Exzellenz.«
»Dann kommen Gnädigste doch aus ›Tausendundeiner Nacht‹.«
»Ich kann Ihnen trotzdem keine Geschichte erzählen, selbst wenn Sie schwören, daß Sie mir den Kopf abschlagen lassen.« Dann fuhr sie lachend auf Englisch fort: »Im Geschichtenerzählen war ich die schlechteste in der Schule.«
»Das kann nicht sein!«
»Sind Sie immer so höflich, Captain Lochart?« Ihr Blick neckte ihn.
»Nur gegenüber der schönsten Frau, die ich je gesehen habe.«
Sie errötete und blickte zu Boden, und er dachte entsetzt, daß er jetzt alles verdorben hatte. Doch als sie wieder zu ihm aufschaute, strahlten ihre Augen. »Danke! Sie machen eine alte, verheiratete Frau glücklich.«
Da fiel ihm das Glas aus der Hand. Er hob es leise fluchend auf und entschuldigte sich, aber außer ihr hatte es niemand bemerkt. »Sie sind verheiratet?« platzte er heraus, denn dieser Gedanke war ihm nicht gekommen, und außerdem war er ja auch
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