Witch & Wizard 1 - Verlorene Welt (German Edition)
dicken Scheibe aus gewelltem Glas sah ich Wisty im Klinikgang stehen. Celia versuchte, sie zu packen, und griff natürlich ins Leere. War wohl ein typisches Geisterproblem.
Ich beobachtete, wie Wisty den Trommelstock hob. »Ich befreie euch!«
Mit einem Brüllen erwachten die Bluthunde zum Leben und warfen sich auf die Wachen und die Oberin wie bei einem Massenauflauf auf dem Footballfeld – Wisty hatte sie nicht nur von ihrem Zauber, sondern auch von den Ketten befreit. Doch ein Wachmann bahnte sich einen Weg durch die Köter, rannte auf Wisty zu und richtete seinen Elektroschocker auf sie.
Auch eine Bestie scherte aus dem Rudel aus, preschte hinterher und bellte wie ein entfesselter Höllenhund.
Der Wachmann und der ausgeflippte Hund lagen nur wenige Meter hinter Wisty und Celia, als die beiden die Wand, das Portal oder was auch immer erreichten.
»Vorsicht!«, brüllte ich. »Hinter euch!«
Wisty kniff die Augen zusammen, sprang durch das Portal und taumelte in meine Arme. »Whit! Es hat funktioniert! Es hat funktioniert!«
Celia war bei ihr – und hinter Celia flog der Hund mit den Tatzen voraus durch das Portal, klatschte beinahe gegen uns drei, landete auf dem Boden und kam schlitternd zum Stillstand. Auf einmal wirkte der Köter nicht mehr blutdürstig und durchgeknallt, sondern komplett verwirrt.
Meine Augen schnellten zurück zum Portal, wo gerade der Wachmann mit der Nase gegen die Mauer krachte. Hinter ihm wurde eine weiß uniformierte Gestalt immer weiter von einem Pack ausgehungerter Hunde attackiert. Die Oberin ruderte mit ihren fleischigen Armen. Eine Pfote schlug ihr den Elektroschocker aus der Hand, das Ding landete in hohem Bogen auf dem Boden, und die Oberin verschwand unter einem Berg aus zuschnappenden Mäulern. Tschüsschen.
»Ich fürchte, die Alte hat einen Haufen schlechtes Karma abzubauen«, meinte Wisty.
Statt mich weiter an dem Schauspiel zu weiden, streckte ich die Hände aus und versuchte, Celia zu umarmen. Ich war so erleichtert, dass wir es hierher geschafft hatten.
Vielleicht war es lächerlich und peinlich, einen Geist zu umarmen, aber das war mir so was von egal. Das ist ja das Tolle an der Liebe. Also wenn ihr mich fragt.
Hinter mir ertönte ein Wimmern. Ich fuhr herum.
»Der Hund.« Wisty beäugte das Tier, als würde sie mit dem Schlimmsten rechnen.
»Keine Sorge«, meinte Celia und blickte uns erstaunt an. »Es muss ein Kurvenhund sein. Alle Kurven haben Zugang zur Unterwelt, ob sie es wissen oder nicht. Dieser Hund wusste es nicht. Aber die Geradlinigen hatten ihn offensichtlich noch nicht vollständig umgepolt.«
Der Hund setzte ein schmeichlerisches Lächeln auf, frei nach dem Motto Sorry, dass ich euch fressen wollte. Er ließ den Kopf hängen, duckte sich fast bis auf den Boden und schlich auf uns zu.
»Ich glaube, es tut ihm wirklich leid«, meinte Celia. »Schade, dass ich ihn nicht streicheln kann. Streichle du ihn doch, Wisty.«
»Ein andermal vielleicht«, meinte Wisty zögerlich. »Nach allem, was zwischen uns vorgefallen ist …« Doch als der Hund sich auf den Boden kauerte und Wisty mit sehnsuchtsvollen, tieftraurigen braunen Augen anglotzte, hatte er nur noch wenig Ähnlichkeit mit seinen tollwütigen Kollegen aus dem Höllenzwinger.
Wisty sah mich bittend an. Ich ahnte schon, was sie wollte.
»Du bist doch verrückt«, sagte ich mit einem Seufzen.
»Ich bin halt nicht nachtragend«, erwiderte sie ernst.
»Na gut.« Ich runzelte die Stirn. »Vielleicht kann er sich im Schattenland ja als Wachhund nützlich machen.«
Wisty zwinkerte mir zu, lächelte den Hund an und klopfte sich aufs Knie. Vorsichtig stand der Hund auf.
»Komm, trau dich«, ermunterte Wisty ihn, ehe sie sich an uns wandte. »Es ist eine Sie . Ich nenne sie Feffer.«
»Meinetwegen«, sagte ich. »Hallo, Feffer. Aber jetzt machen wir uns auf die Suche nach anderen Kurven und Halblichtern und vor allem nach einem Portal, okay?«
Da hörten wir ein lautes Klatschen – und als wir uns umdrehten, klebte das platt gedrückte Gesicht der Oberin an der Wand des Portals.
»Keine Kurve.« Wisty lächelte selig. »Hätte mich auch sehr gewundert.«
Drittes Buch
SCHÖNE
NEUE WELTEN
Wisty
Als Whit mich in die Arme schloss, fühlte ich mich so sicher wie schon lange nicht mehr. »Wir sind frei!«, rief er. »Sie kann uns nichts mehr anhaben!«
Ja, die Oberin waren wir erst mal los. Aber was unsere Gesamtsituation anging, war ich mir nicht so sicher, ob wir nicht gerade vom Regen
Weitere Kostenlose Bücher