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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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der Kuppel, die sich an der Kreuzung der beiden überdachten Wandelgänge fast fünfzig Meter hoch über einen Rundbau erhebt, ist die Galleria vielleicht bis heute das schönste Einkaufszentrum der Welt. Ihre Erhabenheit und die widerhallende Stille und selbst die Form erinnern an eine Kathedrale, gepaart mit der weltlichen Pracht einer Bahnhofshalle des neunzehnten Jahrhunderts. So sollte ein Einkaufszentrum aussehen.
    Da mein Körper nach seiner nachmittäglichen Dosis Koffein verlangte, nahm ich an einem Tisch vor einem der drei oder vier eleganten Cafes der Passage Platz. Es war eines dieser typisch europäischen Cafes mit siebzig Tischen und nur einem völlig überlasteten Kellner, der sich nach Kräften bemühte, gleichzeitig Bestellungen aufzunehmen, zu servieren, Tische abzuräumen und zu kassieren, und alles mit der liebenswürdigen, stets heiteren Miene, die man von jemandem erwartet, der eine so interessante und lukrative Tätigkeit ausübt. In einem solchen Lokal bekommt niemand eine zweite Chance. Ich starrte so vor mich hin, den Kopf in die Hände gestützt und träumte von Ornella Muti, als ich am Rande meines Bewußtseins den Kellner wahrnahm, der einen seiner seltenen Besuche in meiner Gegend machte und soeben sein »Prego?« an mich gerichtet hatte. Ich blickte auf. »Oh, einen Espres–«, sagte ich, doch da war er schon wieder verschwunden, und mir wurde klar, daß ich ihm nie wieder so nahe sein würde, ausgenommen, ich würde seine Schwester heiraten. Seufzend erhob ich mich, zwängte mich an den übrigen Tischen vorbei und grinste entschuldigend, wenn ich zum wiederholten Male die Ursache dafür war, daß Leute ihren Kaffee verschütteten oder ihre Nasen in ihre Sahnetorten steckten. Vollkommen unerholt stand ich kurz darauf wieder auf der Straße.
    Auf der Suche nach einem anderen Café folgte ich dem Corso Vittorio Emanuele II, eine breite, von Geschäften – aber leider nicht von Cafés – gesäumte Fußgängerstraße. Für einen Moment dachte ich, ich hätte das Zeitliche gesegnet und wäre versehentlich im Yuppiehimmel gelandet. Anders als in der Galleria Vittorio Emanuele, die immerhin ein paar Buchläden und ein, zwei Kunstgalerien beherbergte, gab es in dieser Straße nicht ein Geschäft, das seine Kunden mit geistiger Nahrung versorgte, sondern ausschließlich Boutiquen, die teuren Zierrat für das äußere Erscheinungsbild verkauften – Schuhe, Handtaschen, Juwelen, Designerklamotten, die wie Säcke am Körper hingen, aber ein Vermögen kosteten. Doch in der Via Montenapoleone, der exklusivsten Einkaufsmeile Italiens, roch es erst so richtig nach Geld. In dieser anonym wirkenden Seitenstraße reihte sich ein Nobelladen an den anderen, aber ein anständiges Café gab es auch hier nicht. Ich entdeckte lediglich ein paar Stehcafés, in denen die Leute einen Espresso bestellten, ihn hinunterspülten und im nächsten Augenblick wieder davoneilten. Das war es nicht, wonach ich suchte.
    Nach Süditalien kam mir Mailand überhaupt nicht italienisch vor. Die Leute gingen zügig und entschlossen ihrer Wege, und an ihren Armen schaukelten Einkaufstaschen von Gucci oder Ferragamo. Sie saßen nicht müßig vor einem Espresso, schaufelten keine Berge von Pasta in sich hinein und stritten sich nicht leidenschaftlich über irgendwelche Belanglosigkeiten. Statt dessen hielten sie geschäftliche Besprechungen ab. Sie unterzeichneten Verträge. Sie sprachen in Autotelefone. Sie fuhren mit maßvollem Tempo durch die Straßen, meistens im BMW oder Porsche, und parkten in Reih und Glied. Und alle sahen sie aus, als wären sie den Titelseiten von Vogue oder GQ entsprungen. Mailand war wie ein italienischer Vorposten von Südkalifornien. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich finde Südkalifornien schon in Südkalifornien schwer genug zu ertragen. Dies war Italien. Ich wollte Chaos und Leben auf den Straßen, Männer, die in Unterhemden auf den Treppen der Häuser saßen, Leinen voller Wäsche über engen Gassen, Ornella Muti und Giancarlo Giannini, die auf einer Vespa vorbeisausten. Und vor allem wollte ich eine Tasse Kaffee.

    Am nächsten Tag besuchte ich die Brera Galerie. Sie liegt versteckt in einer Seitenstraße, in einem von Baugerüsten umgebenen Palazzo. Hier hatte man offenbar Großes vor. Die Luft war erfüllt von Gipsstaub; es wurde gehämmert, geklopft und gebohrt. Die Galerie schien nur zur Hälfte geöffnet zu sein. Mehrere Räume waren abgesperrt, und selbst in den geöffneten

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