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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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einen herben Schlag versetzt.
    Doch Jelzins schicksalhafter Erlass kam nicht aus dem Nichts:
• Das Eindringen der Rebellen unter Schamil Bassajew und des Kriegsfürsten jordanischer Herkunft al-Chattab nach Dagestan (August 1999) war das erste Signal dafür, dass sich der Krieg auf andere Regionen Russlands ausbreiten konnte, wenn man »den Wurm nicht zertritt«, also Tschetschenien einen deutlichen Denkzettel verpasste, wobei diese Gefahr sich nicht auf die islamischen und kaukasischen Regionen beschränkte: aus Dagestan hätten die Rebellen durchaus in die Regionen Stawropol und Krasnodar vordringen können.
• Nach den Sprengungen einiger Wohnhäuser in Moskau sowie in den Kleinstädten Bujnaksk und Wolgodonsk schrieb die öffentliche Meinung, die bereits von Anspielungen der Politiker und Aussagen der Massenmedien vorgewärmt war, diese Aktionen sogleich den tschetschenischen Separatisten zu. Die Logik der damaligen Informationskampagne, die in ihrem hysterischen Ton und Tempo an Fahrt gewann, lautete: Man muss etwas tun, sonst sprengen uns die verfluchten Tschetschenen alle in die Luft!
    Daraufhin fing man an, sich auf einen Krieg vorzubereiten, der im Schicksal von Wladimir Putin dieselbe Rolle spielen sollte wie der Putsch des Staatlichen Komitees für außergewöhnliche Zwischenfälle der UdSSR (1991) und der Beschuss des russischen Parlaments (1993) in der Karriere seines Vorgängers. Ja, Putin muss in diesem Sinne ein Präsident genannt werden, der über Leichen ging. Aber es gibt einen großen Unterschied.
    Wladimir hatte es nicht nach Macht gedürstet – er willigte nur ein, Jelzins Nachfolger zu werden. Die blutigen Entscheidungen hatte nicht er getroffen, ganz im Unterschied zum Demokraten Jelzin, der niemals Halt machte vor dem Vergießen des menschlichen Lebenssafts. Das nimmt Putin nicht die Verantwortung, lässt den Machtwechsel aber in einem anderen Licht erscheinen.
    Heute können wir mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass hinter der Entscheidung für den Krieg sowohl formal als auch faktisch die »Familie« (im weitesten Sinne) von Jelzin stand, wie auch hinter allen vorbereitenden Schritten, die den Krieg vor Russland und der ganzen Welt rechtfertigten, um damit gleichzeitig die Aufmerksamkeit davon abzulenken, warum er in Wirklichkeit geführt wurde.
    Ich weiß nicht, wer die Wohnhäuser tatsächlich in die Luft gesprengt hat, deren Bewohner Jelzins Erlass vom 23. September 1999 sowie die folgenden Ereignisse an der tschetschenischen Front mit ihrem Leben rechtfertigen mussten. Aber ich stelle mir seitdem einige Fragen:
• Wenn man der Theorie von der »tschetschenischen Spur« glauben will – warum haben die Terroristen dann Häuser am Stadtrand in die Luft gesprengt, die von armen, unbekannten Menschen bewohnt waren? Beim löchrigen Sicherheitssystem jener Tage hätte man schließlich auch elitäre Gebäude im Moskauer Stadtzentrum sprengen können, was die einflussreichen Russen weit mehr geschockt hätte. Vielleicht hatte da jemand Mitleid mit seinesgleichen?
• Wenn man außerdem glauben möchte, dass die Tschetschenen die russischen Städter einschüchtern wollten, warum haben sie dann nicht den logischen Weg gewählt zu den Wohnstätten jener, von denen viele politische Entscheidungen abhingen? Warum hörten die Sprengungen nach dem Beginn der »erneuten Phase der Anti-Terror-Operationen« auf? Aus Sicht der separatistischen Terroristen hätte man derartige Aktivitäten verstärkt fortführen müssen, um den Kreml damit zu einer Einstellung der Kampfhandlungen und neuen Verhandlungen mit den Aufständischen zu bewegen.
    Die wenigen, denen die Antwort auf diese Fragen bekannt ist, möchten sie möglichst lange unter Verschluss halten.
    Ich bin mir nicht sicher – obwohl ich es mir vorstellen könnte –, ob Schamil Bassajew und al-Chattab nicht nur deshalb »termingerecht« in Dagestan eingedrungen sind, weil es sie juckte, mal wieder in eine Schlacht zu ziehen. Es mag wohl auch daran gelegen haben, dass sie vor allem das Szenario von 1996 wiederholen wollten. Damals hatte Boris Jelzin die tschetschenische Seite um Hilfe für den Sieg bei den Wahlen gebeten – und im Gegenzug kam es zum Abkommen von Chasawjurt und einer faktischen Anerkennung der Unabhängigkeit der Republik.
    Offenbar machte man Bassajew 1999 einen analogen Vorschlag: Du hilfst uns, den Nachfolger von Jelzin an die Macht zu bringen, und im Gegenzug nimmst du den Platz von Aslan Maschadow ein, wonach sich

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