Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
Vom Netzwerk:
Ausführungen. Und nun dieses „Um Gottes Willen!“, dachte Ilona. Und unsere Leichtigkeit auf der Fahrt! Ich habe ihn auch nach dem Besuch des Schulleiters zu keinem Zeitpunkt nicht geliebt, aber jetzt habe ich ihn gerade richtig oberlieb! Wie schnell sich doch immer alles ändert! Ich freue mich gerade auf sein Wiederkommen nachher, merkte Ilona und schenkte sich Wein nach.
     
    *
     
    Manfred wollte gerade Italienisch reden, nachdem er das Taxi bestiegen hatte, da erinnerte er sich daran, dass auch im italienischen Teil von Tirol die meisten Einwohner der deutschen Sprache mächtig sind.
    „Ich kann mit Ihnen sicherlich Deutsch sprechen“, fragte Manfred nichtsdestotrotz.
    „Sie können nur Deutsch mit mir reden. Italienisch kann ich nicht“, sagte die Taxifahrerin.
    Manfred guckte, als ob er was gelernt hatte. „Fahren Sie mich bitte zur Via Antonio Gramsci Nummer 19. Via heißt Straße.“
    Die Taxifahrerin war souveräner als es in ihrem Job üblich ist und lächelte. „Sie wollen zu Frau Magotti. Gern.“
    „Sie kennen Embrina Magotti?“
    „Die kennt jeder in unserer Stadt.“
    Damit war das Gespräch beendet. In typischer Taxi-Geschwindigkeit, also deutlich über der vom Staat zugelassenen, bewegten sich die vier Räder über einen großen Umweg der angegebenen Adresse entgegen.
    „Schön, dass Sie mir die Stadt gezeigt haben“, verabschiedete sich Manfred ohne Trinkgeld. Erneut lächelte die Taxifahrerin.
    Manfred hatte noch einige Schritte zu laufen, denn die zum Marktplatz führende Via Antonio Gramsci war mittlerweile zur Fußgängerzone umgebaut worden. Vor der Hausnummer 16 blieb er kurz stehen. Von hier hatte er damals mehrere Tage Geschäft und Wohnung von Klaus Wilkens beobachtet, auch bei seinem zweiten Besuch hatte er in dem Hotel übernachtet. Heute befand sich im Erdgeschoß ein Internet-Cafe, die beiden oberen Etagen beherbergten Apartments.
    Die Tabaccheria Wilkens hieß immer noch so. Leuchtschrift und Fenster waren vor längerer Zeit modernisiert, aber der ursprünglichen Fassung nachgeahmt worden, gleiches galt für die beiden Eingangstüren, von der die eine zum Geschäft und die andere zum ersten Stock in die Wohnung führte. Würden gleich die Stufen der engen Holztreppe ein ähnlich knarrendes Geräusch machen wie vor über 30 Jahren? Und hatte er damals nicht gedacht, dass er in so einem Haus mal sterben will? Manfreds Augen wurden unruhig bei diesen Gedanken – wie zum Schutz fanden sie im Türrahmen in kleinen Druckbuchstaben das Wort Eternity eingeritzt. Wahrscheinlich von einem Kunden getätigt, dem beim Warten bis zur Geschäftsöffnung dieses Wort einfiel. Ist ja beeindruckend, wie viel Sprachen hier beherrscht werden, murmelte Manfred noch, bevor er endlich den Klingelknopf betätigte.
    „Uno Momento“, klang von oben eine männliche Stimme. Viel länger sollte es wirklich nicht dauern, bevor die Tür aufging, denn augenblicklich hörte er Schritte die Stufen hinunterpoltern, unter denen das knarrende Geräusch der Holztreppe fast unterging. „Buonosera“, schallte es sogleich im hündischen Ton, als sich beide Parteien von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.
    Manfred konnte die Begrüßung noch erwidern, aber dann benötigte er erst einmal ein paar Sekunden zur Orientierung. Ein schlaksiger Mann Ende der Dreißiger mit langen Haaren, gebunden zu einem Zopf, ganz in Jeans, verfärbtem Billig-T-Shirt, mit einer selbstgedrehten Zigarette in der Hand und einem Sticker mit der Aufschrift „ Nucleaire, non merci!“ an der Brust ließ Manfred sich die Frage stellen, ob er gerade einen Zeitsprung in die siebziger Jahre gemacht hat. Sein Gegenüber merkte Manfreds Empfinden, grinste und dachte, Manfred beim Nachdenken helfen zu müssen.
    „Das heißt ‘Atomkraft, nein danke‘ und ist französisch.“ Er grinste immer noch.
    „Nun bin ich bestens aufgeklärt“, tat Manfred mit freundlichen Blick erleichtert. „Die Vielsprachigkeit Ihrer Stadt ist beeindruckend. In kurzer Zeit bin ich in Klausen mit vier Sprachen in Berührung gekommen. Gehe ich richtig davon aus, dass sich Ihre Gemeinde als Kulturhauptstadt Europas bewerben will?“
    „Das ist eine Idee, die ich der stellvertretenden Bürgermeisterin unbedingt übermitteln sollte.“ Sein Grinsen hörte nicht auf.
    Manfred schaltete umgehend. Embrina Magotti war stadtbekannt, weil sie ein hohes politisches Amt ausübte.
    „Im Ernst, Herr...“
    „Semmler, Manfred Semmler.“
    „Semmler, Manfred. Sie

Weitere Kostenlose Bücher