Wo der Tod begraben liegt (German Edition)
Verkäufer auf, der jedoch von nichts wusste – oder von nichts wissen wollte. Genervt kehrte sie zu Manfred zurück. Vor lauter Ärger über sich selbst hatte sie dann irgendwann die Wohnung verlassen und ließ sich einen Tag von ihrer Lebensgefährtin trösten.
„Das war damals ein Heidengeld“, erinnerte sich Conny.
„Selbst die tausend Mark, die du verloren hattest, waren für mich ein kleines Vermögen.“ Manfreds Stimme hatte jetzt brüchig geklungen, er schenkte seinen Tee nach, obwohl die Tasse noch fast voll war. „Du hattest deine fünf Tausender auf den Küchentisch gelegt, bevor du zu deinem Schatz gegangen bist“, sprach Manfred schließlich fester. „Ich fasste die Scheine an, der Geldfetisch hatte mich gepackt. Die Scheine waren im allerbesten Zustand, ganz frisch gedruckt. Ich machte sie zum Fächer und wedelte mit ihnen rum, begutachtete sie von allen Seiten, legte sie bald zu einem kleinen Stapel aufeinander und ließ sie kurz durch meine Finger rattern. Bald machte ich eine Entdeckung.“
Manfred merkte, dass er Tempo machen muss, wenn seine Stimme klar bleiben sollte. „Es waren gar nicht fünf Scheine, sondern sechs. Zwei waren haargenau übereinander gebackt. Durch mein Rumhantieren hatten sie sich irgendwann voneinander gelöst.“
Conny versucht gerade einen friedlichen Gesichtsausdruck machen, glaubte Manfred zu beobachten. „Du hattest gar keinen Tausender verloren, Conny. Und ich habe dir dann die tausend Mark geklaut. Punkt.“
Durch die Enthüllung stieg Manfreds Selbstbewusstsein; glücklich darüber, meldete sich Übermut: „Ich entschuldige mich bei dir und ich bitte um die Annahme meiner Entschuldigung.“
„Ganz langsam, Manfred.“
„Lieber“ oder „mein“ hat sie nicht gesagt, wollte Manfred auffallen. Andererseits deutete für Manfred nichts darauf hin, dass Conny die Contenance zu verlieren drohte. Lediglich das auffällig lange Abwischen ihrer Finger an der Serviette hätte einen besonderen Seelenzustand vermuten lassen können, denn eigentlich gab es nichts abzuwischen. Das Gebäck hatte sie noch nicht angerührt.
Conny zog an einer E-Zigarette. „Du weißt noch, wann das war?“
„1979, am Ende meiner Diplomarbeit. Ich war total blank... Womit ich nichts rechtfertigen will.“
Erstmals seit der Offenbarung schaute Conny Manfred in die Augen. „Warum rechtfertigt das nichts? Wie blank warst du genau?“
„Der Disposatz war mehr als ausgeschöpft. Bafög abgelaufen. Und schnelles Geld verdienen war nicht möglich, ich hatte nur noch ein paar Wochen Zeit für die Diplomarbeit.“
„Aha, mein Lieber.“
Da sind ja gleich beide Wörter, auf die ich gehofft hatte, dachte Manfred.
Conny blieb am Zug. „Wie hättest du reagiert, wenn ich dir das Geld geschenkt hätte?“
Manfred musste keinen Moment überlegen. „Ich konnte Bankräuber gut finden, aber ich hätte mich von dir definitiv nicht mit Geld beschenken lassen. Vielleicht paradox, aber so war ich. Ich hätte kein Geld von dir angenommen.“
„Ich weiß, Manfred. Und ich wusste das auch damals. Mein Problem war: Ich wollte dir aber Geld schenken.“
Manfred konnte nicht folgen. Er war mit seinen Gedanken im Moment ganz in der Erinnerung an seine Paradoxie seiner Maßstäbe gefangen, schließlich hatte das viele seiner Handlungen beeinflusst.
„Ich wollte“, sprach Conny, „dass du den Rücken frei hast für deine Diplomarbeit. Ich wollte dir das Geld schenken. Und das ging nur so, wie es geschah.“
„Was, wie, du...“ Mitten in seiner Konfusion fing Manfred an, etwas zu merken.
„Ich hatte die Geschichte mit dem verlorenen Tausender erfunden, zwei Tausender zusammengebackt und sie auf den Küchentisch gelegt. Ich wusste, dass du dir kein Geld von mir schenken lässt. Aber ich kannte dein Innenleben und durfte mir Hoffnung machen, dass du mich bestiehlst. Ich schätzte die Chance auf 50 zu 50.“
*
Manfred hatte sich geweigert über Connys Frage, wie es ihm geht, näher nachzudenken. „Man muss sich nicht immer über den neuesten Stand seiner Befindlichkeit Aufklärung verschaffen wollen“, hatte er in der Einschätzung, dass man es mit dem Interesse auch übertreiben kann, Conny lediglich geantwortet. Manfred war ganz damit beschäftigt, dass er nach seinen jüngsten Erfahrungen anfing, die Furcht vor seinem schlechten Gewissen zu verlieren.
Nun stand der Besuch bei Aaron Cat auf seinem Plan. Conny hatte einiges über ihn zu erzählen gewusst. „Ich sehe ihn immer
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