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Wo bist du und wenn nicht wieso

Wo bist du und wenn nicht wieso

Titel: Wo bist du und wenn nicht wieso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Mary
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verstehen wollen. Denn dazu reicht es nicht aus, seine Worte zu verstehen. Es kommt auf wesentlich mehr an. Darauf, was er meint, wenn er etwas sagt, was er fühlt, wenn er etwas tut, was er sich vorstellt, wenn er etwas plant – und auf anderes mehr. Solche Verständigung ist nicht schnell und nicht unter Druck zu erreichen. Dazu sind einige Klippen zu überwinden, die Klippen der Kommunikation. Denn diese ist ein komplexer Vorgang, vor allem dann, wenn sie in Einsicht und Verstehen münden soll.
KLEINE EXKURSION ZU DEN KLIPPEN DER KOMMUNIKATION
    Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen kleinen Ausflug in die Welt der Kommunikation. Vermutlich steigt dann das Verständnis dafür, wie komplex Verständigung ist, und hoffentlich auch die Bereitschaft für einen langen Atem beim »Dummstellen«. Bevor zwei Menschen sagen können, sie verstünden, was im anderen vor sich geht, sind drei Klippen zu bewältigen. Jede dieser Klippen erfordert es, aus vielfältigen Möglichkeiten eine einzige auszuwählen.
Die erste Klippe: Was sage ich?
    Um die erste Klippe der Kommunikation zu überwinden, müssen Sie eine Information auswählen: »Was sage ich meinem Partner?« Stellen Sie sich dazu vor, Sie wären schlecht auf Ihren Partner zu sprechen. Die letzte Zeit war kompliziert, es hat viel Streit gegeben, und Sie fühlen sich beziehungsmüde. Sie schauen den Partner an und wünschen sich, ihn einige Zeit nicht zu sehen. Der Partner nimmt Ihren Blick wahr und fragt: »Ist etwas?« Jetzt müssen Sie eine Wahl treffen. Was sagen Sie ihm? Sie könnten sagen: »Nein, es ist nichts«, Sie könnten behaupten, Sie wären müde, Sie könnten mitteilen, dass Sie sich eine Auszeit wünschen – oder dem Partner eine andere Information geben.
    Was Sie schließlich sagen, muss nicht unbedingt dem entsprechen, was Sie meinen. Vielleicht sagen Sie: »Ich will dich nicht mehr sehen«, meinen aber: »Ich brauche mehr Zeit für mich.« Das sind zwei paar Schuhe. Welche Informationen Sie herausgeben, hängt von vielen inneren und äußeren Umständen ab. Einige dieser Umstände werden Ihnen nicht einmal bewusst werden. Doch was immer Sie tun, es wird eine Reaktion beim Partner hervorrufen.
Die zweite Klippe: Wie sage ich es?
    Die Auswahl der Mitteilung bildet die zweite Klippe: »Wie sage ich es meinem Partner?« Nehmen wir an, Sie entscheiden sich zu sagen, Sie wären müde und abgespannt. Diese Worte können Sie auf sehr verschiedene Weise sagen. Sie können gereizt klingen, so als ob Sie eigentlich sagen wollten: »Lass mich in Ruhe!« Sie können auffordernd klingen, so als ob Sie sagen wollten: »Komm, lass uns etwas Schönes unternehmen!« Sie können auch vorwurfsvoll klingen, so als ob Sie sagen wollten: »Mir geht es deinetwegen schlecht«, oder sie klingen noch anders. Darüber hinaus kommt es auf Ihre Mimik, Ihre Gestik und Ihre Körperhaltung an.
    Ob Sie das, was Sie sagen, auch so sagen, wie Sie das wollen, ist nicht sicher. Wahrscheinlich werden sich einige der unbewussten oder absichtlich zurückgehaltenen Informationen dennoch übertragen. Es ist einfach zu schwierig, alle seine Äußerungen – Worte, Tonfall, Ausdruck, Gestik, Sprechtempo – zu kontrollieren. Sie werden daher oft gar nicht wissen, was Sie mitgeteilt haben. Dennoch werden Ihre verbalen und nonverbalen Mitteilungen auf der anderen Seite eine Reaktion erzeugen.
Die dritte Klippe: Worauf antworte ich?
    Zur Überwindung der dritten Klippe müssen Sie entscheiden: Worauf gehe ich als Empfänger von Informationen und Mitteilungen ein? Ihr potenzieller Partner hat Ihre Worte vernommen und Ihre nonverbalen Mitteilungen bewusst oder unbewusst empfangen. Jetzt ist es an ihm zu antworten. Allerdings kann er nicht auf alle empfangenen Mitteilungen gleichzeitig reagieren, schon gar nicht dann, wenn sich einige davon widersprechen. So muss auch er auswählen, worauf er reagiert. Dabei ist auch ihm nicht immer bewusst, worauf er eigentlich antwortet – auf Ihre Worte, auf den Ton, auf Ihre Gestik. Was immer der andere nun macht, es wird auf Ihrer Seite erneut Reaktionen hervorrufen – welche auch immer.
    So geht es hin und her, und man kann sich vorstellen, welche Unmenge von Deutungen schon in wenigen Minuten Kommunikation produziert und wie viele Dinge ausgewählt werden, während andere liegen bleiben. Partner sind quasi gezwungen, permanent über die drei Klippen zu springen. Es wundert nicht, dass hierbei Chaos entstehen kann und einer schließlich aussteigt. Es

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