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Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)

Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)

Titel: Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romana Grimm
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mit ihm wollte er es sich auf keinen Fall verscherzen.
    Nach Spanisch kam Mathe dran, und danach ein paar Kapitel des Buches, das Miss Mary die Klasse für den Englischunterricht lesen ließ. Seth wälzte sich herum, trank sein Wasser aus und trommelte mit den Fingern auf den Buchseiten herum. Je länger er las, desto unruhiger wurde er. Am Ende hielt er das Herumliegen nicht mehr aus. Er rappelte sich auf, ließ sein Zeug liegen und kletterte über die Wurzeln hinweg.
    Außer Vogelgezwitscher und dem leisen Rauschen der Blätter im Wind hörte Seth beim Wandern nur seinen eigenen Atem und das Rascheln der Nadeln und Blätter auf dem Boden. Es war beinahe gespenstisch, wenn man aus einer riesigen, lauten Stadt kam.
    Nach einer Weile meinte er, das Gluckern eines Baches zu vernehmen. Seth dachte an den langen Heimweg und den Durst, der jetzt schon seine Zunge trocken machte.
    „Bitte sei in der Nähe “, murmelte er. „Bitte sei direkt vor mir, damit ich nur umdrehen und geradeaus zurückgehen muss.“
    Er kletterte über einen Hügel und fand dahinter tatsächlich einen kleinen, sprudelnden Bach. Die einzelnen Sonnenstrahlen, die es durch die Baumkronen schafften, ließen das spritzende, sich endlos um kleine, gerundete Steine windende Wasser wie Kristall glitzern. Es war so klar, dass Seth jede Pflanze und jeden kleinen Fisch erkennen konnte. Am Grund glänzte etwas silbern und reflektierte stark in der Sonne.
    „Wahrscheinlich Müll“, vermutete Seth. „Dass sich das jemand traut, bei den haarigen Parkwächtern hier.“
    Seth rutschte auf der anderen Seite des Hügels hinab, hockte sich ans Ufer und holte den funkelnden Gegenstand aus dem Wasser.
    Es war jedoch kein Müll oder gar eine Münze. Es war eine Messerklinge ohne Griff, die fast vollständig von Steinen und feinem Sand verdeckt gewesen war. Sie war schartig und offensichtlich oft gebraucht worden, aber sie glänzte, als wäre sie gerade frisch für den Verkauf poliert worden. Seth drehte sie hin und her, wog sie in der Hand und rätselte, warum jemand sein altes Messer ausgerechnet hier vergrub, anstatt es in die Altmetallsammlung zu geben.
    Schulterzuckend steckte er es mit der Spitze zurück in den Bach und genehmigte sich gierig ein paar große Schlucke des kühlen, süßen Wassers.
    „Ich glaube, ich nehme dich mit“, teilte er der Klinge mit, nachdem er seinen Durst gestillt hatte. „Siehst noch zu gut zum Wegwerfen aus.“
    Er lehnte sich auf seine Ellenbogen zurück und sah hinauf in die Baumkronen. Der leichte Wind ließ die Blätter in einer endlosen Symphonie rascheln. Dazu das einschläfernde Plätschern des Baches  … Seth schloss die Augen, hielt das Gesicht ins Licht und seufzte tief.
    Hey, Seth.
    Seth riss die Augen wieder auf. „Hallo?“, fragte er zögernd.
    Niemand antwortete. Nirgends knackte ein Zweig am Boden und die Vögel zwitscherten träge, wie sie es schon den ganzen Tag lang getan hatten.
    Kopfschüttelnd sank er zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und kaute auf seiner Unterlippe. „Ich werde noch bescheuert“, sagte er leise. „Verdammte Stadt.“ Ihm fielen die Augen wieder zu.
    Du wirst nicht bescheuert , lachte dieselbe Stimme, kaum dass er durchgeatmet hatte. Ganz und gar nicht .
    Seth runzelte die Stirn. Das klang überhaupt nicht nach seinen eigenen Gedanken.
    Du redest ja auch nicht mit dir selbst, sondern mit mir.
    „Wer bist du? “
    Ich denke, das weißt du genau, Süßer.
    „Claires Göttin?“
    Nicht nur Claires. Gretchen glaubt ebenso an mich, und viele andere Menschen auch.
    „Ich aber nicht“, schnaubte Seth. Hinter geschlossenen Lidern sah er sich um, versuchte, etwas zu erhaschen, und sei es nur den Zipfel eines Tagtraums.
    Du möchtest mich sehen , stellte die Stimme fest. Sie wandelte sich, wurde wärmer, ein wenig dunkler. Den Wunsch kann ich dir gern erfüllen .
    „Warte! “ Wärme durchflutete Seth von Kopf bis Fuß, und als das Gefühl abgeebbt war, sah er vor sich eine Frau stehen, deren Konturen nicht richtig definiert waren. Details an ihrem Haar und der flatternden Hippiekleidung änderten sich ständig minimal, und die Farbe ihrer großen, weisen Augen wandelte sich von moosgrün zu himmelblau bis beinahe zu einem überirdischen Purpur und dann wieder zurück zum sanften Braun einer Tasse heißer Schokolade. „Wow“, flüsterte er. „Das ist ja irre. Ich hab noch nie so was Abgefahrenes geträumt.“
    Sie schnalzte mit der Zunge und schüttelte lächelnd den Kopf.

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