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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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Würde.“
    „Wie großartig! Warum mache ich mir eigentlich Gedanken über die Evolution? Was kann bei deinem Optimismus denn schiefgehen?“
    „Das Wort Optimismus habe ich nicht in den Mund genommen.“
    Die Unterhaltung ging noch eine ganze Zeit hin und her. Bald waren die beiden Männer bei der Frage angelangt, ob und wie die Menschheit eine Naturkatastrohe, wie sie die Dinosaurier erfahren hatte, überleben könnte. Im Anschluss daran wurde die Bedeutung der Eroberung des Universums hervorgehoben. Muss der Mensch es sich letztendlich zum Ziel setzen, lautete eine Frage, selbst einen Urknall initiieren zu können? Wenn ja, geht das ohne Größenwahn? Dabei fragten sich die Disputanten dann auch, warum dieser Begriff bisher eigentlich immer so schlecht weggekommen ist.
    Irgendwann bedurfte es einer Pause.
    Manfred schaute sich um, er mochte den Raum. Schon bald nach der Emeritierung vor mittlerweile bald 20 Jahren hatte der Professor diese Wohnung in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofes bezogen. Seine Bücher hatte er seitdem auf Nachschlagewerke beschränkt. „Kein Denker soll mich beim Denken stören“, hatte er mal gesagt. Aber auch die Atlanten, Lexika, Hand- und Wörterbücher genügten, um die Wände seines kleinen Studierzimmers gut zu füllen. Manfred und der Professor saßen um den mittig stehenden kleinen Rundtisch. Die Glastüren zum kleinen Balkon standen weit offen, die Sommerluft tat ihnen genauso gut wie die unaufdringlichen Geräusche des bunten Straßenlebens. An der Wand hing ein Foto der verstorbenen Frau des Professors. Die Haushälterin brachte gerade ein Tablett mit Schnittchen und Wasser, als der Professor das Gespräch wieder aufnahm.
    „Du wolltest dich aussprechen, hattest du am Telefon gesagt, mein Freund.“ Noch nie hatte einer der beiden ihre Freundschaft beim Namen genannt. Umso beeindruckter war Manfred, das jetzt zu hören. Er fragte sich, ob ihn das im Folgenden eher hemmen oder eher motivieren würde.
    „Dass die Konfrontation mit dem Tod das schlechte Gewissen wecken kann, wissen wir“, begann er.
    „Eine tiefe Menschheitserfahrung.“
    Manfred atmete tief durch und suchte nach den richtigen Worten. „Im Moment ist das schlechte Gewissen wieder weg, aber ich traue dem Frieden nicht. Zudem sollst du es unabhängig vom meinem Seelenzustand erfahren. Das Bedürfnis nach reinem Tisch kann sich ja aus vielen Gründen einstellen.“
    „Schon klar, Manfred.“
    "Halt dich fest."
    "Leg los."
    „O.K.“, machte sich Manfred Mut. „Ich habe mal mit deiner Frau geschlafen.“
    „Ich weiß. Ich hatte ihr den Tipp gegeben.“
    Bald wusste Manfred nicht mehr, wie es sich mit seinem Anfangsverdacht, dass der Professor infolge mentaler Überforderung einen Witz gemacht hatte, wohl verhalten mochte. Die Miene des Professors war unbeweglich geblieben, gleiches galt für seine Füße und Hände.
    „Du machst Witze?“, fragte Manfred.
    „Du hättest die Sache ruhig wiederholen dürfen. Aber du hattest ja ein schlechtes Gewissen bekommen.“
    Manfred stand auf. Er ging ein paar Mal hin und her. Dann blieb er vor dem Bild stehen. Die Frau des Professors schien ihn anzugrinsen.
    „Warum habt ihr...“
    „Privatsache!“
    „Klar.“ Aber schon im nächsten Moment war Manfred nicht mehr seiner Meinung. „Also hör mal, ihr habt mit mir gespielt...“
    „Wir haben alle gespielt. Und alle gewonnen.“ Der Professor hatte strenger gesprochen als ihm lieb war, denn eigentlich war ihm die Angelegenheit keinen Konflikt wert. „Manfred! Meine Frau war in deinem Alter. Sex war bald kein Thema mehr für mich. Wir sprachen darüber, Spießbürger wollte ich nie. Außerdem fehlt mir das Eifersuchtsgen. Ich ließ ihr Freiheit. Meine Bedingung war nur, dass sie keinen Volltrottel nimmt...“
      „Warum dann ich?“ Jetzt war es Manfred, der keine Miene verzog.
    Der Professor schmunzelte unmerklich. „Meine Frau war schüchterner als sie sein wollte. Ich habe gesehen, wie ihr euch angeguckt habt, wenn du bei uns warst. Ich wusste, dass du nicht liiert bist. Eigentlich hatte ich gedacht, ihr macht länger was...“
    „Schade.“
    „Du bliebst der einzige Seitensprung. Sie wurde dann ja bald schwer krank.“ Der Professor schaute hoch zum Bild, augenblicklich wurde ihm schwer ums Herz. Eine Weile sprach keiner etwas.
    Nach einiger Zeit kniete sich Manfred neben den Professor und legte seine Hände an dessen Schultern – einen solchen Ausdruck der Zuneigung hatte er sich in all den

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