Wo bitte geht's nach Domodossola
Fernsehturms, auf vereinzelte Wolkenkratzer, auf Kupferdächer und Kirchtürme, die seit Ewigkeiten dort zu stehen schienen.
Rund um den See, und selbst noch in seiner weiteren Umgebung, säumten stattliche Villen aller erdenklichen Stilrichtungen die Straßen. Keine sah aus wie die andere, aber alle waren von erhabener Pracht. Dort, wo der See kleine, beschauliche Buchten bildete, reichten die weitläufigen Rasenflächen der Häuser bis ans Wasser, und im Schatten alter Bäume lagen Gartenlauben, Sommerhäuschen und private Bootsstege. Es muß herrlich sein, in einem so schönen Haus am See zu leben und jeden Morgen zu Fuß zur Arbeit gehen zu können oder um den See zu radeln oder sich von einem Dampfer in die Innenstadt bringen zu lassen oder sich sogar ins eigene Boot zu setzen, um am anderen Ufer wieder auszusteigen und mitten in dieser reichen, wundervollen Stadt zu sein. Wie perfekt man sich das Leben in Hamburg einrichten könnte!
Kopenhagen
Ich stieg in einen Zug nach Kopenhagen. In Dänemark reise ich gern mit dem Zug, denn man wird dort alle paar Kilometer auf eine Fähre verladen. Das dauert zwar länger, macht aber mehr Spaß. Ich kann nicht begreifen, wie jemand vor einem großen, weißen Schiff stehen kann, das gleich mit ihm in See stechen wird, ohne dabei in helle Aufregung zu geraten. Da ich tausend Meilen entfernt vom nächsten Ozean aufgewachsen bin, ist für mich jede Seereise ein kleines Abenteuer, mag sie auch noch so kurz sein. Mir fiel allerdings auf, daß auch Dänen und Deutsche, die doch daran gewöhnt sein müßten, erwartungsvoll aus den Fenstern schauten, als wir den Hafen von Puttgarden erreichten und der Zug auf die Karl Carstens rangiert wurde. Und hier ein Tip für alle, denen eine Überfahrt auf einer skandinavischen Fähre bevorsteht: Verlassen Sie an Bord nie als erster den Zug, denn dann wird ihnen jedermann folgen und blind darauf vertrauen, daß Sie sich auf dem Schiff auskennen. Ich befand mich in einer Gruppe von etwa 300 Passagieren, die sich alle an die Fersen eines unruhigen Mannes mit grauem Filzhut hefteten. Er führte uns auf seiner drei Kilometer langen Wanderung kreuz und quer durch das Frachtdeck, vorbei an endlosen Reihen von Eisenbahnwaggons und riesigen Lkws, und warf uns immer wieder verwirrte Blicke zu, als wünschte er, wir würden endlich verschwinden. Für uns stand jedoch fest, daß er unsere einzige Hoffnung war. Und tatsächlich entdeckte er irgendwann einen roten Knopf an der Wand, den man nur zu drücken brauchte, und schon öffnete sich ein geheimer Durchgang zur Treppe.
Eilig stürmten wir die Metallstufen hinauf, um kurz darauf geschlossen über die Cafeteria herzufallen. Es war unschwer zu erkennen, wer welcher Nationalität angehörte, denn die Deutschen versorgten sich mit Tellern, auf denen sich Berge von Fleisch und Kartoffeln türmten, die Dänen entschieden sich für Carlsberg Bier und Sahnetörtchen und die Schweden für eine Scheibe Knäckebrot mit einem kleinen, toten Fisch obendrauf. Ich hatte keine Lust, mich an eine der langen Schlangen anzustellen, und begab mich aufs sonnige Oberdeck. Dort hielt ich meine Nase in den Wind, als das Schiff gerade ablegte und sich mit dem Getöse einer Waschmaschine beim Schleudergang in Bewegung setzte, um die zwölf Meilen aufgewühlter See zwischen Norddeutschland und der dänischen Insel Lolland zu durchqueren. An Deck standen acht Männer. Keiner ließ sich seine Angst anmerken, wir könnten vielleicht im Sturm untergehen. Allmählich verschwand Puttgarden hinter uns in der schäumenden Gischt, und wie ein riesiges Seeungeheuer, das sich uns langsam näherte, tauchte Lolland am Horizont auf.
Es geht nichts über eine Seereise, wenn Sie mich fragen, doch leider bietet sich dafür heutzutage nur noch selten Gelegenheit. Überall will man Brücken und Tunnels bauen – zwischen sämtlichen Hauptinseln Dänemarks, zwischen Kopenhagen und Schweden, und sogar mit diesem Stückchen Wasser zwischen Puttgarden und Rødbyhavn hat man große Pläne, damit die Leute in zehn Minuten von einer Küste zur anderen flitzen können und kaum noch merken, daß sie eine Grenze passieren. Diesen neuen europäischen Ehrgeiz, die Landesgrenzen verwischen zu wollen, halte ich für ziemlich überflüssig. In Rødbyhavn stiegen wir alle wieder in den Zug und rollten durch den Nachmittag nach Kopenhagen.
Dänemark kam mir wesentlich gepflegter und leerer vor als der Norden Deutschlands. Es gab weder Fabriken, wie
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