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Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau

Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau

Titel: Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Wedel
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Kontrolle von Atmung und Puls fällt positiv aus. Ich klebe die vier EKG -Elektroden auf und bringe den Fingerclip zur Messung der Sauerstoffsättigung im Blut an. Die Herzfrequenz liegt bei 95 Schlägen in der Minute, die Sauerstoffsättigung beträgt 85 Prozent. Der Idealwert liegt bei 100 Prozent. Mit einem Wert von 85 Prozent ist die Patientin in keiner akuten Lebensgefahr. Auch die Blutdruckmessung ist unauffällig. Stephan streift der Frau eine Sauerstoffinhalationsmaske über das Gesicht. Die regelmäßigen Töne der Herzfrequenz beruhigen uns alle. Die Vitalparameter sind stabil.
    Ich bereite eine Infusion vor. Bei Drogenabhängigen ist das häufig schwierig, weil keine leicht punktierbaren Venen mehr vorhanden sind. Die oberflächlichen Venen vernarben, wenn oft in sie gestochen wurde, gerade so, als wollten sie sich verstecken.
    Ich suche und suche. Am Fuß der Patientin gelingt es mir endlich, eine Vene zu punktieren. Solche Stechversuche sind schmerzhaft. Die Patientin wacht auf. Wie so oft bei Drogennotfällen ist sie schlagartig wach. Eben noch tief bewusstlos, nun munter pöbelnd. » Was macht ihr da? Raus!«, ruft sie den beiden Polizisten zu, die neben der Tür stehen.
    » Wo ist der Zlatko?«, fragt einer der Streifenbeamten.
    » Raus!«
    » Wo der Zlatko ist?«
    » Scheiße, woher soll ich das wissen?« Die Ausdrucksweise und der Tonfall passen überhaupt nicht zu dem Engelsgesicht. Wütend schleudert sie den Polizisten allerhand Flüche ins Gesicht. Und dann will sie wissen: » Wieso seid ihr überhaupt da? Bespitzelt ihr mich oder was?«
    » Ihr Freund hat sich Sorgen um Sie gemacht, er hat bei der Polizei angerufen, weil Sie ihm eine SMS geschrieben haben.«
    » Ha! Der Zlatko ruft doch nicht bei der Polizei an. Für wie blöd haltet ihr mich!«
    Selbst ich finde, dass das komisch klingt – und hat der Kollege im Flur nicht von einer Freundin gesprochen? Egal, es ist nicht meine Aufgabe herauszufinden, wieso die Polizei hier ist. Mit einem dumpfen Seufzen fällt die Frau zurück auf das Bett.
    » Jetzt erzählen Sie uns doch einmal, was vorgefallen ist«, bittet Raimund.
    » Ich hab solche Schmerzen gehabt, und da hab ich mir einen Tee gekocht, und dann ist es immer schlimmer geworden.«
    » Was für einen Tee?«
    Sie schweigt. Uns ist sofort klar, um welche Art von Tee es sich handelt und dass sie das vor der Polizei niemals zugeben würde. Wir bitten die Beamten, draußen zu warten. Kaum haben sie den Raum verlassen, entspannt sich die Patientin. Wir hören, was wir schon vermuten. Sie hat sich einen Tee aus Schmerzpflaster zubereitet. Der Wirkstoff Fentanyl ist 80- bis 100-mal stärker als Morphium. Besonders im Endstadium von Krebserkrankungen und in der Palliativmedizin werden Fentanylpflaster eingesetzt. Schmerzpflaster haben den Vorteil, lange zu wirken. Nach einer Weile müssen sie natürlich ersetzt werden. Leute wie unsere Patientin ziehen die gebrauchten Pflaster schon mal aus dem Müll. Für einen Tee reicht der Wirkstoff allemal. Die alten Pflaster werden aufgebrüht, mit allem, was dran ist, inklusive Hautschuppen. Manche spritzen sich den ausgekochten Sud auch. Fentanyl gehört zu den Opoiden. Es macht müde, und alles ist gut. Kein Druck mehr. Totale Entspannung. Es besteht die Gefahr einer Dämpfung des Atemzentrums, denn man kann die Menge nicht dosieren, weiß ja nicht, wie viel Fentanyl sich auf einem gebrauchten Pflaster befindet.
    Wir wollen die Patientin ins Krankenhaus bringen.
    Sie schüttelt den Kopf. Ihre blonden Locken fliegen. » Es geht mir schon wieder gut.«
    » Sie waren tief bewusstlos!«, erinnert Raimund sie.
    » Das war vorhin. Jetzt bin ich wieder fit. Verpisst euch.«
    » Wir bringen Sie jetzt ins Krankenhaus.«
    » Nein.«
    » Doch.«
    So geht es eine Weile hin und her, dann bricht sie in Tränen aus. Wie ein Sturzbach strömen sie über ihr herzförmiges Gesicht. Schluchzend erklärt sie uns, dass sie endlich von dem Zeug wegkommen wolle. Heute sei der richtige Tag. » Bitte!«, sie greift nach der Hand des Notarztes. » Das spüre ich. Das musste jetzt so kommen. Das ist ein Zeichen. Ich mag nicht mehr. So ein Scheißleben ist das. Ich will endlich ein normales Leben. Raus aus dem Sumpf, ich will diesen ganzen Dreck nicht mehr.«
    Ach, wenn das doch wahr wäre, hoffe ich innig. Die junge Frau klingt verzweifelt und aufrichtig. Ich glaube ihr. Vielleicht bedeutet diese Nacht wirklich die Umkehr in ihrem Leben.
    » Gut, dann fahren wir ins Krankenhaus«,

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