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Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Titel: Wo Dein Herz Zu Hause Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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in den Armen gehalten, und ich weiß nicht mehr, ob es nur einen Moment oder ein paar Minuten gedauert hat, bis ich nach Harri fragte.» Mit schwimmenden Augen sah er seine Tochter an. «Die Gebärmutter deiner Mum hatte eine Verwachsung. Es war ein Wunder, dass George überlebt hat. Sie mussten operieren und die Gebärmutter entfernen.» Wieder sah er seine Frau an, und sie senkte seufzend erneut den Kopf. Er hörte auf zu sprechen. Er hörte einfach auf. Die Sekunden vergingen und dehnten sich und wurden immer länger.
    Father Ryan sah ihn eindringlich an. «Duncan.»
    «Ja», sagte er nickend. Zum ersten Mal in seinem Leben wirkte er schwach. Vor den Augen der anderen schien er zu schrumpfen. Seine großen Hände zitterten leicht. Er verschränkte die Finger so fest, dass sie sich an den Knöcheln weiß verfärbten.
    «Sag es ihnen.»
    «Das werde ich.» Duncan wusste, dass er sich an der Schwelle zu einem neuen Leben befand.
Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
    Harris Herz raste so, dass sie glaubte, man könne sehen, wie es gegen ihre Brust pochte.
    «Dad?», ermutigte George seinen Vater, obwohl er selbst Angst hatte vor dem, was jetzt kam.
    «Harri war tot», sagte Duncan. «Sie war ein paar Minuten nach der Geburt gestorben.»
    Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, erstarrteHarri vollkommen. Es war, als hätte man an ihrem Körper einen Aus-Schalter gedrückt.
    Georges Blick wanderte von seiner Schwester, die ausdruckslos an die Wand starrte, zu seiner Mutter, die auf den Boden sah, zu seinem Vater, der seine Tochter anblickte, zu seinem Onkel Thomas, der ihn selbst anstarrte und offenbar im Stillen betete.
    «Harri sitzt hier, Dad», hörte George sich selbst sagen.
    «Harri ist kurz nach der Geburt gestorben. Wir haben sie beerdigt, mein Sohn, und deine Mutter,   …»
    «Sie haben sie mir in die Arme gelegt», erklang da plötzlich Glorias Stimme wie aus dem Nichts. «Ich durfte sie nur dieses eine Mal in den Armen halten.»
    «Aber sie sitzt hier doch neben mir», beharrte George mit bebender Stimme.
    Doch Harri hatte schon verstanden, denn plötzlich ergaben die merkwürdigen Gefühle, die sie schon so oft gehabt hatte, einen Sinn.
Ich gehöre nicht hierher
.
    «Harri?», sagte ihr Vater eindringlich. «Harri?»
    «Erzähl einfach weiter», forderte sie ihn auf.
    «Ich wäre am liebsten gestorben», sagte Gloria.
    «Mum!», rief George.
    «Ich wollte nicht mehr da sein. Ich wollte tot sein. Ich kann es nicht beschreiben. Ich war verzweifelt, George. Ich habe dich geliebt, aber ohne sie fühlte ich mich so unsäglich verloren.»
    Sie hörte auf zu sprechen, und alle sahen Harri an. Doch Harri war vollkommen abwesend, irgendwo, wo sie niemand erreichen konnte.
    George versuchte zu verstehen, was diese Eröffnung bedeutete. «Mum?»
    «Ich musste eine Zeitlang im Krankenhaus bleiben, ein paar Wochen, und dann kam ich zu dir nach Hause, George, aber es ging mir immer noch nicht gut.»
    «Sechs Wochen nach deiner Geburt und dem Tod deiner Schwester habe ich in Wicklow einen Todesfall untersucht.» Duncan nahm es seiner Frau ab, die Geschichte weiterzuerzählen. Er sah Father Ryan an, der ihm ermunternd zunickte. «Dein Onkel Thomas hatte mich gerufen, er war derjenige, der darum gebeten hat, dass ich den Fall übernehme. Ein junges Mädchen, siebzehn Jahre alt, hatte im Wald ein Kind zur Welt gebracht. Und dabei ist sie gestorben, aber wie durch ein Wunder hat das Baby überlebt. Dieses Baby warst du, Harri.»
    Unvermittelt sprang Harri auf, und genauso unvermittelt fiel sie gleich darauf in Ohnmacht.
    George blieb wie erstarrt sitzen. Seine Zwillingsschwester lag auf dem Boden, und doch konnte er sich nicht rühren.
Da liegt Harri. Steh auf, George! Beweg dich.
Aber er konnte es nicht, denn plötzlich war Harri nicht mehr sein Zwilling, und die ganze Geschichte war so unfassbar, dass seine Beine ihm nicht mehr gehorchen wollten. Gloria brach in Tränen aus. Duncan lief um den Tisch herum zu Harri, doch Father Ryan war schneller bei ihr, nahm sie in die Arme und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr.
    Harri wachte nach ein paar Sekunden wieder auf, vielleicht war es auch eine Minute gewesen, denn für die anderen war die Zeit stehengeblieben.
    «Onkel Thomas?»
    «Ja, Harri.»
    «Ich wusste es. Das klingt verrückt, aber irgendwo im Inneren habe ich es immer gewusst!» Inzwischen weinte sie.
    «Schsch, mein Engel», sagte er. «Wir lieben dich. Wir haben dich von Anfang an geliebt.» Er hielt sie ganz

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