Wo der Elch begraben liegt
Unternehmen. Wir verändern unsere Produkte, so wie wir es für richtig halten. Die Landkarten werden jetzt viel hübscher und aufgeräumter, unsere Kunden können sie leichter entziffern. Wo liegt das Problem?«
» Es gibt hier viele Kunden, die mit Ihren Beschlüssen überhaupt nicht zufrieden sind. Wie reagieren Sie darauf?«
» Der Anlass dafür, dass der Ort verschwindet, ist ja eben, dass Sie so wenige sind. Einen Volksaufstand wird man da wohl nicht befürchten müssen«, erwiderte Nyström und versuchte es mit einem Lachen.
Frida stimmte nicht ein. »Wie haben Sie denn entschieden, welche Orte verschwinden und welche übrig bleiben?«, fragte sie.
» Eigentlich hatten wir beabsichtigt, vom rein grafischen Ergebnis auszugehen. Also sollte alles raus, was das Auge stört, doch dann haben wir eingesehen, dass das Design vielleicht doch von der Realität bestimmt werden sollte und nicht umgekehrt.«
Wieder lachte er, und es war deutlich, dass er versuchte, Frida mit einzubeziehen. Da ihre Erwiderung ausblieb, ergänzte er: »Und deshalb haben wir uns ganz einfach nach der Bevölkerungszahl gerichtet. Wir haben alle Orte mit weniger als hundert Einwohnern entfernt.«
Frida schrieb alles so genau wie möglich auf und überlegte gleichzeitig, wie sie weiter verfahren sollte.
» Und warum gerade hundert?«
» Nun, irgendwo mussten wir ja die Grenze ziehen.«
» Sind Sie von den Melderegistern ausgegangen?«
» Das weiß ich nicht, aber… so muss es wohl gewesen sein.«
» Und wenn es einen Ort gibt, in dem viele Leute nur im Sommer wohnen? Wie haben Sie da gezählt?«
» Das ist doch wohl eine hypothetische Frage, oder? Also, es ist wirklich nicht mein Job, auf solche Fragen zu antworten«, sagte Nyström.
Durch den abweisenden Ton in seiner Stimme wagte es Frida nicht, weitere Fragen zu stellen. Sie hatte es immer als unangenehm empfunden, wenn jemand ganz deutlich genervt reagierte; vermutlich eine idiotische Haltung für eine Journalistin, die es ja gerade riskieren musste, andere Leute zu verärgern. Die Angst vor einem Konflikt ließ Frida einen anderen Weg wählen.
» Gibt es ein gutes Bild von Ihnen, das wir mit Ihrer Erlaubnis verwenden dürfen?«
Die Frage versetzte Magnus Nyström sogleich in bessere Stimmung. »Ein gutes Bild? Aber ja, jede Menge. Porträt, Halbformat, Ganzbild, drinnen oder draußen?«
» Schicken Sie uns doch einfach die Bilder, die Ihnen am besten gefallen, und dann wählen wir eins aus«, sagte Frida. » Möglicherweise muss ich Sie später noch mal mit weiteren Fragen belästigen.«
» Kein Problem, solange Sie ein gutes Bild auswählen. Könnten Sie mir die Zeitung dann zuschicken? Wäre doch klasse, wenn ich die hier im Büro an der Wand hängen habe.«
» Ich kümmere mich darum«, sagte Frida und bedankte sich für das Gespräch.
Sie schrieb einen kurzen Text, zeigte ihn Åke, der ihn schnell durchlas und absegnete, und ließ ihn dann für die redaktionelle Bearbeitung liegen. Der Tag hatte sich ganz anders entwickelt, als sie geglaubt hatte. Es war ihr fast unangenehm, nach Bruseryd zurückzukehren. Wie konnte sie jetzt losziehen und am nächsten Tag ihre Arbeit machen, wenn sie wusste, dass sie von allen schief angesehen wurde?
Frida nahm ihre Jacke und ihre Tasche und ging hinaus. Niemand in der Redaktion fühlte sich bemüßigt, auf ihr allgemein hingeworfenes » Bis dann« zu reagieren.
Gerade als sie die Autotür aufschließen wollte, fiel ihr ein, dass sie, da sie nun schon einmal in der Stadt war, auch eine Karte für Aliana kaufen könnte. Sie lief an der Feuerwache vorbei, schlenderte über den düsteren und halb leeren Stora Torget und bog dann in die Södra Storgatan ein. Dort gab es eine schöne alte Buchhandlung. Mitten im Laden stand ein großer Holztisch, auf dem neue, gebundene Bücher präsentiert wurden. Die Gratulationskarten auf dem Gestell waren überwiegend mit Fröschen aus Samt, Hundewelpen und gähnenden Kätzchen geschmückt.
» Niemand fragt mehr nach Kühen. Eigentlich eine interessante Beobachtung«, sagte der freundliche und engagierte Verkäufer.
Immerhin fanden sie schließlich ein Landschaftsfoto, auf dem im Hintergrund eine Kuh mit strammen Eutern erkennbar war. Das musste reichen. Frida überlegte, ob sie Aliana vielleicht auch ein Jugendbuch kaufen sollte, hatte aber keine Ahnung, was sie interessieren könnte. Außerdem würde es dann womöglich ein unhandliches Paket werden. Stattdessen ging Frida in die Parfümerie
Weitere Kostenlose Bücher