Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Flossenform. Da sie bekannte Individuen immer wieder an verschiedenen Stellen trifft, kann die Wissenschaftlerin mit der Zeit ihre Wanderwege rekonstruieren. Inzwischen weiß sie, dass manche Tiere durchschnittlich 170 km pro Tag schwimmen und Orte aufsuchen, die mehr als 4000 km auseinanderliegen. Ingrid Visser vermutet hinter dieser Wanderlust eine Strategie, um den Jagderfolg zu verbessern. Wenn die Tiere jedes Jagdrevier nur in längeren Abständen aufsuchen, ist die Beute einfach weniger auf der Hut.
Erfolgreiche Jäger
Zwischen den Zähnen der Unterwasserjäger landen Fische, verschiedene Delfinarten und andere Meeressäuger. Da Orcas wie Wölfe im Rudel jagen, wagen sie sich sogar an große Beute wie Buckel- oder Glattwale. Und eines Tages hat Ingrid Visser eine Jagd beobachtet, an die sie zunächst selbst kaum glauben konnte: Mit vereinten Kräften brachte eine Gruppe Orcas einen ausgewachsenen, äußerst kampfeslustigen Hai zur Strecke.
Gegen einen so erfolgreichen Jäger hätte ein Mensch unter Wasser nicht die geringste Chance. Bei ihren ersten Tauchgängen hat Ingrid Visser sicherheitshalber einen neongelben Anzug getragen, um bloß nicht mit einem Beutetier verwechselt zu werden. Doch die Raubtiere reagierten zu ihrer Verblüffung keineswegs aggressiv, sondern kamen einfach neugierig näher. Von einer Attacke eines freilebenden Orcas auf Menschen ist bisher nie etwas bekannt geworden.
Dieses Unterwasserfoto eines Orcas stammt aus einem Meeresnationalpark. Wegen ihrer mächtigen Rückenflosse werden die Tiere auch als Schwertwale bezeichnet
.
(c) mauritius images (Gerard Lacz)
Jagd in Gruppen
Orcas machen mit vielen Tricks Beute
Orcas sind für viele Meeresbiologen die intelligentesten Lebewesen in den Ozeanen. Kein anderes Tier hat z. B. so vielfältige Jagdmethoden entwickelt wie diese Art.
Schulfach „Jagd auf Stachelrochen“
Jede Orcagruppe scheint sich auf eine bestimmte Beute zu spezialisieren. Vor der argentinischen Halbinsel Valdez, aber auch in antarktischen Gewässern gelingt es ihnen sogar, Seelöwen und auch junge See-Elefanten praktisch vom Strand herunterzuholen. Vor Neuseeland dagegen konzentrieren sie sich auf Haie und Rochen – das hat die Orcaspezialistin Ingrid Visser herausbekommen. Dabei lernen die Jungen die Tricks einer erfolgreichen Jagd von den älteren Tieren in der meist 6–8 Orcas großen Gruppe. Wichtigster Lehrmeister ist die Mutter, die ihre Jungen immer wieder in das seichte Wasser vor den meist flachen Küsten Neuseelands mitnimmt. Dort stöbern die Erwachsenen gern Stachelrochen auf. Ist dieser Verwandte des Hais erst einmal verwundet, überlässt die Mutter ihn bisweilen ihrem Kalb und dieses lernt spielerisch, mit der schwierigen Beute mit dem gefährlichen Stachel umzugehen .
Wellen gegen Robben
„Gemeinsam sind wir stark“ – nach diesem Motto erbeuten die auch als Schwertwale bezeichneten Orcas im Teamwork Robben, die für sie eigentlich unerreichbar auf einer Eisscholle im Südpolarmeer liegen. Dort fühlen sich z. B. Krabbenfresserrobben sicher und machen gern ein Nickerchen. Sobald aber eine Orcafamilie diese Beute entdeckt, weil sie die Robbe z. B. beim Sprung auf die Scholle beobachtet hat, ist es mit der Ruhe vorbei. Die Wale schwimmen dann flott auf die Eisscholle zu, erzeugen dabei Wellen und versuchen so, die Eisscholle zu zerbrechen. Klappt das nicht, kommt die nächste Stufe im Teamwork: Drei ausgewachsene Orcas, die bis zu 9 m lang sein können, schwimmen parallel mit hohem Tempo auf die Eisscholle zu und erzeugen so eine hohe Welle, die über das Eis schwappt und die Robbe herunterfegt. Dort aber lauern bereits andere Mitglieder der Orcafamilie auf die Beute
.
Wal an Land
Es dauert allerdings einige Jahre, bis ein junger Orca die Jagd auf Stachelrochen gelernt hat. Und relativ gefährlich bleibt diese Beute nicht nur wegen des markanten Stachels immer. Die bis zu 7m langen Schwertwalweibchen erwischen die Rochen nämlich im Normalfall in Wassertiefen zwischen 1 und 5m. Da die Küsten Neuseelands recht flach sind, finden die Orcas wohl viele Stachelrochen und haben sich deshalb als bisher einzige bekannte Gruppe der Schwertwale auf diese Beute spezialisiert. Allerdings stranden die riesigen Tiere dabei selbst immer wieder im Sand. Jagen sie vor der steil abfallenden Küste Patagoniens Seelöwen in Strandnähe, wälzen sie sich bei einem solchen Unglück einfach wieder ins Wasser. Das gelingt in Neuseeland aber selten, weil das Wasser
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