Witcher, Moony - Nina - Und der Fluch der Maya
Sechsten Mond zog aus der Brusttasche der Latzhose aufgeregt seine Abhandlung. Eterea lächelte.
Deine Studien über die Androiden von Karkon kenne ich bereits.
»Ach, du kennst sie schon?«, fragte Nina verblüfft.
Eterea blickte Nina sanft an.
Ich bin die Hüterin der Alchimie, Nina. Und ich wache auch über dich.
Mit jedem deiner Schritte bin ich bei dir.
Du bist auf dem richtigen Weg, um das dritte Geheimnis zu finden.
Doch es gibt noch Dinge, die ich dir erklären muss. Hör gut zu.
Ich werde über die Schönheit sprechen.
Nina machte große Augen. Über die Schönheit! Sie fühlte ihr Herz schlagen wie ein Tamburin.
Eterea glitt geschmeidig nach links und rechts und zeichnete dabei einen großen leuchtenden Kreis in die Luft.
DIE SCHÖNHEIT IST RUND.
»Rund? Was bedeutet das?« Nina verstand nicht.
Sie wendet und umhüllt das Leben. Sie dringt darin ein und verändert es.
»Meinst du damit, dass man die schönen Dinge nicht nur sieht, sondern auch spürt? Also, dass wir sie in uns fühlen?«
Genau das meine ich.
»Dann ist die Schönheit also ein Gefühl wie die Freundschaft oder die Liebe?«
Die Schönheit ist ein Zauber.
»Ein Zauber?«
Ja. Vor der Schönheit steht unser Verstand still.
Der Zauber ernährt unsere Gedanken.
»Was du sagst, ist schwer zu verstehen. Aber vielleicht habe ich es begriffen.«
Nina hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich aufs Äußerste.
Oft begleitet die Schönheit das Gute.
»Das stimmt!«, rief die junge Alchimistin, froh, den Gedanken nachvollziehen zu können.
Aber genauso kann sie das Schlechte verbergen.
»Die Schönheit kann betrügen? Sie täuscht uns?«
So ist es.
»Aber wie kann man dann die gute Schönheit von der bösen unterscheiden?«, fragte Nina wissbegierig.
Das ist das große Problem.
Das Böse und das Gute, die Schönheit und die Hässlichkeit gehen miteinander einher. Und nicht immer ist das, was schön erscheint, gut, und das, was hässlich ist, schlecht.
Um zu begreifen, was wahre Schönheit ist, muss man das Leben lieben. Verstehst du?
»Ich glaube ja. Also, zumindest bemühe ich mich. Kannst du mir ein Beispiel nennen?«
In der Kunst wirst du einen Weg finden, um die wahre Schönheit zu begreifen. Aber sei vorsichtig, das Böse kann betörende Formen annehmen.
Die Große Hüterin der Alchimie stob in die Höhe und zwirbelte sich wie eine Spirale auf. Dann kam sie wieder zu Nina herab und reichte ihr einen gold umrahmten Spiegel, doch die Glasfläche war schwarz. Auf der goldenen Einfassung stand ein Satz: »Die Schönheit ist rund.«
Dies ist der Spiegel der Erkenntnis.
Die Wahrheit kann sich in ihm nicht sehen.
Nur das Falsche findet darin sein Bild.
»Wie das?« Nina war vollkommen durcheinander.
Er spiegelt nur falsche Dinge. Dinge, deren Seelen nicht mit ihrem Erscheinungsbild übereinstimmen. Verstehst du nun?
»Ach so ist das. Wenn man ihn vor eine schöne, aber böse Frau hält, dann wird sich ihr Bild in ihm spiegeln, weil ihr Aussehen angenehm, aber ihre Seele hinterhältig ist. Oder?«, fragte Nina zögerlich.
Du hast es verstanden!
»Kann ich den Spiegel der Erkenntnis immer benutzen?«
Du kannst ihn jederzeit benutzen, aber er wird dir nur ein Mal behilflich sein. Trage ihn Tag und Nacht bei dir.
Und vergiss nicht, Nina: DIE SCHÖNHEIT IST RUND.
Nina konnte keine weiteren Fragen stellen. Eterea war verschwunden. Nur der riesige Leuchtkreis war zurückgeblieben. Das Mädchen drehte sich suchend um, doch von der Hüterin der Alchimie war nichts mehr zu sehen. Da spürte Nina einen warmen Windstoß in ihrem Rücken. Sie wandte sich um und sah vor sich das Mirabilis Fantasio. Das riesige alchimistische Labor, in dem ein großer Teil der Xoraxianer arbeitete, erstrahlte in hellem Glanz. Die majestätischen Säulen aus Licht ragten in unermessliche Höhen und eine tröstliche Wärme entströmte dem fantastischen Bauwerk.
Auf einmal sah Nina, wie drei leuchtende Gestalten auf sie zukamen. In der Mitte erkannte sie ihren Opa Mischa.
»Opa!«, wollte sie ihm entgegen rufen, aber aus ihrem Mund kam kein Laut. Sie hatte vergessen, dass man auf Xorax nur durch die Kraft der Gedanken miteinander reden konnte.
Professor Mischa lächelte seiner Enkelin zu. Als er vor ihr stand, streckte er seine Hand aus Licht aus und strich ihr zärtlich über die Wange. Nina spürte ein warmes Glühen auf ihrer Haut und ihr Herz machte einen glücklichen Hüpfer. So nah war sie ihrem Großvater auf
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