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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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waren vom Vorgehen General Lebeds begeistert – von den Ultraliberalen bis hin zu den patentierten patriotischen Kommunisten sowjetischen Musters. Es hatte sich gezeigt: Er war es, der ersehnte Nachfolger des Präsidenten, der künftige zweite demokratisch gewählte Präsident der Russischen Föderation.
    Selbstverständlich musste Lebeds jäher politischer Höhenflug, der in vielerlei Hinsicht durch Jelzins Team begünstigt worden war, bei diesem bitteren Neid hervorrufen. Zum Herbstende 1996 schickte der Präsident den Sekretär des Sicherheitsrats in den Ruhestand. Die politische Karriere von Alexander Lebed war damit aber noch nicht vorbei.
    Im Frühjahr 1998 gewann er nicht ohne Glanz die Gouverneurswahlen in der Region Krasnojarsk – einer der größten Regionen des russischen Sibirien, berühmt als »russisches New Hampshire«. Hier spiegelt das Wahlverhalten des Elektorats am meisten die allgemeine politische Stimmung in Russland wider. Das Land wollte damals einen coolen Machtmenschen, und in Person von Lebed forderte das »russische New Hampshire« ihn ein.
    Die beiden Höhepunkte des Wahlkampfes waren Alain Delons Besuch in der Stadt Krasnojarsk – ihn hatte Lebed während einer Reise nach Paris im Herbst 1996 kennengelernt – und die Fernsehdebatten mit dem Amtsinhaber Gouverneur Waleri Subow, während deren der ehemalige Sekretär des Sicherheitsrats seinen Opponenten gekonnt Paroli bot (und damit die Vorstellung zerstreute, er sei dümmlich). Wieder kam Lebed als möglicher künftiger Präsident ins Gespräch. Im Sommer 1999 schlug Beresowski den General allen Ernstes als Chef des Pro-Kreml-Wahlblocks »Einheit« vor.
    Aber der Jelzin-Clan wollte nichts mehr von dem charismatischen Mann wissen, in dessen völlige politische Abhängigkeit er geraten war. Dort, wo auf der Vorbühne eine Putin-Figur auftauchen sollte, konnte ein Politiker des Systems Lebed nicht mehr blühen und gedeihen. Ab dem Jahr 2000 begann Jelzins Nachfolger, den General still, aber konsequent abzudrängen, indem er ihn keinen übernationalen politischen Raum mehr gewinnen ließ. 2002 kam der Initiator des Abkommens von Chasawjurt bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben, ohne seine zweiten Gouvernementswahlen erlebt zu haben.
    Im Herbst 1996 wurde der gedanken- und willenlose Iwan Rybkin Sekretär des Sicherheitsrats. Er war Sprecher der ersten postsowjetischen Staatsduma gewesen, ein bescheidener Parteiapparatschik aus Woronesh und einer der nominalen Anführer der Agrarpartei. Sein offizieller Stellvertreter war immer noch Boris Beresowski. Dieser befasste sich vor allem mit dem Geiselproblem – der Befreiung von Menschen, die während des Krieges verschwunden waren. Es gelang ihm, einige Dutzend Menschen auszulösen.
    Viele Beobachter meinten, die Planung des Zweiten Tschetschenien-Kriegs, der Putin in den Kreml beförderte, ginge auf Beresowski zurück. Daran habe ich meine Zweifel. Wohl kaum haben Jelzins Verwandte, ohne die der Zweite Tschetschenien-Krieg nicht hätte beginnen können, Beresowski eine derart geheime Information zukommen lassen, die, durch ein loses Mundwerk in aller Welt verbreitet, unausweichlich zum Scheitern des Plans geführt hätte.
    Wahrscheinlicher ist, dass dieser Krieg ohne Beresowski geplant wurde. Sein Name wurde nur genannt, damit man »im Fall der Fälle«, zum Beispiel bei einem Scheitern, die gesamte Verantwortung auf den anrüchigsten der Beteiligten an diesem Unternehmen zur Sicherung von Jelzins politisch-wirtschaftlichem System abwälzen konnte.
    Ich erinnere daran, dass der Zweite Tschetschenien-Krieg formal am 30. September 1999 begann, als die föderalen Streitkräfte wie im Mai 1996 auf das Territorium von Tschetschenien vorrückten. Dies geschah auf Erlass von Boris Jelzin vom 23. September. Der Erlass klang schwammig: »Zu den Maßnahmen einer Erhöhung der Effektivität von Anti-Terror-Maßnahmen auf dem Territorium der Nordkaukasus-Region der Russischen Föderation«. Das heißt, der Krieg wurde wie zuvor nicht offen als solcher bezeichnet und blieb eine »Anti-Terror-Maßnahme«. Dadurch musste der Präsident Russland nicht in den Kriegszustand versetzen oder, wie in der Verfassung vorgesehen, die Erlaubnis des Föderationsrats einholen, der höchsten Kammer des Parlaments, die dem Kreml gegenüber zu diesem Zeitpunkt weniger loyal war als heute. Der Föderationsrat hätte 1999 theoretisch die Ausrufung des Kriegszustandes ablehnen können und damit dem Szenario »Nachfolger«

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